Couponsteuer

[318] Couponsteuer (Steuerabzug), Besteuerung der Zinscoupons von Schuldtiteln. Dieselbe läßt sich als Ertrags- oder partielle Einkommensteuer rechtfertigen, wenn sie als Teil einer Kapitalrentensteuer, bez. Einkommensteuer erscheint. Ist sie dagegen singulärer Natur, oder ist der Steuerfuß für dieselbe zu hoch bemessen, so kommt sie einer einseitigen Herabsetzung der Zinsen gleich. Die Durchführung dieser Besteuerung ist einfach und wohlfeil bei öffentlichen Wertpapieren. Sie wird von den Zinsen und Dividenden der Aktien und Obligationen in der Weise erhoben, daß nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern der Emittent sie zu entrichten hat, welch letzterer sie bei Einlösung der Zins- und Dividendenscheine (Coupons) in Abzug bringt. In Österreich, wo die C. ein Teil der Einkommensteuer ist, wird sie von Aktien und Obligationen mit Ausnahme der ausländischen Wertpapiere und der ausdrücklich von der C. befreiten Staats- und Kommunalanlehen und Prioritätsobligationen sowie mit Ausnahme gewisser andrer beim Besitzer besteuerter Wertpapiere (nicht steuerfreie Gemeindeanlehen, Pfandbriefe der Sparkassen und der Bodenkreditanstalt etc.) erhoben. Nach dem Gesetz vom 20. Juni 1868 betrug die C. 16 Proz. für die konsolidierte 5proz. Silber- und Papierrentenschuld, die infolgedessen auf dem Kurszettel nur mit 41/2 Proz. verzeichnet war, 20 Proz. für die Zinsen der Lotterieanlehen von 1854 und 1866, der Steueranleihe von 1864 und die Entschädigungsrenten für aufgehobene Gefälle, 10 Proz. für die übrigen Zinsen und Dividenden. Durch Gesetz vom 25. Okt. 1896, betreffend die direkten Personalsteuern, ist die Rentensteuer erweitert und der Steuerabzug durch die Kassen und Zahlstellen des Staates, der Länder, der öffentlichen Fonds, der Bezirke und Gemeinden und der öffentlichen Rechnungslegung unterworfener Unternehmungen bei Zahlung der Zinsen und Renten der von ihnen ausgegebenen steuerpflichtigen Papiere angeordnet. Der Steuerfuß beirägt in der Regel 2 Proz., dagegen 10 Proz. bei den Zinsen derjenigen inländischen Staatsschuldtitel, die weder befreit noch durch das Gesetz von 1868 einer höhern Steuer unterworfen sind, bei den Einlösungsrenten für verstaatlichte oder dauernd in Staatsbetrieb übernommene Unternehmungen und bei den vor Erlaß des Gesetzes emittierten Obligationen der Landes-, öffentlichen Fonds- und ständischen Anlehen, 11/2 Proz. bei den Zinsen von Pfandbriefen der Landeshypothekaranstalten, der Sparkassen, der auf Wechselseitigkeit beruhenden und nicht auf Gewinn abzielenden Hypothekenanstalten und der durch andre Landeskreditinstitute auf Grund von gewährten Darlehen emittierten Obligationen. Ungarn besteuert mittels C. die Zinsen seiner 5 proz. Grundentlastungsobligationen mit 7, die 5 proz. Anleihe von 1876 zur Einlösung der ungar. Ostbahnaktien mit 10 Proz. Frankreich belastet die Zinsen und Dividenden in- und ausländischer Obligationen und Aktien mit Ausnahme der Staatspapiere durch C. von 4 (früher 3) Proz. Die Besteuerung der ausländischen Papiere wird durch die Bestimmung gewährleistet, daß sie nur dann an französischen Börsen gehandelt werden können, wenn ihre Emittenten einen in Frankreich wohnenden und für die Steuern haftbaren Vertreter haben. In England bildet die C. einen Teil der Einkommensteuer und trifft die Zinsen und Renten, die aus der britischen und indischen Staatskasse oder durch britische Geschäftsvermittelung aus Kolonial- und fremden Staats- und Gesellschaftskassen fließen; ebenso das Einkommen der Erwerbsgesellschaften (die einzelnen Aktionäre etc. bleiben steuerfrei). Italien hat eine C. (Gesetz vom 24. Aug. 1877) für die Zinsen der Staatsschuld, ferner die Obligationen der Provinzen, Gemeinden, Aktien- und Kommanditgesellschaften etc., die bei den Staatspapieren durch Abzug bei Auszahlung der Zinsen, bei den übrigen Papieren durch unmittelbare Entrichtung der auf die Zinsen entfallenden Steuern seitens der betreffenden Korporationen erhoben wird. Der Steuerfuß beträgt seit Gesetz vom 22. Juli 1894: 20 Proz. (früher 13,2 Proz.). Auch Ruß land hat in sein Kapitalrentensteuergesetz vom 20. Mai 1885 eine C. eingefügt, wonach die Coupons von Staatspapieren, Pfandbriefen, Eisenbahnobligationen und Aktien, insoweit sie nicht ausdrücklich befreit sind, um 5 Proz. gekürzt werden. Vgl. Friedberg, Couponsteuer, und Burkhard, Kapitalrentensteuer im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd.ö u. 5 (2. Aufl., Jena 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 318.
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