Crowe

[355] Crowe (spr. krō), 1) Catherine, geborne Stevens, engl. Schriftstellerin, geb. 1800 zu Borough Green in Kent, lebte meist in Edinburg und starb 1876. Durch die Übersetzung von Justinus Kerners »Seherin von Prevorst« (»The seeress of Prevorst«, 1845) ward sie zum Spiritismus hingeleitet. Früchte dieser Richtung waren unter anderm: »The nightside of nature« (1848, 2 Bde.; neue Ausg. 1892) und »Light and darkness«, eine Sammlung düsterer Vorgänge im Menschenleben (1850, 3 Bde.). Außerdem schrieb sie schwache Tragödien und zahlreiche Erzählungen, darunter »Susan Hopley« (1841) und »Lilli Dawson« (1847). Sie sind farblos im Stil, gewöhnlich in der Charakteristik, aber ansprechend in der Führung der Fabel.

2) Eyre, engl. Maler, geb. 3. Okt. 1824 in Chelsea, bildete sich in Paris bei Paul Delaroche, mit dem er 1843 nach Rom ging. 1844 kehrte er nach London zurück und malte dort die Bilder: die Schlacht bei Azincourt, der römische Karneval und Holbein malt den König Eduard VI. Nachdem er sich von 1852–1857 in Amerika aufgehalten, kam er nach London zurück und schuf eine Reihe von Bildern, die große Tiefe der Empfindung, treffliche Charakteristik der Gestalten und gründliches Studium der Details verraten, aber in der Farbe oft hart und trocken sind. Zu den bedeutendsten gehören: Milton besucht Galilei im Gefängnis (1859), ein Sklavenmarkt in Virginia, Defoe am Pranger, das Leichenbegängnis Goldsmiths (1863), Luther schlägt die Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg (1864), die französischen Gelehrten in Ägypten, der blinde Bettler (1879), die Verteidigung von London 1643 (1882) und Scheibenschießen (1890).

3) Joseph Archer, engl. Kunstschriftsteller, Bruder des vorigen, geb. 20. Okt. 1825 in London, gest. 7. Sept. 1896 in Gamburg an der Tauber, erhielt seit 1836 künstlerischen Unterricht bei Brasseur in Paris, dann mit seinem Bruder 1840 bei Paul Delaroche und kehrte 1843 nach London zurück. Hier wandte er sich der Schriftstellerei zu und schrieb für das »Morning Chronicle« und die »Daily News«. Er studierte dabei die niederländische Kunst und besuchte zu dem Zweck 1846 Belgien und Köln, 1847 Berlin und Wien, sodann Norditalien, auf welcher Reise er in Deutschland mit Cavalcaselle (s.d.) zusammentraf. Mit diesem bearbeitete er in London das Werk »The early Flemish painters«, nach dessen Beendigung im Manuskript (1853) beide mit vorbereitenden Studien für eine Geschichte der italienischen Malerei begannen. Eine Unterbrechung fand dadurch statt, daß C. als Zeichner und Korrespondent 1853–56 in die Türkei und die Krim ging. Auf der Rückreise hielt er sich zum Studium der Kunst in Italien auf, und nach der Heimkehr ließ er die »Geschichte der altniederländischen Malerei« 1857 im Druck erscheinen (2. Aufl., Lond. 1872; deutsch von Springer, Leipz. 1875). 1857 ging C. als Direktor der Kunstschule nach Bombay, mußte aber schon zwei Jahre später aus Gesundheitsrücksichten Indien verlassen, worauf er Korrespondent der »Times« für den französisch-italienisch-österreichischen Krieg wurde. 1860 ernannte ihn die englische Regierung zum Generalkonsul in Leipzig, 1872 in Düsseldorf, wo er bis 1880 blieb. Seine mit Cavalcaselle bearbeiteten Hauptwerke sind: die »New history of painting in Italy« (Lond. 1864–72, 6 Bde.; von Max Jordan ins Deutsche übersetzt, Leipz. 1869–76; ital. Ausg., Flor. 1875ff.); »The life of Titian« (Lond. 1876; deutsch von Jordan, Leipz. 1877) und »Raphael« (Lond 1883; deutsch von Aldenhoven, Leipz. 1883). Anfangs als grundlegend und epochemachend bewundert, erfahren die Arbeiten von C. und Cavalcaselle jetzt eine besonnenere Prüfung, die ihren Wert einschränkt. Allein veröffentlichte C.: »Reminiscences of fifty years of my life« (Lond. 1895; deutsch von A. v. Holtzendorff, Berl. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 355.
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