[604] Delaroche (spr. -rósch'), Paul (eigentlich Hippolyte), franz. Maler, geb. 17. Juli 1797 m Paris, gest. daselbst 4. Nov. 1856, war kurze Zeit Schüler des Landschaftsmalers Watelet und arbeitete dann vier Jahre lang im Atelier von Gros, an dessen realistische Historienbilder er anknüpfte. Sein erstes, im Salon von 1822 ausgestelltes Bild: Joas, als Kind von Josabeth dem Tod entrissen, war noch nicht frei von dem Klassizismus und dem gespreizten Pathos seiner Schulzeit. In der Jeanne d'Arc, im Gefängnis vom Kardinal von Winchester verhört (1824), gab sich jedoch bereits das Bestreben kund, historische Realität mit romantischer Empfindung zu verbinden. Hierauf folgten 1827 eine Szene aus der Bartholomäusnacht (Museum in Königsberg), der Tod der Königin Elisabeth von England (im Louvre) und die Ermordung des Präsidenten Duranti durch den Pöbel. Der Salon von 1831 brachte vier Hauptwerke, die D. besonders populär gemacht haben: Richelieu, die beiden Verschwörer de Thou und Cinq-Mars auf einem dem seinigen angehängten Schiff die Rhone hinauf zum Tode führend, und der kranke Mazarin beim Kartenspiel, die großen historischen Bilder: Cromwell am Sarge Karls I. (im Museum zu Nimes) und die Kinder Eduards IV. von England im Tower im Moment vor ihrem Tode (Louvre). Im Salon 1834 trug das Gemälde: Jane Grays Hinrichtung im Tower den Preis davon, 1835 die Ermordung des Herzogs von Guise (im Schloß zu Chantilly), womit er den Höhepunkt in seinen historischen Darstellungen, die meist tragische Katastrophen schilderten, erreichte. Die Früchte einer 1834 unternommenen Reise nach Italien bekundeten sich besonders in seinem größten, 1841 vollendeten Werk, dem sogen. Hémicycle, einem Wandgemälde im halbrunden Saal der Ecole des beaux-arts, die Apotheose der bildenden Künste darstellend, einer Komposition mit 74 Figuren, den Hauptmeistern aller Länder und Zeiten, auf einem Flächenraum von 16 m Länge und 5 m Höhe. Infolge des Todes seiner Gattin wandte sich D. der religiösen Malerei zu, der die Mehrzahl der Werke seines letzten Jahrzehnts angehören, wie die Pieta, Maria am Kreuzigungstag in ihrer Kammer, Maria am Fuß des Kreuzes, Marias Heimweg von Golgatha, Maria in Betrachtung der Dornenkrone, die im Tiber treibende Leiche einer Märtyrerin. Historie und historisches Genre pflegte er nur noch, wenn der Gegenstand seiner trüben Stimmung entsprach, wie in der Abführung Marie Antoinettes nach dem Urteilsspruch (1852) und in den Girondisten im Gefängnis (183646). An zwei Bestellungen: Napoleon, auf dem Maultier gedankenvoll über den St. Bernhard reitend, und Napoleon zu Fontainebleau am 31. März 1814 (Museum zu Leipzig), reihte sich auch eine bedeutsame Tätigkeit als Porträtist: unter andern sind der Papst Gregor XVI., Abel Rémusat, Guizot, Thiers, der General Changarnier, de Salvandy, Pourtalès etc. von ihm gemalt worden. Delaroches Gemälde sind fast alle von den besten Kupferstechern Frankreichs, Mercuri, Henriquel-Dupont, Prudhomme, Prévost, Martinet, Gérard u. a., gestochen und daher in weiten Kreisen bekannt geworden. Er war seit 1832 Mitglied des Instituts und mehrerer Akademien und Inhaber des preußischen Ordens pour le mérite. Den von David und seinen Nachfolgern eingeschlagenen Weg verlassend, brach D. der Geschichtsmalerei eine neue Bahn, indem er zwischen der romantischen und klassizistischen Richtung geschickt vermittelte. Ein Genie war er jedoch nicht, sondern eine kühle, nüchterne Natur ohne Phantasie. Korrektheit der Zeichnung, Wärme und Durchsichtigkeit des Kolorits, wirkungsvolle Kontraste von Licht und Schatten, breite Pinselführung und namentlich große Gewandtheit in der Stoffmalerei zeichnen seine Werke aus. Vgl. Iul. Meyer, Geschichte der französischen Malerei (Leipz. 1867); Rosenberg, Geschichte der modernen Kunst, Bd. 1 (2. Ausg., das. 1893).