[691] Elektrotechnische Lehranstalten (hierzu Tafel »Elektrotechnisches Institut in Karlsruhe«) zerfallen in niedere, die entweder nur Werkmeister und Monteure oder außer diesen auch Fabrikanten und ausübende Ingenieure ausbilden, und in höhere, die alles, was ein leitender Ingenieur für seinen Beruf bedarf, überliefern. Die letztern sind durchweg mit den Technischen Hochschulen verbunden, die als Aufnahmebedingung das Reifezeugnis eines Gymnasiums oder einer Realschule erster Ordnung (einstweilen, aber wohl nicht lange mehr genügt noch die Reise für Oberprima) und den Nachweis einer einjährigen Arbeit in einer Maschinenwerkstätte stellen. In Charlottenburg, Aachen, Braunschweig, Stuttgart, Karlsruhe und Dresden bilden die Elektrotechniker eine Abteilung mit den Maschineningenieuren, in Hannover mit den Studierenden der chemisch-technischen Wissenschaften, in Darmstadt hingegen bilden sie eine Abteilung für sich. An den meisten deutschen Hochschulen können Elektroingenieure sich der Staatsprüfung für Maschinenbaumeister oder einer Diplomprüfung unterwerfen. Ähnlich liegen die Verhältnisse an außerdeutschen Hochschulen. In Wien, Brünn, Zürich und Delft werden elektrotechnische Vorlesungen für Maschinenbauer gehalten, besonders abgezweigt von diesen sind die Elektrotechniker nicht. Gründliche Kenntnisse der Physik und höhern Mathematik sind einem leitenden Ingenieur unentbehrlich; zur praktischen Ausbildung in elektrotechnischen Dingen bieten die Laboratorien der Hochschulen Gelegenheit. Das jüngste und wohl am vollkommensten eingerichtete ist das elektrotechnische Institut der Technischen Hochschule zu Karlsruhe (s. Tafel). Das Erdgeschoß (Fig. 2)[691] enthält außer den wirtschaftlichen Zwecken dienenden Räumen, dem Motorraum und dem Raum für die Sammlerbatterien, die Laboratorien für Photometrie, die zu verdunkeln sein müssen, und diejenigen für Messungen mit hochgespannten Strömen. Das Sockelgeschoß (Fig. 1) ist von den Laboratorien, von der Werkstatt und von dem Maschinensaal eingenommen. Das Obergeschoß (vgl. den untenstehenden Grundriß) enthält die Hörsäle, die Sammlungen und die Säle für Konstruktionen und Übungen. Der Maschinensaal (Fig. 3), in dem die Studierenden im letzten Studienjahr zu arbeiten haben, ist mit einem Laufkran von 2500 kg Tragkraft versehen. Auf beiden Seiten sieht man Verteilungstafeln, von denen aus der Strom für die Maschinenmessungen an die verschiedenen Plätze geleitet werden kann. Links befindet sich eine Anzahl fahrbarer Drahtwiderstände und ein tragbarer Glühlampenwiderstand. Die an der Hinterwand sichtbaren Drähte dienen als feste Belastungswiderstände. In der Mitte stehen Motoren, Maschinen etc., hinten rechts erblickt man eine feste, links eine bewegliche Schalttafel.
In der Nordostecke des Saales befindet sich, wie der Plan des Erdgeschosses zeigt, eine Körtingsche Gasdynamo, die als Beispiel einer langsam laufenden, direkt gekuppelten Maschine zu öftern Messungen verwendet wird. Die weitern Einzelarbeiten des Karlsruher Instituts sind aus den den Plänen beigefügten Erklärungen zu ersehen. Vgl. Arnold, Das elektrotechnische Institut der technischen Hochschule zu Karlsruhe (Berl. 1899). Die niedern Lehranstalten sind meist unter staatlicher Aussicht stehende städtische oder Privatanstalten und zerfallen z. T. in zwei Abteilungen, von denen die für die Ausbildung von Ingenieuren bestimmte die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste, die für Monteure berechnete die Absolvierung einer Volks- oder Bürgerschule verlangt. Die älteste derartige Anstalt ist das 1867 gegründete Technikum Mittweida, ähnlich eingerichtet sind die staatlichen technischen Unterrichtsanstalten in Chemnitz und das Technikum Hainichen, alle im Königreich Sachsen, ferner die Techniken zu Ilmenau in Thüringen, zu Neustadt in Mecklenburg und zu Teplitz in Böhmen. Der Lehrgang der Elektroingenieure umfaßt an diesen Anstalten vier oder fünf, der der Werkmeister zwei Semester. Nur mit der Ausbildung von Werkmeistern befassen sich die 1893 in Hamburg gegründete Lehranstalt, die 1898 nach Rendsburg verlegte Lehranstalt Elektra, das Pädagogium Michael Faraday in Schöneberg bei Berlin und die elektrotechnische Lehr- und Versuchsanstalt des physikalischen Vereins in Frankfurt a. M. Vgl. Wilke, Der elektrotechnische Beruf (3. Aufl., Leipz. 1902); Süchting, Der Elektrotechniker (Hannov. 1900).