[624] Personenstand (Zivilstand, Familienstand), die rechtliche Stellung eines Menschen in Ansehung seiner durch eheliche oder außereheliche Geburt, durch Annahme an Kindes Statt oder durch Verheiratung begründeten Familienverhältnisse. Die Beurkundung des Personenstandes, also namentlich die von Geburt, Ehe und Tod, ist durch das Reichsgesetz vom 6. Febr. 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, von den kirchlichen Behörden (Pfarrämtern) auf bürgerliche Behörden (Zivilstandsbeamte, Standesbeamte, Standesämter) übertragen worden. Ähnlich sind fast alle modernen Staaten vorgegangen, indem auch sie die staatliche Registerführung angeordnet haben. In Deutschland hat die Beurkundung durch das zuständige Standesamt mittels Eintrags in das Standesregister zu erfolgen, dessen Führung einem bürgerlichen Standesbeamten übertragen ist. Die Bildung der Standesamtsbezirke und die Bestellung der Standesbeamten und ihrer Stellvertreter ist Sache der höhern Verwaltungsbehörde. Fällt der Standesamtsbezirk mit dem Gemeindebezirk zusammen, so hat in der Regel der Gemeindevorsteher die Geschäfte des Standesbeamten vorzunehmen, doch kann die Gemeindevertretung auch die Anstellung eines besondern Standesbeamten beschließen. Jeder Standesbeamte hat drei Register zu führen: das Geburts-, das Heirats- und das Sterberegister. Geistliche können nicht als Standesbeamte fungieren. Für die Geschäfte, die hinsichtlich der Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung den Gerichten erster Instanz zugewiesen sind, z. B. Anweisung des Standesbeamten zur Vornahme von Amtshandlungen, Aufbewahrung von Nebenregistern und Nachtragungen in ihnen, Anordnung der Berichtigung von Eintragungen sind nach § 69 des Reichsgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit die Amtsgerichte zuständig. Eine Reihe von Ergänzungen und Abänderungen hat das Personenstandsgesetz durch Artikel 46 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch erfahren. Als Vergehen in Beziehung auf den P. behandelt das deutsche Strafgesetzbuch, § 170, auch die[624] Eve-Erschleichung (s. Ehebetrug), die eigentliche Veränderung oder Unterdrückung des Personenstandes aber, sofern sie vorsätzlich und rechtswidrig geschehen ist, sogen. Personenstandsfälschung, wird mit Gefängnis von 1 Tag bis zu 3 Jahren bestraft; ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begannen worden, so wird sie mit Zuchthaus von 1 Jahr bis zu 10 Jahren geahndet (§ 169). Besonders wird in diesem Paragraphen die Kindesunterschiebung (s. d.) und Kindesverwechselung, d.h. Verwechselung zweier Kinder, die aus verschiedenen Familien stammen, hervorgehoben. Vgl. die Kommentare zum Personenstandsgesetz von Hinschius (3. Aufl., Berl. 1890), Reger (3. Aufl. von Dames, Ansb. 1900), Käubler (Leipz. 1901), Sartorius (Münch. 1902), Stölzel (Berl. 1904), Kruse, Das Standesamt. Handbuch für Standesbeamte (6. Aufl. des Wohlersschen Kommentars, das. 1902); Erichsen, Die Führung der Standesregister (9. Aufl. von Weiße, das. 1904); Weiße, Standesamtsarchiv. Sammlung der bis zum J. 1900 ergangenen Gesetze (das. 1904). In Österreich erfolgt die Ordnung des Personenstandes durch die Standesregister, Matriken genannt, die in Geburts-, Trauungs- und Sterbebücher zerfallen. Ihre Führung unterliegt, soweit es sich um Mitglieder der gesetzlich anerkannten Kirchen- und Religionsgesellschaften handelt, den Geistlichen, die in Ansehung dieser Geschäfte als öffentliche Beamte zu gelten haben. Bezüglich jener Personen, die keiner gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft angehören, oder falls wegen gesetzlich nicht als berechtigt angesehener Weigerung des Seelsorgers zur Vornahme der kirchlichen Trauung die Eheschließung von der politischen Behörde vorgenommen wird, endlich auch, wenn ein Seelsorger vom Staate nicht bestätigt, seines Amtes entsetzt wurde oder wenn die Matrikenführung von einem Geistlichen verweigert oder nicht ordnungsgemäß geführt wird, hat die politische Behörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat einer Statutargemeinde) die Matriken zu führen. Vgl. Seidl, Matrikenführung (3. Aufl., Wien 1897); Manlik, Anleitung zur Matrikenführung (Prag 1905).