Frauenkauf

[42] Frauenkauf (Brautkauf), die den Anschauungen fortgeschrittener Völker fremdartige Sitte der Naturvölker, die Braut ihren Eltern gegen einen vereinbarten, meist in Haustieren bezahlten Preis abzukaufen. Die Frau wird dadurch zur bloßen Ware (Sklavin) und zum absoluten Eigentum des Mannes, so daß er mit ihr nach seinem Belieben schalten und walten, ja selbst über ihr Leben verfügen kann. Diese noch heute über einen großen Teil Afrikas verbreitete, auch in China, Indien etc. fortlebende Sitte entspricht bereits dem Vaterrecht oder der männlichen Herrschaft. Denn der Preis wird überall dem Vater, Bruder oder Oheim, nicht der Mutter des Mädchens gezahlt. Auch bei den alten Juden herrschte der F., und das Wort môhar, das Luther mit »Morgengabe« übersetzte, bezeichnete vielmehr den Kaufpreis, den Jakob durch siebenjährige Dienstbarkeit erlegte. In Indien empfahl Manus Gesetzbuch dem Vater bereits, kein Geld für die Tochter zu nehmen. Homer gedenkt noch (Ilias 23,704–705) eines auf vier Rinder geschätzten Mädchens. Bei den Römern wurde der F. (coëmptio) symbolisch durch Zahlung eines As vollzogen. Auch bei den alten Germanen und den nordischen Völkern wurde das Mund recht über die Frau durch Kauf erworben. Recht eigentümlich war die Sitte des Mädchenverkaufs an den Meistbietenden bei den alten illyrischen Venetern, wie sie Herodot (1,196) schildert und als die beste Art lobt; denn mit dem Gelde, das der Verkauf der Schönen einbrachte, wurden die Häßlichen ausgestattet und bekamen so ebenfalls Männer. Diese Sitte hat als Mailehen (s.d.) in manchen deutschen Ländern noch lange fortgelebt, und in einigen slawischen Ländern sollen sich die Werber noch heute überbieten. Vgl. Hellwald, Die menschliche Familie (Leipz. 1888), S. 306–346, wo auch die entsittlichenden Folgen des Frauenkaufs erwogen werden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 42.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: