Gesundheitsamt

[751] Gesundheitsamt, Behörde mit beratendem Charakter zur Pflege des öffentlichen Gesundheitswesens. Das kaiserliche G. in Berlin wurde 1876 errichtet, um den Reichskanzler auf dem Gebiete der Medizinal- und Veterinärpolizei, in der Vorbereitung der Gesetzgebung und in der Ausübung des Aufsichtsamtes, besonders hinsichtlich der Ausführung der Gesetze zu unterstützen. Es bearbeitet auch die Medizinal- und Veterinärstatistik Deutschlands, und seit 1899 hat es auch viele auf dem Gebiete des Pflanzenschutzes in der Land- und Forstwirtschaft zu lösende Aufgaben technisch zu begutachten und experimentell zu bearbeiten. Das G. ist dem Reichsamt des Innern nachgeordnet, es besteht aus dem Präsidenten, drei Direktoren für die medizinische Abteilung, für die naturwissenschaftliche Versuchsabteilung und für die biologische Abteilung für Land- und Forstwirtschaft, einem Abteilungsvorsteher für die Veterinärabteilung und 18 ordentlichen Mitgliedern (9 Mediziner, 2 Tierärzte, 2 Chemiker, 2 Zoologen, 1 Jurist, 1 Botaniker, 1 Bakteriolog), 40 wissenschaftlichen Hilfsarbeitern (darunter 5 von deutschen Heeresteilen abkommandierte Sanitätsoffiziere und 1 Oberveterinär des aktiven Dienststandes). Das G. besitzt ein chemisches, ein hygienisches, ein pharmakologisch-toxikologisches und ein bakteriologisches Laboratorium, auch eine reichhaltige Bibliothek. Zu der Biologischen Abteilung gehört eine 10 Hektar große Feld- und Gartenfläche für Pflanzenkulturen. Das bakteriologische Laboratorium beschäftigt sich auch mit der Erforschung der Lebensbedingungen von Protozoen. Das G. gibt eine Wochenschrift: »Veröffentlichungen des kaiserlichen Gesundheitsamtes« (Berl., seit 1877), und in zwanglosen Heften »Arbeiten aus dem kaiserlichen G.« (das., seit 1886, früher als »Mitteilungen«, 1881 u. 1884, 2 Bde.), »Medizinalstatistische Mitteilungen« (seit 1893), »Jahresberichte über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen Reich« (Bd. 1–17) und »Tuberkulosearbeiten« (bis 1904: 2 Hefte) heraus. Außerdem hat es populäre Schriften, wie das »Gesundheitsbüchlein« (10. Aufl., Berl. 1904), »Anleitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteischiffen« (4. Aufl., das. 1904), »Blattern und Schutzpockenimpfung« (das., 3. Aufl. 1900), »Deutschlands Heilquellen und Bäder« (das. 1900), Schriften über Kaffee, Honig, Konservierungsmittel, Merkblätter über Alkoholmißbrauch, Typhus, Ruhr, Cholera und Tuberkulose, und durch[751] die Biologische Abteilung »Flugblätter« über Pflanzenkrankheiten, Tierplagen etc. (das., seit 1899) herausgegeben. Vgl. »Das kaiserliche G.; Rückblick« (Berl. 1886) und Art. »Gesundheitsrat«. In mehreren größern Städten sind neuerdings Ortsgesundheitsämter errichtet worden, die den Ortsbehörden in Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheitspflege beratend zur Seite stehen. In England besteht in jedem größern Ort ein Gesundheitsrat, der von höhern Behörden überwacht wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 751-752.
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