Goldschlägerei

[104] Goldschlägerei, die Kunst, Gold, Silber, Platin, Aluminium und Metallegierungen in äußerst dünne Blättchen zu verwandeln. Das Gold wird meist, das Silber stets ganz rein (unlegiert) angewendet. Von Blattgold unterscheidet man Rot- oder Orangegold mit einem Feingehalt von 925/1000 und das etwas stärker mit Silber versetzte Zitron-, Grün-, Gelb-, Weißgold (Pariser Gold, Franzgold), das weniger als ersteres benutzt wird. Man gießt aus dem Metall in einem eisernen Einguß einen 70–140 g schweren Zain, schmiedet ihn nach Länge und Breite auf 2–4 mm Dicke aus, verdünnt das papierdünne Blech dann weiter unter einem Walzwerk und zerschneidet es in viereckige Stücke von 25 mm im Quadrat (Quartier). Diese Blättchen schichtet man abwechselnd mit Pergamentblättchen und schlägt die so erhaltene Form (Dickquetsche, Pergamentform) mit dem Hammer auf einem Granitblock. Im letzten Stadium des Schlagens wechselt man die Pergamentblätter aus gegen Goldschlägerhaut; diese wird ausschließlich aus dem Blinddarm des Rindes gewonnen, der zu diesem Zwecke gereinigt, ausgespannt, getrocknet, mit Alaunwasser gewaschen, mit Wein, worin man Hausenblase und einige Gewürze aufgelöst hat, bestrichen und mit Eiweiß überzogen wird. Man bearbeitet diese Hautform (Dünnquetsche, Dünnschlagform) mit Hämmern von 2,5–8 kg, bis das Metall die Größe der Form erreicht hat, nimmt es dann heraus, zerschneidet es über Kreuz in vier gleiche Teile und setzt das Schlagen in einer neuen Form fort. Man wendet gewöhnlich zwei Pergamentformen und dann zwei Hautformen (bis zu 800 Blatt enthaltend) nacheinander an. Die fertige Ware legt man in kleine Büchelchen aus Seidenpapier, das mit Englischrot eingerieben ist. Das Blattgold ist 1/9000-1/7000 mm dick, die stärkste Sorte (Fabrikgold), die zur Vergoldung von Silberdraht dient, 1/250-1/140 mm. Blattsilber wird wie Blattgold, aber weniger sein, etwa 1/4500 mm dick, geschlagen. Zwischgold ist Blattsilber, das auf einer Seite einen sehr dünnen Überzug von Gold hat; man erhält es, indem man vor Vollendung der Arbeit auf ein Silberblatt ein Goldblättchen legt und dann wie gewöhnlich die Bearbeitung vollendet. Es läuft wie Silber an, während Blattplatin ganz unveränderlich ist. Das wie Blattsilber geschlagene Blattaluminium ist etwa 1/2300 mm dick, läuft nicht an und dient vielfach als Ersatz des Blattsilbers.

Für viele Zwecke wird als Ersatz des teuern Blattgoldes Messing und Tombakblech auf Blattmetall verarbeitet. Man gießt auch hier die Legierung in Barren von 30 cm Länge und 1,5 cm Breite und Höhe, walzt diese unter Zulauf von Wasser zur Kühlung der Walzen, die häufig eingefettet werden müssen, und unter häufigem Ausglühen des Metalls zu einem 3 cm breiten, papierdünnen Band von 20–25 m Länge aus, zerschneidet letzteres in 60 cm lange Stücke, von denen 100–200 zusammengebunden und zwischen Zinkblechen unter dem mit Wasser- oder Dampfkraft betriebenen Zainhammer breit geschlagen werden. Nach dem Ausglühen macht man Pakete von 200–240 Bandlagen, bearbeitet diese unter dem Hammer, glüht wieder und bearbeitet schließlich Pakete von 300 bis 360 Bändern, wobei das Metall auf 13 cm breit geschlagen wird. Nach abermaligem Glühen zerschneidet man die Bänder in 90 cm lange Streifen, beizt diese mit verdünnter Schwefelsäure zur Entfernung von Oxyd, spült mit Wasser, siedet sie mit Weinsteinlösung blank und schlägt sie nun in Paketen von 1000, dann 2000 Blättern auf 24 cm Breite aus. Das Produkt, Zainmetall, ist das Ausgangsmaterial für die Bronzefarbenfabrikation. Sehr sorgfältig geschlagenes Zainmetall wird sortiert und in kleine Quadrate (Lote) zerschnitten, in starken Paketen ausgeglüht, zu je 500 in Pergamentformen gelegt und unter dem Quetsch- oder Lothammer ausgeschlagen. Diese Operation wird entweder wiederholt, oder das Lotmetall wird direkt an den Handmetallschläger[104] abgegeben, der es in Blattmetall verwandelt. Das Fabrikat ist das unechte Blattgold, Metallgold, Goldschaum, und das unechte Blattsilber, Metallsilber, Silberschaum. Ersteres ist Tombak, 1/1300-1/2000 mm dick, letzteres ist Zinn mit 2–21/2 Proz. Zink oder auch Argentan und 1/800 mm dick. Kompositionsmetall ist Blattmetall zur Imitation von echtem Blattgold. Man benutzt das Blattmetall zum Belegen von Metall, Holz etc., zur Herstellung der Bücherschnitte in der Buchbinderei, zu Prägungen etc. Die Abfälle beim Goldschlagen (Krätze, Schawine) werden auf Goldbronze (Malergold, Muschelgold), die Abfälle der Kupferlegierungen auf Bronzefarben (s. d.) verwertet. Die Goldschlägerkunst ist jedenfalls sehr alt, denn schon die Ägypter hatten es darin zu großer Vollkommenheit gebracht. Die Griechen benutzten Blattgold vielfach zur Ausschmückung von Skulpturwerken. Nach Plinius vergoldeten die Römer nach der Zerstörung Karthagos die Decken ihrer Tempel und Paläste, und dieser Luxus fand sehr bald große Verbreitung. Plinius erzählt, eine Unze Gold sei zu 750 Blättern ausgeschlagen worden, von denen jedes vier Finger im Quadrat groß gewesen; dies Blattgold war mithin mehr als dreimal stärker als das jetzt angefertigte. Die moderne G. hat ihren Hauptsitz in Fürth und Nürnberg. Vgl. das von der Fabrik von Bernhard Ullmann u. Komp. in Fürth herausgegebene Werk über Blattmetall-, Bronzefarben- und Brokatfarbenfabrikation (Fürth 1893); Andés, Blattmetalle etc. (Wien 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 104-105.
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