[187] Gounod (spr. guno), Charles, Komponist, geb. 17. Juni 1818 in Paris, gest. 17. Okt. 1893 in St.-Cloud, Schüler von Halévy, Le Sueur am Konservatorium und von Paer, errang 1839 mit der Kantate »Fernand« den Römerpreis und wandte sich während des dreijährigen Studienaufenthalts in Rom besonders der Kirchenmusik zu (»Messe solennelle«, 1841; Requiem, 1842, Wien), übernahm nach der Rückkehr die Kirchenmusikdirektorstelle der Missions étrangères, hospitierte im Priesterseminar und war nahe daran, Priester zu werden. Doch machte er bereits 1851 einen wenig erfolgreichen Versuch als Opernkomponist (»Sappho«, umgearbeitet 1884) und wurde durch seine Anstellung als Generaldirektor des Pariser Orphéons (Männergesangvereins) und die Bekanntschaft mit der Musik Schumanns und Berlioz' allmählich immer mehr auf das Gebiet der weltlichen Musik gedrängt (3 Symphonien, Klavierstücke, Meditation über das erste Präludium von Bachs »Wohltemperiertem Klavier«). Zwar schrieb er doch noch für die Orphéonisten[187] zwei Melsen, machte aber auch am Theater fortgesetzt neue Versuche (1852 Chöre zu Ponsards »Ulysse«, 1854 die große Oper »La nonne sanglante«, 1858 die komische Oper »Le médecin malgré lui«) und halte endlich 1859 im Théâtre lyrique einen entscheidenden Erfolg mit dem von Barbier und Carré zurechtgestutzten »Faust« (»Marguerite«), einem Werke, daß trotz aller ausgetretenen Bedenken seinen Ruhm schnell ins Ausland trug und auch in Deutschland sich dauernd behauptet hat. Das Werk wurde sogar in Paris nachträglich ins Repertoire der Großen Oper aufgenommen, etwas bis dahin Unerhörtes. Von Gounods weiter folgenden Opern »Philémon et Baucis« (1860, Große Oper), »La reine de Saba« (1862, desgl.), »Mireille« (1864, Théâtre lyrique), »Roméo et Juliette« (1867, desgl.), »Cinq Mars« (1877, Komische Oper), »Polyeucte« (nach Corneille, 1878, Große Oper), »Le tribut de Zamora« (1881, desgl.) erreichte nur »Romeo und Julia« annähernd den Erfolg des »Faust«. Der Krieg 1870 veranlaßte Gounods Übersiedelung nach London, wo er bis 1875 blieb und einen eignen Chorverein begründete. In der Folge schrieb er für die englischen Musikfeste zwei große Chorwerke: »Redemption« (Birmingham 1882) und »Mors et vita« (das. 1885). Überhaupt wendete er sich in spätern Jahren wieder mehr der kirchlichen Komposition zu (4 große Festmessen, Tedeum, »Die sieben Worte am Kreuz«, »Stabat mater« u.a.). Die patriotischen Kantaten »A la frontière« (1870), »Le vin des Gaulois et la chasse de l'épée« und die Trauerkantate »Gallia« (Lond. 1871), der »Römische Marsch«, »Aragonesische Schlachtgesang« sowie zahlreiche Lieder vervollständigen die Liste seiner Werke. Ohne Zweifel ist G. einer der interessantesten und durch Wärme des Ausdrucks auch in Deutschland ansprechendsten Komponisten Frankreichs. Er war schon 1866 an Clapissons Stelle zum Mitgliede der Pariser Akademie der Künste erwählt worden und wurde 1877 Kommandeur der Ehrenlegion. 1890 veröffentlichte er die interessante Schrift: »Le Don Juan de Mozart« (deutsch, Leipz. 1891). Seine Autobiographie (bis 1859) gab 1875 Mrs. Weldon in London heraus; seine »Mémoires d'artiste« erschienen 1896 in Paris (deutsch von Bräuer, Bresl. 1896). Vgl. Pagnerre, Charles G., sa vie et ses œuvres (Par. 1890); Marie Anne Bovet, Ch. G., his life and his works (Lond. 1890); Paul Voß, Charles G. (Leipz. 1895); Imbert, Charles G. (Par. 1897).