Kartoffelpflanz- und -Erntemaschinen

[695] Kartoffelpflanz- und -Erntemaschinen (hierzu die gleichnamigen Tafeln I und II). Zum Pflanzen der Kartoffeln mit der Hand werden die Reihen oder auch die Stellen, wo die Löcher für die Kartoffeln hergestellt und letztere hingelegt werden sollen, auf dem geglätteten Boden durch Reihenzieher (Marköre) angegeben. Außer selbständigen Geräten werden hierfür auch die Fahrgestelle der Drill- oder Hackmaschinen verwendet, bei denen statt der Drillschare oder Hackmesser einfache Werkzeuge zum Ziehen flacher Furchen eingesetzt werden. Zieht man diese Furchen derart, daß sie sich, meist unter etwa einem rechten Winkel, schneiden, dann geben die Schnittpunkte die Pflanzstellen an. Man erhält dann den Vorteil, später nicht nur in der Furchenrichtung, sondern auch rechtwinklig dazu hacken und häufeln zu können. Die Pflanzlöcher werden dabei mit dem Spaten hergestellt.

Mit Pflügen und besondern Furchenziehern zieht man die richtigen Saatfurchen, in welche die Kartoffeln in möglichst gleichmäßiger Richtung und Entfernung mit der Hand eingelegt werden, in einstellbarer Entfernung. Um eine gute Ausführung dieser wichtigen Arbeit zu sichern, wird an den Pflügen, z B. dem von E. Schwartz u. Sohn in Berlinchen, mittels eines aufklappbaren Hebels ein besonderer Pflanzlochstern angebracht, der die Pflanzgruben in die Sohle der frisch gezogenen Furche eindrückt. Die Furchenzieher stellen mehrere Furchen gleichzeitig her; sie bestehen entweder aus einem einfachen Fahrgestell mit daran verstellbaren Scharen, oder es werden auch hier die Fahrgestelle der Drill- und Hackmaschinen verwendet, bei denen die Schare zum Zweck des leichtern Anschmiegens an den Boden an Hebeln befestigt sind. Häufiger sind die Pflanzloch- oder Pflanzgrubenmaschinen, bei denen die Pflanzgruben durch rotierende Lochsterne hergestellt werden. Tafel I, Fig. 1, zeigt eine solche Maschine von Herm. Laaß u. Komp. in Magdeburg-Neustadt. Die Lochsterne sind in pendelnden, nach vorn gerichteten Doppelhebeln gelagert, die jeder für sich einstellbar und am andern Ende durch Ketten und eine gemeinschaftliche Welle anhebbar sind. Die einzelnen Hebel lassen sich an dem gemeinschaftlichen Balken, der ebenfalls in der Höhe einstellbar ist, seitlich verstellen, ebenso ist die Spurbreite des Hinterwagens und des Vordersteuerwagens ausziehbar. Sehr häufig ordnet man eine Furchenzieherschar vor dem Lochstern an, und zwar in einem besondern Hebel, wie es in Fig. 2 die Maschine von F. Zimmermann u. Komp. in Halle a. S. zeigt. Hier sind die Hebel nach hinten gerichtet. Die Arbeitstiefe wird durch aufgesteckte Gewichte geregelt. Beim Ausheben werden beide Hebel gleichzeitig oder der Furchenzieher zuerst gehoben (D. Wachtel in Breslau). Die von Hand in die Löcher eingelegten Kartoffeln müssen nun mit Erde zugedeckt werden. Dazu werden die Pflanzlochmaschinen unter Auswechselung der Lochsternhebel und eventuell der Furchenzieherhebel durch Hebel mit Zustreichscharen befähigt, oder solche Schare werden an die erstern nach Entfernung der Lochsterne angesetzt. Um ein Verstopfen zu vermeiden und ein lockeres Aufschütten der Erde zu erreichen, werden statt der Schare rotierende Scheiben benutzt. Tafel II, Fig. 4, zeigt die Unterilpsche Maschine. Die Hebel werden hier durch Federn mit einstellbarem Druck in den Boden eingedrückt, jede Scheibe kann für sich nach oben ausweichen. Zuweilen wird noch eine Andrückwalze hinter den Zustreichern in besondern Hebeln angeordnet, die außer dem Festdrücken der Erde noch jede Reihe für die spätere Bearbeitung leicht erkennbar macht. Fig. 2 zeigt eine solche Hebelanordnung einer Maschine von Gebr. Lesser in Posen. Diese Zudeckmaschinen lassen sich auch zum Behäufeln benutzen.

Die vollständig maschinelle Aussaat der Kartoffeln wird durch die Kartoffellegemaschinen bezweckt. Die großen Schwierigkeiten, die dem Bau einer guten Kartoffellegemaschine entgegenstehen, sind aber noch nicht in genügender Weise überwunden. Sie bestehen darin, daß trotz der ungleichen Größe und Form in regelmäßiger Entfernung und Tiefe immer nur eine, höchstens zwei kleine Kartoffeln in die Erde an bestimmter Stelle untergebracht werden sollen; es ist also eine sehr sicher wirkende Vorrichtung zum Herausnehmen aus dem Vorratsbehälter und zum Abteilen und dann eine solche Ablegevorrichtung erforderlich, die mit möglichster Vermeidung des freien Falles und des dadurch entstehenden Rollens der Kartoffeln letztere möglichst direkt auf die richtige Stelle in der Erde hinbringt. Auch das große Gewicht des Saatguts, welches das des Getreides zehnfach übertrifft, ist sehr hinderlich. Als einfachen Ersatz einer Kartoffellegemaschine benutzt man (A. Lehnigk in Vetschau Ramesohl[695] u. Schmidt in Olde) zurzeit zuweilen eine Verbindung einer einfachen Vorrichtung zum Kartoffellegen mit einem Pfluge, wobei die erstere von einem Furchenrade durch Kette angetrieben wird. Als Vorrichtungen zum Herausnehmen und Abteilen werden am häufigsten Elevatoren mit Bechern oder Räder mit Schöpflöffeln ohne oder mit besondern Ausstoßporrichtungen angewendet, die durch den Kasteninhalt oder, wie in der neuesten Zeit, durch einen besondern Vorraum des Kastens zur Vermeidung der hohen Saatschicht (Steinberg in Leipzig) bewegt werden; oder es sollen federnde Klammern oder durch Kurvenscheiben bewegte Greiser die einzelne Knolle erfassen; weiter sollen die Kartoffeln aufgespießt, aus dem Kasten herausgehoben und dann abgestrichen werden; unter dem Kasten sich bewegende Walzen, Bänder ohne Ende oder schräg rotierende Scheiben sollen aus den auf ihnen ruhenden Kartoffeln einzelne durch geeignete Vertiefungen herausholen; auch wurde vorgeschlagen, die Kartoffeln einzeln mit der Hand der Legvorrichtung zuzuführen, um Fehlstellen zu verhindern; schließlich wurden Klappen am Ende der Legröhre unmittelbar von dem Lochstern bewegt und dabei das Nachfallen einer zweiten Knolle durch Vortreten von Fingern, die an der Klappe sitzen, verhindert. Da man aber das gewünschte Ziel nicht erreichen konnte, versuchte man ein zweites Abteilen der Kartoffeln, indem man sie erst möglichst einzeln aus dem Vorratskasten in einen Zwischenbehälter abteilte u. aus diesem dann das Legen durch ähnliche Mittel besorgte.

Als Beispiel für eine Kartoffellegemaschine mit Schöpfelevator, die am meisten Verwendung findet, ist in Tafel I, Fig. 3, die Maschine von Groß u. Komp. in Leipzig-Eutritzsch dargestellt. Die Elevatorbecher steigen im Kasten durch die Kartoffeln nach oben und nehmen eine Kartoffel mit, die sie in den Legeröhren bis auf den vorlaufenden Becher fallen lassen, so daß sie kurz vor dem Boden erst frei wird. Die Maschine ist für zwei Reihen bestimmt. Die Furchen werden durch Schare vor den Legröhren gezogen und, nach dem Einlegen der Kartoffeln, durch schräge Scheiben zugestrichen. Außer dieser Maschinenart ist noch die Aspinwallsche Maschine zu erwähnen, welche die Kartoffeln aufspießt.

Auch die Maschinen zum Ernten der Kartoffeln entsprechen noch nicht allen an sie gestellten Anforderungen. Letztere sind infolge der so verschiedenen Bodenarten, der wechselnden Witterung, der verschiedenen Krautverhältnisse, des langen und starken, bis zur Ernte frisch bleibenden Krautes, des Unkrautes, besonders der strickartigen Knöterichpflanzen, der Steine etc. so vielseitig, daß die Bewältigung aller Schwierigkeiten durch eine Maschine noch nicht gelungen ist. Die deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft hat folgende Anforderungen für eine brauchbare Kartoffelerntemaschine aufgestellt: »Die Maschine muß von einer Seite des Feldes ab nebeneinander Reihe für Reihe hin und her ausnehmen. Sie muß, mit zwei starken Pferden bespannt, die Kartoffeln rein ausnehmen, getrennt von Kraut und Erde, auf einen möglichst schmalen Streifen (höchstens 22 om) dicht zusammenlegen und zwar so weit ab von der nächst aufzunehmenden Reihe, daß weder die Räder der Maschine noch die Hufe der Pferde die ausgenommenen Kartoffeln beschädigen«. Um sämtliche Kartoffeln aus dem Boden herauszubekommen, muß der Aushebkörper sehr tief gestellt werden, was wieder an die Gespannkraft hohe Anforderungen stellt. Es ist zu verhüten, daß sich Kraut und Unkraut vor dem Aushebkörper festsetzen und womöglich in die Maschine gelangen, und daß durch Reinhalten des Ackers möglichst wenig Steine vorkommen.

Zum Ausheben sind sehr veschiedenartig geformte Aushebkörper benutzt worden, z. B. flache, sattelförmige, mulden- und röhrenförmige Schare, man schüttelt die Schar und dreht eine kreisförmige Schar, um durch einen ziehenden Schnitt das Abtrennen des Erdbodens zu erleichtern; man stellt die Schar durchbrochen oder rostförmig her, um einen großen Teil der Erde gar nicht oder nur wenig von der Stelle bewegen zu müssen und möglichst nur die Knollen herauszuheben. Man hat auch die Scharform verlassen und hebt die Erde mit den Kartoffeln durch eine Zinkentrommel oder durch rotierende Gabeln, Schaufeln oder baggerartige Becherwerke aus, die zuweilen zum bessern Abwerfen gedreht werden. Zur Bewältigung des Krautes vor dem Ausheben des Kartoffeldammes an der Maschine sind vorgeschlagen und versucht worden: Schräge Stangen oder Kolter, auch mit Reinigungsvorrichtungen, sollen das Kraut heben und zur Seite drücken oder zerschneiden, Vorschare nehmen den obern Teil des Dammes mit dem Kraut ab und schaffen die Masse seitwärts, eine schräg gestellte, drehbare, kegelförmige Rolle soll das Abgleiten des Krautes nach der Seite erleichtern; Harken, Jätvorrichtungen oder fest zusammenarbeitende Walzen sollen es ausreißen, wobei auch feste Krallen den Stock festhalten, oder das Kraut wird vom Laufkranz gehalten und durch ein sich schnell drehendes Zinkenrad abgerissen; schließlich sucht man das Kraut durch die verschiedensten Messer- und Schereneinrichtungen, die vor dem Aushebkörper am Maschinenrahmen angebracht sind, abzuschneiden und auf irgend eine Weise beiseite zu schaffen. Ist das Kraut trotzdem in die Maschine hineingeraten, so sucht man es durch gebogene, feststehende oder rotierende Abstreicher abzunehmen und nach außen zu leiten.

Die Trennung der Kartoffel von Erde, Kraut etc. geschieht auf Reinigungsvorrichtungen. die meist als Fördervorrichtungen ausgebildet oder mit solchen verbunden sind. Die einfachsten sind feste, bewegliche oder geschüttelte Roststäbe oder auf dem Boden nachschleifende Stäbe oder Kettenenden, die eine Verlängerung der Schar oder des Streichbretts bilden, oder feststehende oder geschüttelte Siebe oder Roste. Um dabei die Kartoffeln hoher und schneller heben zu können, greifen Zinkenwalzen oder an Ketten ohne Ende sitzende Rechen von unten oder oben durch die Rostspalten oder wenigstens in die auf dem Rost befindliche Massen, oder es schwingen Schaufeln oder Hacken nach Art der von Hand bewegten über die Rostfläche. Die verschiedensten Arten von Elevatoren in das Durchfallen der Erde zulassender Form werden angewendet, z. B. auch strohschüttlerartige, schwingende Bretter, Sternscheiben, endlose Lattentücher, dicht nebeneinander laufende endlose Seile oder mit Dornen versehene Ketten mit gleichen oder verschiedenen Geschwindigkeiten, wobei das Heben der Massen durch darüber laufende Elevatoren unterstützt wird. Schräg gestellte zylindrische oder kegelförmige, sich drehende Siebtrommeln mit Schnecken oder feste Rundsiebe mit sich drehenden Schnecken oder Siebtrommeln mit Heberechen oder Schaufeln bewegen die Massen. Die gehobenen und gereinigten Kartoffeln werden in Säcke, Körbe oder andre Auffangbehälter gesammelt, wobei auch das Gewicht festgestellt wird.

Als Beispiel einer Kartoffelerntemaschine mit Wurfrädern, der sogen. Graf Münsterschen Art, stellt auf[696] Tafel II, Fig. 3, die Maschine von Groß u. Komp. in Leipzig-Eutritzsch dar. Die Maschine ist zur sichern Führung mit Deichsel versehen. Das Wurfrad geht dicht hinter der Schar, die geschleuderten Massen werden durch einen seitlichen, auf dem Boden rollenden Fangschirm aufgefangen. Durch einen Handhebel wird erst die Schar aus der Erde gehoben und dann der Antrieb für das Wurfrad ausgerückt. Die Transportreifen an den Fahrrädern brauchen nur bei schwierigen Bodenverhältnissen abgenommen zu werden.

Darüber, ob bei diesen Maschinen durch das Aufschlagen der Zinken auf die Kartoffeln letztere in unzulässiger Weise beschädigt und dadurch dem schnellen Verderben ausgesetzt werden, gehen die Urteile der Landwirte auseinander. Die Maschine von E. Hampel u. Sohn in Gnadenfrei vermeidet diese Gefahr, indem die Kartoffeln durch eine langsam hinter der Schar laufende Rundegge aus der Erde herausgerecht werden. Hier ist eine umschwenkbare Doppelschar und eine Umkehrvorrichtung der Drehbewegung für die Rundegge vorgesehen, um entsprechend den Anforderungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft die Kartoffeln bei der Hin- und Herfahrt immer nach der schon abgeernteten Seite des Fel des abwerfen zu können.

Wegen der Mängel der bis jetzt vorhandenen Maschinen wird zurzeit von den Landwirten immer noch sehr viel den einfachen pflugartigen Geräten, wie z. B. dem schlesischen Haken, der Vorzug gegeben. Die Schar erhält dann oft noch eine rostartige Verlängerung, um das Trennen der Kartoffeln von der Erde zu unterstützen. Ein solcher Kartoffelerntepflug (von Gebr. Eberhardt in Ulm) ist auf Tafel II, Fig. 1, abgebildet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 695-697.
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