Konklave

[396] Konklave (lat., »verschlossenes Gemach«) heißt sowohl der Ort, an dem die Kardinäle (Konklavisten) zur Vornahme der Wahl eines neuen Papstes sich versammeln und eingeschlossen bleiben, als auch die Versammlung selbst zu diesem Geschäft. Die Verordnungen, die erstmalig Papst Gregor X. auf dem Konzil zu Lyon 1274 zur Regelung der Papstwahl (s. d.) über das K. erließ und die von spätern Päpsten ergänzt wurden, enthalten folgende noch heute geltende Bestimmungen. Das K. soll an dem Ort gehalten werden, wo der Papst gestorben ist. Mit Ausnahme der Wahlen der Päpste von Leo XII. 1823 bis Pius IX. 1846, die im Quirinal stattfanden, war dieser Ort seit 1303 stets der vatikanische Palast. Am zehnten Tage nach dem Tode eines Papstes oder am ersten nach seiner Bestattung versammelt sich das Kardinalskollegium in der Peterskirche, um die Messe »De spiritu sancto« zu hören und die feierliche Prozession in die Sixtinische Kapelle zu veranstalten, wo die auf die Wahlordnung bezüglichen Bestimmungen verlesen und beschworen werden. Hierauf ziehen sich die Wähler in die im ersten Stockwerk des Vatikans (Cappella Paolina, Sala ducale) für sie hergerichteten und durch hölzerne Scheidewände voneinander getrennten Gemächer (Zellen) zurück, deren drei bis vier für je einen Kardinal bestimmt sind. Zu seiner Begleitung und Unterhaltung darf jeder Kardinal zwei bis drei ebenfalls Konklavisten genannte Genossen mitnehmen, die wie die Kardinäle selbst zu strengstem Stillschweigen verpflichtet werden. Während die Kardinäle früher abends in ihre Wohnungen und am Morgen wieder in das K. zurückkehrten, werden sie jetzt vom Morgen des zweiten Tages an nicht mehr entlassen, sondern ihre Zellen bis auf eine Öffnung für die Beleuchtung und einen Ausgang gegen den Korridor für den Fall der Erkrankung eines Konklavisten und den täglichen Wahlgang vermauert. Jeder schriftliche oder mündliche Verkehr untereinander oder mit der Außenwelt ist bis zum Schluß des K. untersagt. Die Wahl erfolgt der Regel nach in schriftlicher Abstimmung auf versiegelten, mit verstellter Handschrift geschriebenen Stimmzetteln. Zur gültigen Wahl ist eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Die Wahlprüfung (Skrutinium, s. d.) geschieht täglich zweimal, morgens und nachmittags, in der dazu hergerichteten Kapelle, in die sich die Kardinäle aus ihren Zellen begeben, und wird fortgesetzt, bis die erforderliche Mehrheit erreicht ist. Die Stimmzettel werden, falls die Wahl nicht zustande gekommen ist, sofort mit etwas feuchtem Heu vermischt und verbrannt. Der infolgedessen aufsteigende blaue Rauch (sfumata) gilt den auf dem Petersplatze Harrenden als Zeichen der noch nicht vollzogenen Wahl. Nach erfolgter Wahl werden die Zettel ohne Beimischung von Heu verbrannt, und es steigt freudig begrüßter weißer Rauch auf. Kann sich eine Mehrheit schwer bilden, so steht es den Kardinälen, die irgend welche Stimmen erhalten haben, frei, zu verzichten, indem sie die ihnen zugefallenen Stimmen auf einen andern Kardinal durch accedo (ich trete bei) übertragen (sogen. Akzeß). Die europäischen Mächte Frankreich, Österreich und Spanien haben das Recht, gegen die bevorstehende Wahl eines ihnen mißliebigen Kandidaten durch einen hierzu besonders akkreditierten Kardinal zu protestieren (sententia exclusiva, sogen. Veto). Die Exklusive darf nur einmal erhoben werden. Hat der Neugewählte die Wahl angenommen, so hat er sofort den Namen, den er als Papst zu führen gedenkt, anzugeben. Sodann werden ihm in der Sakristei die päpstlichen Gewänder angelegt, und er erhält, vor dem Altar der Wahlkapelle sitzend, die erste Adoration der Kardinäle: den Fuß- und Handkuß, wofür er den Kardinälen den Friedenskuß auf beide Wangen reicht. Hierauf zeigt sich der Neugewählte von der Loggia della benedizione oberhalb des Portals der Peterskirche dem Volk und erteilt den Segen. Daran schließt sich die zweite Adoration in der Sixtinischen Kapelle und der Zug in die Peterskirche, wo vor dem Hochaltar die dritte Adoration, zu der auch die Bischöfe und Prälaten, die fremden Gesandten und sonstige Personen von Adel zugelassen sind, stattfindet. Auf die Papstwahl folgt gewöhnlich am nächsten Sonn- oder Feiertag die Krönung (Inthronisation), und erst von diesem Moment wird die Regierungszeit des neuen Papstes gerechnet (s. Papst). Vgl. Lector, Le Conclave: origines, histoire, organisation, législation ancienne et moderne (Par. 1894); »Die katholische Kirche unsrer Zeit und ihre Diener in Wort und Bild«, herausgegeben von der Leo-Gesellschaft, Bd. 1 (Münch. 1899); Wurm, Die Papstwahl. Ihre Geschichte und Gebräuche (Köln 1902); Gaugusch, Das Rechtsinstitut der Papstwahl (Wien 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 396.
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