Lecithīn

[303] Lecithīn, ein phosphorhaltiger Körper, der in Tier- und Pflanzenzellen weitverbreitet vorkommt und besonders im Gehirn, in Nerven, Samen, im Blut, namentlich bei hochgradiger Leukämie, im Eiter, in der Galle, Milch, im Eidotter, Kaviar, in Hefe, Haferkeimlingen, Erbsen, Weizenkleber etc. nachgewiesen ist. Aus Dotter und Kaviar kann L. kristallinisch dargestellt werden; gewöhnlich bildet es eine farblose, wachsähnliche, knetbare Masse, löst sich leicht in heißem Alkohol, in Äther, Benzol, Chloroform, fetten Ölen, quillt im Wasser auf und erscheint dann unter dem Mikroskop in öligen Fäden (Myelinformen). Es verbindet sich mit Säuren und Basen, und bildet mit Platinchlorid ein schwer lösliches Doppelsalz. Durch Wasser, schneller durch Säuren und Alkalien, wird L. gespalten in Cholin, phosphorfreies Neurin, Glyzerinphosphorsäure, Stearinsäure und Palmitinsäure. L. ist daher eine esterartige Verbindung von Cholin und Glyzerinphosphorsäure, die mit Stearin- und Palmitinsäure zu einem Glyzerid verbunden ist. Außer diesem L. kommt auch die Distearin- und Dioleïnverbindung vor. Mit den Lecithinen scheint das Protagon nahe verwandt zu sein. L. wirkt als Reiz für die Beschleunigung der Nahrungsaufnahme und Zellenvermehrung, indem es das Wachstum des Zellkerns anregt und seine Teilung vorbereitet. Bei subkutaner Anwendung steigert es den Appetit, vermehrt die Zahl der roten Blutkörperchen und bewirkt erhebliche Zunahme des Körpergewichts. Man hat es arzneilich zur Hebung der Ernährung und der körperlichen und geistigen Widerstandsfähigkeit, bei Rekonvaleszenten, Rachitis, Tuberkulose, nervöser Dyspepsie, Neurasthenie, Chlorose, Hysterie, Diabetes, Marasmus angewandt. Ein aus Eigelb dargestelltes Präparat (Lecithol) bildet eine rötlichgelbe, nach Ei riechende und schmeckende Masse, die in Alkohol und Ölen, nicht in Wasser löslich ist.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 303.
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