Lucullus

[769] Lucullus, L. Licinius, röm. Feldherr, tat sich im Marsischen Kriege 90 v. Chr. zuerst hervor, dann als Quästor unter Sullas Oberbefehl im ersten Mithradatischen Krieg und wurde 74 als Konsul mit Führung des Krieges zu Lande gegen Mithradates beauftragt. Es gelang ihm, den pontischen König, der nach großen Rüstungen den nach Asien vorausgeeilten Mitkonsul des L., M. Aurelius Cotta, zurückgedrängt hatte und Kyzikos belagerte, zur Aufhebung der Belagerung zu zwingen und sein nach Westen sich zurückziehen des Heer am Fluß Äsepus fast vollständig aufzureiben. Während er darauf, sich nach Osten wendend, mit der Eroberung der Städte des Pontus beschäftigt war, sammelte Mithradates ein neues Herr und nahm mit ihm bei Kabeira Stellung. Hier besiegte ihn L. trotz der Minderzahl seiner Truppen durch seine geschickten Operationen und setzte die Verfolgung bis nach Kleinarmenien so energisch fort, daß Mithradates zu seinem Schwiegersohn Tigranes, dem König von Armenien, seine Zuflucht nahm. Da dieser sich weigerte, Mithradates auszuliefern, brach L. gegen ihn auf (69), schlug am Nikephoros das fast 15fach überlegene feindliche Heer, eroberte Tigranokerta und unternahm nun, um den Gegner mit Einem Schlage zu vernichten, einen Zug in das armenische Hochland gegen Artaxata; aber trotz seines Sieges am Flusse Arsanias meuterten seine Soldaten, die ihm Härte und Rücksichtslosigkeit vorwarfen, und so mußte er nach Mesopotamien zurückgehen. Von da an verließ ihn das Glück; denn als er gegen die beiden Könige 67 sich in Bewegung setzen wollte, verweigerten ihm seine Soldaten den Gehorsam; in Rom hatten gleichzeitig die Ritter, deren Bedrückungen er in der durch Wucherer schwer bedrängten Provinz Asien Einhalt getan hatte, seine Kriegführung als durch Gewinnsucht unnötig in die Länge gezogen angefeindet, und so wurde ihm durch Volksbeschluß in Pompejus ein Nachfolger gegeben, der den ihm eigentlich gebührenden Ruhm der Beendigung des Krieges erntete. Sogar die Ehre des Triumphs wurde ihm bis 63 streitig gemacht. Fortan lebte L. als Privatmann in Rom und genoß die Reichtümer, die er aus Asien mitgebracht hatte, in sprichwörtlich gewordener Üppigkeit (lukullische Gastmäler), blieb daneben jedoch auch edlern Beschäftigungen nicht fremd, öffnete seine Bibliothek allgemeiner Benutzung und machte sein Haus zum Sammelpunkt der Gelehrten, namentlich der Philosophen. Das zweite Buch der ersten Bearbeitung von Ciceros Academica, welches die Erkenntnislehre des Antiochos und Philon enthält, ist nach ihm benannt. Eine Geschichte des Bundesgenossenkriegs, die er als junger Mann in griechischer Sprache verfaßte, ist verloren gegangen Er starb zwischen 58 und 56 im Wahnsinn, unter allgemeiner Teilnahme des Volkes, das ihn wegen seiner milden und vornehmen Gesinnung schätzen gelernt hatte. Eine Biographie von L. besitzen wir unter den »Parallelen« des Plutarch. Bekannt geworden ist er auch dadurch, daß er angeblich den Kirschbaum (cerasus) aus Kerasos in Pontus nach Europa verpflanzte (Weiteres s. Kirschbaum, S. 71). – Sein Sohn, geb. um 64, wurde unter Vormundschaft seines Oheims M. Cato und des Cicero erzogen und fand den Tod bei Philippi 42. L.' jüngerer Bruder, M. Licinius L. oder, wie er nach seiner Adoption durch M. Terentius Varro hieß, M. Terentius Licinianus Varro, war 73 Konsul und drang 72 als Statthalter in Mazedonien auf einem Kriegszug gegen die barbarischen Grenzvölker bis an das Schwarze Meer vor; er starb bald nach seinem Bruder.[769]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 769-770.
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