[512] Mediatisieren (lat., »mittelbar machen«), einen bisher selbständigen Staat der Landeshoheit des Souveräns eines andern Staatswesens unterwerfen. Der Ausdruck hängt mit der Reichsunmittelbarkeit zur Zeit des frühern Deutschen Reiches zusammen. Damals unterschied man zwischen reichsunmittelbaren und mittelbaren Reichsangehörigen, je nachdem dieselben, wie die reichsfreien Städte, die geistlichen und weltlichen Kurfürsten und sonstige Fürsten, Grafen und Herren, direkt unter dem Kaiser standen, also dem Reich »ohne Mittel« unterstellt, oder je nachdem sie außer Kaiser und Reich noch einem Territorialherrn unterworfen waren. Nach Artikel VII des Lüneviller Friedens (1801), durch den das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten wurde, sollten die erblichen Fürsten, die auf dem linken Rheinufer Verluste erlitten hatten, eine Entschädigung im Schoße des Reiches erhalten. Die Entschädigung bewirkte man im Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Febr. 1803 dadurch, daß die geistlichen Territorien fast sämtlich weltlichen Staaten einverleibt (»säkularisiert«) und daß 45 freie Reichsstädte Territorialherren unterworfen (»mediatisiert«) wurden, wodurch die Zahl der freien Reichsstädte auf 6 und die Zahl der Landesherrschaften von 296 auf 82 herabsank. Durch die Rheinbundsakte vom 12. Juli 1806 und die Beschlüsse des Wiener Kongresses erfolgte eine weitere Mediatisierung, indem die reichsritterschaftlichen Gebiete, die Reichsstädte Nürnberg und Frankfurt, die Besitzungen des deutschen und Johanniterordens und die Lande von 72 reichsständischen Fürsten und Grafen den einzelnen Bundesgliedern zugeteilt wurden. Die Zahl der Landesherrschaften sank hierdurch auf 38 herab. Die hierdurch Betroffenen werden vorzugsweise als die »Mediatisierten« bezeichnet. Andre Fürsten verloren noch während der Rheinbundszeit und während der Befreiungskriege ihre Selbständigkeit. Auch diese Fürsten werden Mediatisierte genannt, obwohl die Reichszentralgewalt damals bereits hinweggefallen und damit der Unterschied zwischen Reichsunmittelbaren und Reichsmittelbaren eigentlich gegenstandslos geworden war. Ebenso hat man es, obwohl sprachlich unrichtig, als Mediatisierung bezeichnet, als zur Zeit des Deutschen Bundes die Fürsten von Hohenzollern ihre Souveränitätsrechte an Preußen abtraten und die hohenzollernschen Lande der preußischen Monarchie einverleibt wurden. Jetzt ist für die Mitglieder derjenigen fürstlichen und gräflichen Häuser, die vormals ein reichsunmittelbares Territorium mit Sitz und Stimme auf dem Reichstage hatten, die Bezeichnung »Standesherren« die üblichere. Die Vorrechte der Mediatisierten sind: 1) Ebenbürtigkeit mit den regierenden Fürstenhäusern, 2) Befreiung von der Militärpflicht und Quartierlast im Frieden, 3) privilegierter Gerichtsstand in nichtstreitigen Sachen, 4) Rechte auf Austräge, d. h. auf Gerichte von Standesgenossen in Strafsachen, 5) Mitgliedschaft im Herrenhause, 6) Befreiung von Gemeindeeinkommensteuern, 7) Autonomie mit der Befugnis, Festsetzungen zu treffen, die für die eignen Angehörigen verbindlich sind, jedoch im Einklang mit den Landes- und Reichsgesetzen stehen müssen. Durch § 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bleiben in Ansehung der Familienverhältnisse (eheliches Güterrecht, elterliche Gewalt, Vormundschaftsrecht) und der Güter die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen der Mediatisierten unberührt. Ihre Privilegien können in Zukunft nicht erweitert, wohl aber eingeschränkt werden (s. Standesherren).