Mekka

[564] Mekka (arab. Mäkke, vgl. den nebenstehenden Plan), Hauptstadt der türk. Provinz Hidschaz in Arabien, in einer nordsüdlichen, Überschwemmungen ausgesetzten, öden Talschlucht zwischen kahlen Bergen, etwa 95 km von der Küste des Roten Meeres, 400 m ü. M., mit 50–60,000 Einw., die religiöse Hauptstadt der ganzen mohammedanischen Welt und daher das Ziel jährlicher Pilgerzüge aus allen Teilen des Orients (oft über 100,000 Pilger). Fünf Straßen führen die Pilger nach M.: von Persien über El Hall und das Gebiet der Wahhabiten, von Bender-Buschehr durch das Nedsched, von Hodeida durch Sana, von Dscheddah und von Damaskus über El Hall und Medina. M., das sich seit Jahrhunderten kaum verändert hat (nur südöstlich vom Haram hat sich der Stadtteil El Dschijâd mit geschmackvollem neuem Serai, der Hauptwache und drei Kasernen vergrößert), hat breitere (aber ungepflasterte) Straßen als die meisten Städte des Orients, steinerne, oft dreistöckige und hauptsächlich für die Pilger eingerichtete Häuser und im SO. eine Feste mit dicken Mauern und Türmen. Gutes Trinkwasser liefert seit der Zeit Harun al Raschids eine 50 km lange Leitung. Das Hauptziel der Pilgerscharen ist die große Moschee, Beit-AllahHaus Gottes«), auch Mesdschid el HaramHeilige Moschee«) genannt, ein 257 Schritt langer, 216 Schritt breiter und 2–3 m unter der durch Überschwemmungen erhöhten Oberfläche von M. gelegener Hof. Die nördliche Seite besteht aus einer vierfachen, die übrigen aus dreifachen Säulenreihen, oben durch Bogen gewölbe verbunden, von denen je vier eine kleine Kuppel tragen. Das Gebäude hat 152 Kuppeln, 19 Tore und 7 hohe Minaretts. Die meisten der 6,5 m hohen Säulen sind von gewöhnlichen Steinen, nur einige von Marmor, Granit oder Porphyr. Übrigens[564] ist die Moschee so oft zerstört, beschädigt, wieder aufgebaut und ausgebessert worden, daß man keine Spuren frühern Altertums mehr wahrnehmen kann. Von den Säulengängen ringsum führen sieben gepflasterte Wege nach der in der Mitte des Ganzen stehenden Kaaba (s. d.), dem alten Nationalheiligtum der Araber. Sonstige Denkwürdigkeiten sind: das Grab Hagars und Ismaels; die vier Gebetshäuser der rechtgläubigen mohammedanischen Sekten (Schafiiten, Hanifiten, Malikiten, Hanbaliten) um die Kaaba; unter dem der Schafiiten der heilige und für heilkräftig geltende, bitterlich schmeckende Brunnen Zemzem, der Sage nach derselbe, den Jehova auf das Gebet der Hagar in der Wüste entspringen ließ; der Makam Ibrahim oder die Stätte Abrahams mit seinen Fußstapfen und die Kobbateins oder die Bibliothekräume.

Lageplan von Mekka.
Lageplan von Mekka.

Hauptgegenstand des Besuchs aller Pilger ist der Berg Arafât (s. d.), östlich von M. Die Bewohner von M. sind meist Fremde oder doch Nachkommen solcher. Der alte Stamm Koreisch, dessen elende Zelte vor der Stadt stehen, ist beinahe erloschen. Ein Rest der alten Araber sind die eingebornen Scherife, die ihren Stammbaum von der Tochter Mohammeds, Fatima, ableiten und noch über viele Teile Arabiens verbreitet sind. Die Einwohner leben fast ausschließlich von den Pilgern, die nach der Schätzung jährlich 50 Mill. Mk. bringen. Einige Töpfereien und Färbereien und die Fabrikation von Rosenkränzen ausgenommen, gibt es in M. keine Manufakturen. Der Handel aber ist beträchtlich, besonders während der Wallfahrtszeit, und zwar ist er in den Händen reicher Pilger, die Produkte fast aller mohammedanischen Länder untereinander austauschen oder von den Kaufleuten Mekkas indische und arabische Waren dagegen eintauschen. Zu dieser Zeit wird M. einer der größten Märkte des Orients. Die Stadt steht unter einem eignen Großscherif, neben dem der türkische Pascha erst seit 1882 größern Einfluß gewonnen hat. Das Betreten Mekkas ist nur Mohammedanern gestattet. Doch ist es einigen Europäern gelungen, in mohammedanischer Maske M. zu besuchen, zuerst im 16. Jahrh. dem Italiener Lud. de Barthema, im 19. Jahrh. Domingo Badiah y Lablich, Seetzen, Burckhardt, Roches, Burton, v. Maltzan, Snouck Hurgronje. – M. wird schon von Ptolemäos unter dem Namen Makoraba erwähnt. Seine Bevölkerung, die Koreisch, hat sich allmählich aus sehr verschiedenen Stammteilen zusammengesetzt. Hier wurde Mohammed um 570 geboren; nach seinem Tode bildete die Stadt mit dem umliegenden heiligen Gebiet einen Bestandteil des Kalifats; später übten die tatsächliche Herrschaft Zweige der Aliden (Scherife, s. Arabien, S. 655). 930 fiel die Stadt vorübergehend in die Gewalt der Karmaten (s. d.). Seit 1517 nahmen die osmanischen Sultane den Titel als Beschützer der heiligen Städte M. und Medina an und ernannten den Großscherif aus der Mitte der Scherife, doch war ihr Einfluß immer sehr beschränkt. Die Stadt wurde 1803 von den Wahhabiten, 1813 von Mehemed Ali von Ägypten erobert. 1841 wurde die türkische Herrschaft hergestellt. Vgl. Burckhardt, Travels in Arabia (Lond. 1829; deutsch, Weim. 1830); Burton, Narrative of a pilgrimage to El-Medinah and Meccah (3. Aufl., Lond. 1879); v. Maltzan, Meine Wallfahrt nach M. (Leipz. 1865, 2 Bde.); Wüstenfeld, Chroniken der Stadt M. (das. 1857–61, 4 Bde.) und Die Scherife von M. im 11. (17.) Jahrhundert (Götting. 1885); Snouck Hurgronje, Mekka (Haag 1888–89, 2 Bde. mit Bilderatlas); Saleh Soubhy, Pèlerinage à la Mecque et à Médine (Kairo 1894); Gervais-Courtellemont, Mon voyage à la Mecque (Par. 1896); Heß, Die geographische Lage Mekkas (Freiburg in der Schweiz 1900); auch Literatur unter »Medina«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 564-565.
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