Nägel [2]

[375] Nägel, zugespitzte, aus Schaft und Kopf bestehende, aus Metall (Eisen, Messing, Zink, Kupfer etc.), mitunter aus Holz hergestellte Stifte, die je nach ihrer Bestimmung außerordentlich verschieden in Größe und Form sind und benannt werden: Absatz-, Bau-, Bilder-, Boden-, Dielen-, Huf-, Klavier-, Koffer-, Latten-, Möbel-, Rohr-, Sattel-, Schiefer-, Schiff-, Schindel-, Schuh-, Sohlen-, Spund-, Ziernägel; Schusterzwecken, Heftzwecken. Die eisernen N. werden noch viel durch Handarbeit, oft mit Zuhilfenahme mechanischer Hämmer oder der Schmiedemaschine u. Walzen, aus Stabeisen unter Anstauchen des Kopfes mittels des Nageleisens geschmiedet. Ein Schmied fertigt in zwölf Stunden 500–600 große Brettnägel oder 2000–2500 kleine Schuhstifte. Beim Schiffbau, zu großen Zimmermannsarbeiten und neuerdings zum Zunageln von Kisten fertigt man Schraubennägel an, indem man Eisenstäbe glühend windet, dann zerhaut und die Köpfe und Spitzen anschmiedet. Solche N. drehen sich beim Einschlagen und sitzen sehr fest. Schnittnägel (Maschinennägel) werden aus Blech kalt geschnitten. Sie haben statt der Spitze eine Schneide und keilförmige Gestalt. Hierher gehören auch die kopflosen Absatzstifte aus zuvor keilförmig wie eine Messerklinge ausgewalzten Schienen. Nägelmaschinen erzeugen N. nach Art der Handarbeit, indem entsprechende Eisenstabstücke erst in heißem Zustande durch Hammerschläge zugespitzt und darauf mittels eines Preßstempels angeköpft werden.

Tabelle

Ferner dienen zur Herstellung der N. aus glühendem Eisen Walzen mit Furchen, entsprechend der Form der zu erzeugenden N. Hierbei entsteht Formeisen von der Form nebenstehender Abbildung, das zwischen ein Paar Schneidwalzen in Streifen, gleich der Breite der N., zerlegt wird. Diese Streifen kommen in erhitztem Zustand in eine Maschine, in der sie zwischen Klemmbacken durch Druck fertig geformt und einzeln abgeschnitten werden. Auf diese Weise verfertigt man hauptsächlich Hufnägel. Drahtstifte (Pariser Stifte, Stifte) werden von 6 mm Länge und 0,6–0,8 mm Dicke bis zu 150–240 mm Länge und 6–9 mm Dicke aus hart gezogenem (nicht ausgeglühtem) Eisendraht auf Drahtstiftmaschinen erzeugt, die, je nach der Größe der Stifte, in der Minute 50 Stück (100–200 mm lang) bis 300 Stück (10–20 mm lang) liefern. Diese Maschine hat für jeden Nagel in schneller Folge fünf Arbeiten auszuführen: 1) Hereinziehen des Drahts in die richtigen Längen; 2) Festhalten des Drahts durch eine Zange; 3) Pressen des aus der Zange herausragenden Drahtstückes zur Kopfform durch Anschlagen eines Stempels mittels einer gespannten Feder; 4) Abschneiden und Spitzen des Drahts durch zwei stählerne Preßbacken, unter gleichzeitigem Abgleichen des neuen Drahtendes für die Bildung des nächsten Kopfes; 5) Entfernung des fertigen Stifts durch einen Stoß mit einem mechanischen Finger. Eiserne Drahtstifte werden öfters durch Erhitzen auf einer Eisenplatte blau gemacht oder verzinnt oder mit Zinn angesotten oder mit Leinöl geschwärzt. Gußeiserne, d.h. gegossene und später adoucierte N. werden in zweiteiligen Formflaschen in Sand und zwar in großer Zahl auf einmal gegossen, nachher zwischen gepulvertem Blutstein ausgeglüht (um sie weich zu machen) und in einer rotierenden Tonne mit Sand gescheuert. Kupferne N. werden wie gewöhnlich geschmiedet. Für Schiffsbeschläge aus Muntzmetall und für Schieferdächer benutzt man auch gegossene Bronzenägel. Zinknägel werden aus Stäbchen, die aus gewalzten Platten geschnitten sind, oder aus starkem Draht warm durch Hämmern gespitzt, in Nageleisen mit Köpfen versehen. Tapeziernägel, Ziernägel, zum Beschlagen gepolsterter Möbel, besitzen halbkugelige, pyramidische, vielfach verzierte, unterwärts hohle Köpfe, wurden früher im ganzen aus Messing gegossen und an den Köpfen abgedreht, mit Goldfirnis gefirnißt, mit Zinn weiß gesotten oder naß versilbert, durch Zusammenlöten von Kopf und Nagel erzeugt. Gegenwärtig werden Nagel und Kopf meist durch Prägung mit Umbördelung auf Maschinen verbunden, die das Ausstoßen der kleinen Metallköpfe aus Blech, das vorbereitende Prägen zu runden Näpfchen und die Anfertigung der kleinen eisernen N. mit glattem Schaft, Kopf und Spitze gleichzeitig und selbsttätig verrichten, wobei der Eisendraht in Ringen und das Blech in Streifen der Maschine vorgelegt wird. Die sogen. Heftzwecken werden auf gleiche Weise oder dadurch hergestellt, daß man runde Scheiben aus Stahlblech und aus diesen zugleich kleine scharfe Dreiecke ausstößt, die sich ausrichten und den Stift bilden. N. mit gegossenen Köpfen bestehen aus einem geschmiedeten Schaft, über den ein großer messingener Kopf gegossen wird (Bildernägel). Porzellannägel sind Tapeziernägel aus eisernen Stiften mit aufgekitteten Porzellanköpfchen. Hölzerne N. kommen als Döbel, Dippel, Dübbel (rund und etwas verjüngt zugeschnittene Holzstücke, die in vorgebohrte Löcher eingetrieben werden) und namentlich als hölzerne Schuhstifte vor. Über letztere s. Holzstifte. Deutschland führte 1904: 359 dz Drahtstifte ein und 596,492 dz aus.

Geschichtliches. N. aus Eisen, Bronze und Kupfer als verbindende Teile bei Bauwerken wurden bei allen alten Kulturvölkern, insbes. den Ägyptern, Griechen und Römern, dann auch, wie die Funde bei Hallstatt, in den Totenkammern der Hünengräber und den spätern Pfahlbauten beweisen, schon in vorgeschichtlicher Zeit, von den Kelten vor 2000 Jahren in verschiedenen Größen und Gestalten, namentlich der Köpfe, durch Gießen und Schmieden hergestellt. Daß dabei Nageleisen Verwendung fanden, zeigt der Fund eines solchen aus vorgeschichtlicher Zeit im Jura bei Eisenschmelzhütten. Im Mittelalter bildete sich die Zunft der Nagelschmiede, die bis heute in althergebrachter Weise eiserne N. schmieden. Daneben bildete sich seit Beginn des letzten Jahrhunderts die fabrikmäßige Erzeugung mit Hilfe von Maschinen aus. Zuerst ahmte man dabei die Handarbeit nach, indem man das Eisen glühend zwischen Walzen verarbeitete (Clifford 1790), die mit zwei entsprechenden Vertiefungen versehen waren, zwischen denen das Metall zu Nägeln geformt wurde, oder indem man Schmiedemaschinen mit Gesenken verwendete (Ryder 1841). Wichtiger wurde die Fabrikation auf kaltem Weg, durch Zerschneiden von Eisenschienen, die in einem Walzwerk mit einem entsprechenden [375] Querschnitt vorgewalzt wurden (geschnittene N., Guppy 1796 u. 1804), mehr noch aber von Eisenblech seit 1830 (Blechnägel). Die größte Verbreitung fand endlich die Anfertigung aus Draht (Drahtstifte), die lange Zeit ihren Hauptsitz in Paris hatte (Pariser Stifte) und seit etwa 1840 in Deutschland eingeführt ist. Die erste hierzu vorgeschlagene Maschine wurde 1811 White patentiert; wirklich brauchbar aber wurde sie erst später, besonders durch Philippe in Paris (1832) und durch Werder in Nürnberg (1846).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 375-376.
Lizenz:
Faksimiles:
375 | 376
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Feldblumen

Feldblumen

Der junge Wiener Maler Albrecht schreibt im Sommer 1834 neunzehn Briefe an seinen Freund Titus, die er mit den Namen von Feldblumen überschreibt und darin überschwänglich von seiner Liebe zu Angela schwärmt. Bis er diese in den Armen eines anderen findet.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon