[770] Schiffbau (hierzu Tafel »Schiffbau I u. II«), die Wissenschaft, die lehrt, nach mathematischen, mechanischen und physikalischen Grundsätzen ein Schiff zu bauen. Bis zum 18. Jahrh. war der S. lediglich ein Handwerk des Schiffszimmermanns, obgleich sich schon im 15. und 16. Jahrh. gewisse Regeln für den S., aus Erfahrung gefunden, erkennen lassen. Die Theorie des Schiffbaues wurde zuerst vom schwedischen Admiral Chapman behandelt und ist seitdem bis in alle Einzelheiten durch zahlreiche Gelehrte und Techniker des Schiffbaues ausgearbeitet worden. Beim Entwurf jedes Schiffes hat der Schiffbaumeister eine Reihe allgemeiner und besonderer Bedingungen zu berücksichtigen; zu den allgemeinen Anforderungen gehören: Schwimmfähigkeit, genügende Stärke des Baues, Standfestigkeit (vgl. Metazentrum), Seefähigkeit (vgl. Freibord, Tiefladelinie, Krängen, Wasserlinie). Wohnlichkeit; zu den besondern, vom Bauherrn je nach dem Zweck des Schiffes gestellten Anforderungen gehören: die Schiffsgröße (vgl. Deplacement), Tragfähigkeit (vgl. Lastenmaßstab, Nützliche Zuladung, Tiefgang, Völligkeitsgrad), Schiffsgeschwindigkeit (vgl. Dampfschiff, Takelung), ferner die Einrichtungen für besondere Arten von Ladung (Tankdampfer, Kabelleger, Hospitalschiffe etc.) und für Passagiere; schließlich Bedingungen über die Höhe der Bau- und Betriebskosten. Aus den Einzelgewichten, welche die bedungenen Einrichtungen und die bedungene Belastung durch Frachtgüter, Kohlenvorräte (Waffen und Panzerung bei Kriegsschiffen), Passagiere, Besatzung, deren Ausrüstung etc. fordern, berechnet der Schiffbaumeister die Gesamtgröße des Schiffes. Die Schiffsform wurde bisher nach den Erfahrungen früher gebauter Schiffe für gleiche Zwecke bestimmt, z. B. nach den Norm andschen Formeln (s. d.), während man neuerdings mit bestem Erfolg durch Schleppmodellversuche (s. Hydrologische Versuchsanstalten) die beste Schiffsform für jede Art von Schiffen bestimmt.
Der Konstruktionsplan eines Schiffes besteht aus dem Aufriß (Längsschiffsplan), dem Sentenriß (Plan der Linien paralleler Horizontalflächen) und dem Spantenriß (Plan der vertikalen Spantenflächen). Die Deckspläne zeigen die Einrichtungen der verschiedenen Schiffsräume. Soll ein Holzschiff erbaut werden, so wird zunächst (Tafel I, Fig. 13) der »Kiel gestreckt«, der das Rückgrat des Schiffsgerippes bildet und aus längsschiffs zusammengefügten Balken von rechteckigem Querschnitt besteht. Man baut auf der Bauhelling über dem Kielstapel. An den Kiel schließt sich vorn der Vorsteven an, erst wenig, dann steiler ansteigend. Am Hinterende des Kiels steht senkrecht zu ihm der gerade Hintersteven. Schraubendampfer haben noch einen Rudersteven, der, ersterm ähnlich, in einem Abstand, der zur Anbringung der Schraube genügt, dahinter ebenfalls senkrecht von einer Verlängerung des Kiels aufsteigt. Die Spanten, die Rippen des Schiffes, sind rechtwinklig auf den Kiel ausgeholzt und bestehen jedes aus zwei Lagen gekrümmter Hölzer, jede Lage wieder aus mehreren Stücken, von denen das unterste, quer über den Kiel gelegte und mit ihm verbolzte Bodenwrange heißt; darauf folgen nach oben die Kimmstücke, zu oberst die Auflanger, sämtliche Teile untereinander durch eiserne Bolzen verbunden. Den vordern und hintern Teil des Schiffsgerippes bilden die Kantspanten, halbe Spanten, die je nach der Form des Schiffes einen mehr oder minder spitzen Winkel mit dem Kiel bilden. Das Heck (s. d.) des Schiffes wird durch die Heckstützen hergestellt, Krumm hölzer, deren untere Enden mit dem Hintersteven verbunden sind. Zur Befestigung der Schiffsplanken oberhalb des Oberdecks dienen die Relingstützen. Zur Verstärkung des Schiffes in der Längsrichtung liegt über dem Kiel auf den Bodenwrangen ein Balken, das Kielschwein. Durch letzteres, die Spanten und den Kiel gehen Bolzen, so daß das Ganze ein festes Gefüge erhält. Die Verstrebung der Seitenwände und den Querverband bilden die Deckbalken, die durch hölzerne oder eiserne Knie mit den Spanten verbunden werden. Sie gehen von Spant zu Spant quer über das Schiff und ruhen mit ihren Enden auf den Balkwegern, starken Balken, die von vorn bis hinten reichen, und von denen mehrere übereinander (Fig. 2 k) an der Innenseite der Spanten befestigt sind. Ganz ähnliche Hölzer sind die Wassergänge, nur liegen diese auf den Deckbalken und gegen die Spanthölzer gebolzt. Sind die bisher erwähnten Teile angebracht, so ist das Gerippe des Schiffes fertig und damit seine Form gegeben. Auf der Außen- und Innenseite der Spanten wird jetzt als Bekleidung eine Haut von Planken angebracht, die, von oben anfangend, außen die Namen: Farbegangs-, Bergholz- (Barkholz-), Kimmungs-, Boden- und Kielplanken, innen die Namen: Setzbord-, Bankwegerungs-, Kimmwegerungs- und Sandstrakplanken führen und am Heck Billen heißen. Diese stehen stumpf auf- und nebeneinander, werden durch Bolzen an den Spanten etc. befestigt und enden im Kiel, Vor- und Hintersteven, die für deren feste Lagerung mit einer Rinne (Sponung) versehen sind. Den Abschluß des innern Schiffsraumes nach oben bildet das Deck (s. d.), das aus den horizontalen Deckplanken besteht, die auf den Deckbalken, wie die Planken an den Spanten, angebracht sind. Die Außenhaut besteht zuweilen aus drei Plankenlagen, von denen die beiden innern sich kreuzend in einem Winkel von 45° gegen den Horizont geneigt sind. Die äußere (nicht immer[770] vorhandene) Plankenlage ist horizontal. Schiffe dieser Art nennt man diagonal gebaut. Sie haben vor Schiffen der gewöhnlichen Bauart den Vorteil größerer Leichtigkeit und Festigkeit, aber auch einige Nachteile. Um den Schiffskörper wasserdicht zu machen, werden sämtliche Nähte, d.h. die Fugen zwischen zwei Planken, abgedichtet, indem man mit Meißel und Hammer Werg hineinschlägt und sie schließlich mit Pech oder Harz füllt. Zum Schutz des Holzes wird das ganze Schiff mit Teer oder Öl gestrichen, der unter Wasser gelegene Teil zum Schutz vor dem Bewachsen mit Seepflanzen und Seetieren, welche die Geschwindigkeit verringern würden, und vor dem Bohrwurm mit einem Boden beschlag aus Kupfer-, Bronze- oder Zinkplatten (Kupferhaut etc.) benagelt. Kiel, Kielschwein, Spanten, Deckbalken, Außenhaut- und Wegerungsplanken werden meist aus Eichenholz, die Deckplanken aus Kiefernholz gefertigt. Statt des teuern Eichenholzes hat man in neuerer Zeit auch vielfach fremde Hölzer verwendet; so zu Kielstücken, Steven, Wegerungs- und Außenhautplanken Tiekholz, zu Deckbalken Mahagoniholz, zu Deckplanken amerikanische Nadelhölzer (Pitchpine, Yellowpine und Whitepine). Handelsschiffe erhalten häufig Kiele aus Buchenholz, das sich vermöge seiner großen Länge, Haltbarkeit im Seewasser und Billigkeit dazu eignet.
Beim Bau eiserner Schiffe (Fig. 46 der Tafel) wird als Grundlage ebenfalls der Kiel gelegt, der entweder ein voller Eisenbalken oder hohl und kastenförmig ist, oder aus mehreren nebeneinander stehenden Platten besteht. Neue Schiffe haben zuweilen gar keinen außen sichtbaren Kiel, dafür aber zwischen verstärkter Außenhaut und Innenhaut einen innern Kiel (Gegenkiel), der sich bei der Strandung derartiger Schiffe gut bewährt hat; ferner haben Eisenschiffe häufig Seiten- oder Rollkiele (s. Rollen) zur Verminderung der Schlingerbewegungen. Vorsteven, Hinter- und Rudersteven sind massiv, auf Panzerschiffen mit Rammbug oft mächtige Gußstahlstücke, der Hintersteven, bei Schraubenschiffen mit einer Anschwellung versehen, durch welche die Schraubenwelle geht, bildet mit dem Rudersteven einen Rahmen, der, wenn aus Gußstahl gefertigt, aus Einem Stück gegossen ist, sonst aber aus mehreren, gewöhnlich drei Stücken zusammengeschweißt wird. Die Spanten eines eisernen Schiffes werden aus L- oder Z-Eisen gebogen; sie erhalten oberhalb des Kiels Verstärkungen (Gegenspanten) aus eisernen Platten, welche die Bodenwrangen hölzern er Schiffe vertreten, weiter nach oben Verstärkungen aus Winkeleisen, so daß ein Querschnitt entsprechend der nebenstehenden Abbildung entsteht.
Das Kielschwein ist entweder eine einfache Vertikalplatte oder ein nach unten offener Kasten. Bei vielen Schiffen bestehen Kiel und Kielschwein zusammen aus einer bis 1 m hohen vertikalen Platte, an die unten eine Horizontalplatte und darauf die Außenhaut, oben die Innenhaut fest angenietet ist. Von beiden Seiten stoßen gegen diesen Kiel die quergerichteten Platten, welche die Spanten bilden. Die Außenhaut besteht aus Eisen- oder Stahlplatten, die neben- oder übereinander (Außengänge oder an- und abliegende Gänge) an den Spanten durch Nietung befestigt sind und nach außen eine glatte Fläche bilden. Große eiserne, namentlich Panzerschiffe erhalten außer der Außenhaut noch eine vollständige Beplattung an der Innenseite der Spanten; auch haben solche Schiffe zu ihrer Verstärkung in der Längsrichtung noch Seitenkielschweine oder Längsspanten, d.h. Plattreihen, die ungefähr dem Kiel parallel von vorn nach hinten laufen und vertikal zur Schiffswand stehen, so daß das oberste, der Panzerträger, horizontal liegt. Andere Längsverbandstücke sind die Stringerplatten (Kimmstringer, Seitenstringer). Durch die Beplattung an der Innen- und Außenseite der Spanten entsteht ein Hohlraum, der Doppelboden, der durch Kiel, Quer- und Längsspanten in viele einzelne Zellen geteilt wird. Nicht alle Spant- und Seitenkielschweinplatten sind voll, sondern, um an Gewicht zu sparen, durchbrochen; sofern sie das nicht sind, begrenzen sie eine wasserdichte Zelle. Auch das Innere des Schiffes ist mit eisernen Wänden, die von vorn nach hinten und von einer Schiffswand zur andern reichen (Längs- und Querschotte), in viele wasserdichte Abteilungen getrennt. Sie dienen zur Verstärkung des Verband es, hauptsächlich aber zur Sicherung des Schiffes bei Zusammenstößen, Strandungen. Beschädigungen der Schiffswände durch Rammstoß, Torpedos oder Seeminen. Zum Abdichten werden die Nähte nach dem Nieten nur verstemmt, sie werden durch den starken Farbanstrich gut wasserdicht. Schiffe, die zum Transport von Petroleum dienen, Tankschiffe, müssen ihre vielen Abteilungen ganz dicht haben, deshalb werden bei ihnen noch Flanellstreifen als Packung benutzt. Zum Schutz gegen Rost werden eiserne Schiffe mit Mennige- oder anderm Ölfarbenanstrich versehen; sie können aber nicht gekupfert werden, da sich zwischen Eisen, Kupfer und Seewasser ein galvanischer Strom bildet, der das Eisen in kürzester Zeit zerstört. Daraus entsteht der Nachteil, daß sich allerlei Seegewächse und Seetiere (Balaniden) an das Schiff ansetzen, und es ist bis jetzt nicht gelungen, einen vollwertigen Ersatz für das Kupfer zu finden, obgleich man seit Jahrzehnten Versuche mit allen möglichen, meist giftigen Substanzen, Arsen u. dgl. als dicker abblätternder Farbanstrich gemacht hat. Durch das Bewachsen mit Schichten von Schaltieren büßen die Schiffe an Geschwindigkeit bedeutend ein und müssen daher häufig abgekratzt und mit neuem Anstrich versehen werden. Man hat im Kriegsschiffbau versucht, die Vorteile eiserner und hölzerner Schiffe zu vereinigen, und aus diesen Bemühungen entstanden die Kompositschiffe oder Schiffe gemischten Systems, bei denen die Spanten immer, sehr häufig auch Kielschwein, Deckbalken und andre wichtige innere Teile, aus Eisen, die Außenhaut dagegen stets aus Holz bestehen, so daß man die Kupferplatten anbringen kann. Diese Schiffe haben sich aber nicht bewährt, da es schwierig war, die Bildung galvanischer Ströme zwischen Kupfer und Eisen zu verhüten.
Das Gewicht des Schiffskörpers beträgt bei hölzernen Schiffen 4057, bei eisernen 2046 Proz. vom Gesamtgewicht (Eigengewicht und Ladung, Bewaffnung); daraus ergibt sich, daß die Tragfähigkeit eiserner Schiffe erheblich größer ist als die der hölzernen. Über die Bestimmung der Tragfähigkeit (der Große) eines Schiffes s. Schiffsvermessung. Bei einem fertigen Schiff unterscheidet sich äußerlich der Rumpf und die Takelung. Vom Rumpf sieht man den über Wasser befindlichen Teil der Schiffswand; nach vorn begrenzt der steile oder vorn übergeneigte Vorsteven, nach hinten das Heck das Schiff. Ganz vorn, über dem Vorsteven und unter dem Bugspriet, befindet sich die Galjonsfigur; Heck und Bug sind nicht selten verziert. Der Rumpf ist meist schwarz. Die deutschen Kriegsschiffe sind grau gestrichen, um[771] sie aus der Ferne weniger sichtbar zu machen. Der weiße Anstrich ist für die Tropenfahrt bestimmt, da die Sonnenstrahlen weiße Schiffe weniger erhitzen als schwarze. Eine Vertikalebene durch den Kiel und beide Steven trennt das Schiff in eine Steuerbord- und Backbordseite; erstere liegt, wenn man von hinten nach vorn sieht, zur Rechten. Geht man »an Bord«, so gelangt man mittels des Fallreeps auf das Oberdeck (s. Deck). Es liegt ca. 1,5 m niedriger als die von außen sichtbare Oberkante der Bordwand, die Reling; beim Fallreep ist ein türartiger Einschnitt. Das Oberdeck ist auf Segelschiffen der Platz zur Bedienung der Takelung; um die Masten herum und auf der Innenseite der Reling sind dazu Poller und Nagelbänke angebracht mit Rollen und Pflöcken, über die zahlreiche Taue laufen, die zum Setzen oder Bergen der Segel notwendig sind. Auf Segelschiffen in der Kuhl, d.h. zwischen Groß- und Fockmast, stehen die großen Boote (s. Boot) in der Mitte auf dem Deck; die kleinern hängen an Kränen (Davits) zum sofortigen Gebrauch über die Schiffseite hinaus; große Passagierdampfer haben sämtliche Boote in Davits hängen. Der Vorderteil des Oberdecks, wenn überbaut, Back genannt, ist für die Mannschaft bestimmt, während der Teil hinter dem Großmast für den Kapitän und die Offiziere bleibt. Ist der hinterste Teil des Oberdecks noch überbaut, so heißt er Hütte oder Kampanje. Kauffahrteischiffe haben häufig ein oder mehrere Deckhäuser an Deck stehen, in denen die Besatzung wohnt. Das Deckhaus für die Mannschaft heißt Logis. Für den Kapitän und den Wachthabenden befindet sich über dem Oberdeck, hoch gelegen, die Kommandobrücke, die mit Dampfruder, Kompaß, Sprachrohren und Telegraphen nach der Maschine und andern Schiffsräumen versehen ist.
Das Oberdeck steht mit dem nächst tiefern Deck durch Luken in Verbindung; einige haben Treppen, andre Fenster, einige nur Deckel zum Schließen bei schlechtem Wetter; letztere dienen zum Hinunterschaffen der Ladung. Die Räume unter dem Oberdeck sind je nach Zweck und Größe der Schiffe sehr verschiedenartig ausgenutzt (vgl. Tafel »Dampfschiff II«, Schnelldampfer Deutschland, und Tafel »Panzerschiffe IV«, Linienschiff Zähringen). Wo das Oberdeck das einzige Deck ist, folgt unter ihm auf Handelsschiffen der Ladungsraum und auf Dampfern außerdem die Maschinen- und Kesselräume.
Den Abschluß des Innern eines Schiffes nach unten bilden die Aufbewahrungsräume sämtlicher Vorräte. Bei Dampfschiffen kommt dazu ungefähr in der Mitte der Maschinenraum und der Kesselraum. Die Kessel standen früher längs der Bordwand und bildeten zwischen sich den Heizraum. Die neuern Kessel stehen mittschiffs und werden von vorn und hinten bedient, so die Schiffsseiten mehr zur Aufnahme von Kohlen freigebend. Die Kohlenbunker nehmen auf Dampfern für große Fahrt viel Platz weg, den Segelschiffe zur Ladung verwerten können. Alle großen Schiffe haben in Verbindung mit der Maschine noch einen Frischwassererzeuger (Destillierapparat), um aus Seewasser trinkbares Wasser zu bereiten. Zu vielen Dienstverrichtungen haben die Schiffe außerdem kleine Dampfmaschinen zum Einnehmen und Löschen ihrer Ladung, zum Ascheheißen, zum Ankerwinden, zur Erzeugung des elektrischen Lichtes, des Betriebes der Kühlkammern; ferner ein Dampfruder, eine Dampfsteuerung, d.h. zur Handhabung der eigentlichen Schiffsmaschine wieder eine eigne kleine Maschine. Kriegsschiffe haben Maschinen zum Drehen ihrer Türme, zum Heißen der Munition, zum Ein- und Aussetzen der Boote u. dgl.
Von der Form des Schiffes, soweit es unter Wasser ist, sodann auch von der Stauung, der Stellung und Größe der Takelung sind sein Auftrieb, der dem Deplacement (s. d.) entspricht, ferner die Seeeigenschaften, die Geschwindigkeit und die Steuerfähigkeit abhängig. Bei Segelschiffen ist dafür die Anbringung der Takelung, bei Dampfschiffen der Propeller, die Form des Steuers, der Ruderwinkel von hervorragendem Einfluß. Über die verschiedenen Formen des Dampfschiffbaues vgl. Dampfschiff, S. 462 und 463, Fig. 17. Einen der größten Passagier- und Frachtdampfer zeigt Tafel II, Fig. 1; verschiedene Formen von Erzdampfern, die nur zur Ladung von Erzen bestimmt sind, Fig. 3 u. 4; eine der größten Dampfjachten (Privatfahrzeug) Fig. 2; einen Eisbrecher mit flachem Bug zum Zerdrücken der Eisdecke Fig. 5; zur Hilfeleistung bei der Schiffhebung (s. d.) bestimmt sind das Hebefahrzeug Fig. 6 sowie der mit starken Pumpen versehene Bergungsdampfer Fig. 7 der Tafel II.
Der Kriegsschiffbau hat im letzten Jahrzehnt in allen Seestaaten stark zugenommen. Im allgemeinen geht das Bestreben dahin, namentlich große Schlachtschiffe (Linienschiffe) zu bauen. Nebenher geht der Bau von großen Panzerkreuzern und schnellen, geschützten Kreuzern für den Aufklärungsdienst bei den Schlachtflotten und für den Auslandsdienst. Alle modernen Kriegsschiffe werden aus Stahl gebaut, erhalten auch zur Verminderung der Feuersgefahr in ihrer innern Ausstattung sowenig wie möglich Holzteile; Treppen, Türen, Kammerwände, Decks werden aus Stahl hergestellt und mit imprägnierten, nicht brennbaren Stoffen bekleidet. Über Torpedofahrzeuge s. d. Vgl. auch die Tafeln »Kreuzer« und »Panzerschiffe I V«.
Der Handelsschiffbau hat ebenfalls in fast allen Seehandelsstaaten im letzten Jahrzehnt bedeutend zugenommen. Überraschend ist die Zunahme im Bau großer Passagier- und Frachtdampfer; man kommt mehr und mehr zu der Einsicht, daß der Großbetrieb, also die Benutzung sehr großer Schiffe, geringere Betriebskosten macht, also rentabler ist, als die Reederei mit kleinern Schiffen. Während aber der Dampferbau allgemein außerordentlich zugenommen hat, ruht der Bau von großen Segelschiffen fast ganz; sogar die bewährten großen Vier- und Fünfmaster für überseeische lange Reisen werden fast gar nicht mehr neugebaut. Verbesserungen in der Dampfmaschinentechnik, insbes. die gründliche Ausnutzung der Expansion des Dampfes, haben den Dampfbetrieb so billig gemacht, daß er sogar auf weiten Entfernungen erfolgreich mit den Segelschiffen konkurrieren kann, weil die Leistungsfähigkeit der Dampfer infolge schnellerer Reisen und schnellerer Abfertigung in den Seehäfen beim Laden und Löschen (Entladen) mindestens die dreifache eines Seglers gleicher Tragfähigkeit ist. In der Küstenschiffahrt, die bisher für kleine Segelfahrzeuge noch lohnend war, werden mehr und mehr Segler mit Hilfsmaschinen benutzt, die ähnliche Vorteile infolge schnellerer Reisen und schnellerer Abfertigung gewähren; auch die Ausdehnung des Schleppschifffahrtsbetriebes auf größere Entfernungen (z. B. von Deutschland nach England) schmälert den Verdienst der alten kleinen Küstensegelfahrzeuge. Der Dampferbau ist dadurch begünstigt worden, daß er sich harmonisch in allen Einzelheiten entwickeln konnte; technische Umwälzungen eingreifender Natur sind in den[772] letzten Fahren nicht zu verzeichnen. In neuester Zeit treten die Dampfturbinen in erfolgreichen Wettbewerb mit den Dampfmaschinen, sind aber auf großen Dampfern bisher nur in England eingeführt. Weiteres in den Artikeln »Seeschiffahrt, Schiff, Panzerschiff, Dampfschiff, Marine«. Vgl. »Leitfaden für den Unterricht im S.«, herausgegeben von der Inspektion des Bildungswesens der Marine (Berl. 1902, 2 Bde.); Dick und Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft (3. Aufl., das. 1902, 2 Bde.); Bauer, Berechnung und Konstruktion von Schiffsmaschinen (2. Aufl. Münch. 1904); Middendorf, Bemastung und Takelung der Schiffe (das. 1903); Walton, Know your own ship (9. Aufl., Lond. 1906; deutsch von Fesenfeld, Oldenb. 1903); Peabody, Naval architecture (New Bork 1904); Steinhaus, Der Eisenschiffbau (2. Aufl., Hamb. 1870) und Abhandlungen aus dem Gebiete des gesamten Schiffbauwesens (2 Bde., das. 1888 u. 1899); Schlick, Handbuch für den Eisenschiffbau (2. Aufl., Leipz. 1902, mit Atlas); Klepsch, Der Flußschiffbau (2. Aufl., Weim. 1893); White, Manual of naval architecture (5. Aufl., Lond. 1900); Bohnstedt, Praktischer S. (Hann. 1907); Schwarz und v. Halle, Die Schiffbauindustrie in Deutschland und im Auslande (Berl. 1902, 2 Bde.); Lehmann-Felskowski, Der deutsche S. 19001906 (das. 190k); »Fahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft« (das., seit 1900).
(Hierzu Tafel »Schiffsfahrzeuge der Naturvölker I und II«.)
Die Kunst, durch Schwimmkörper Menschen und Güter über Wasserflächen zu befördern, ist besonders entwickelt bei Strand- und Inselbewohnern und am glänzendsten bei den meisten Angehörigen des malaio-polynesischen Zweiges der Menschheit.
Floßartige Fahrzeuge sind Schwimmkörper, die dem Menschen das Schwimmen erleichtern, wie die Baumwurzeln (Tafel I, Fig. 1, Neuguinea). Mehrere solcher Schwimmkörper bilden das Floß. In der Regel bindet man Baumstämme (Katamarans, Tafel I, Fig. 2), Bambusstangen oder Rippen von Palmblättern zusammen. Ziemlich verbreitet sind auch aus Binsen hergestellte Flöße, sie finden sich auf dem obern Nil (Tafel I, Fig. 3) und an der Küste von Benguela. Aus aufgeblasenen Tierhäuten fertigen die Kulturvölker des Orients Flöße.
Der Stammvater fast aller Arten hölzerner Schiffe ist der Einbaum, d.h. der ausgehöhlte Stamm eines starken Baumes, ein schmales, langgestrecktes, trogartiges Fahrzeug von plumpen Umrissen und geringer Standfestigkeit, da es keinen Kiel besitzt. Sollen die Seitenwände höher werden, so fügt man Längsbretter an. die an beiden Enden zusammengebogen und aneinandergefügt werden; so entstehen zusammengesetzte Schiffe, deren Boden der alte Einbaum ist (Tafel I, Fig. 4). Um das Fahrzeug stabiler zu machen, wird es aus sich gabelnden Bäumen mit doppeltem Hinter ende hergestellt; oder man legt zwei Boote nebeneinander und verbindet sie durch Querbretter, so daß ein Kentern unmöglich wird. Derartige Doppelboote (Tafel II, Fig. 8) scheinen im Gebiete der malaiopolynesischen Rasse sehr beliebt gewesen zu sein, finden sich aber auch in Westafrika. Die Malaio-Polynesier verwenden zu weiten Seefahrten den Ausleger (Auslieger, Tafel II, Fig. 9 u. 10, Tafel I, Fig. 11), einen langen, dünnen Baumstamm, der parallel mit dem Einbaum im Wasser schwimmt und durch Querhölzer mit ihm verbunden ist. Es gibt Boote mit doppeltem und solche mit nur einem Ausleger; letztere sind von Madagaskar und Ceylon bis nach den östlichen polynesischen Inseln verbreitet. Bei den einfachsten Formen des Doppelbootes wie des Schiffes mit Ausleger ist der Einbaum der Aufenthaltsort der Fahrenden und der mitgeführten Güter. Meist aber erhebt sich über den Einbäumen und dem Ausleger, die fast nur noch als Schwimmkörper dienen, auf den Querhölzern eine Plattform, die manchmal kleine Hütten trägt. Bei Einbäumen dienen Schiffsschnäbel als Schutz gegen Seegang. Diese Schnäbel sind oft das obere Ende des Stammes, doch kommen auch große, schön geschnitzte Schiffsschnäbel vor, die erst an das Fahrzeug angesetzt werden. Zuweilen, wie in Neuseeland, ist auch das hintere Ende des Bootes in dieser Weise geschmückt (Tafel I, Fig. 5). Die Schnitzereien stellen gern Ahnenbilder oder totemistische Tiergestalten dar und sollen zugleich dem Fahrzeug einen magischen Schutz gewähren.
Rindenboote werden zum Teil aus einem einzigen rechteckigen Rindenstück hergestellt, so bei brasilischen Waldstämmen und manchen Australiern. Die aus Birkenrinde gefertigten Boote der nordamerikanischen Indianer (Tafel II, Fig. 6) sind dagegen meist aus mehreren Stücken kunstvoll zusammengenäht und durch ein Stangengerippe versteift.
Fellboote, die bei den amerikanischen und asiatischen Polarvölkern verbreitet sind, mögen eine Nachahmung des Rindenbootes sein. Die Eskimo besitzen offene Fellboote (Umiak, Weiberboot) und geschlossene (Kajak, Männerboot, Tafel I, Fig. 7). Der Umiak besitzt ein aus Treibholz zusammengesetztes Gerippe mit Holzkiel und einem Überzug von zusammengenähten Fellen, besonders Robbenfellen, deren sechs für ein Weiberboot von mittlerer Größe genügen. Der Kajak ist den Bedingungen des Polarmeeres und den Gefahren der Wasserjagd vorzüglich angepaßt. Das langgestreckte schmale Boot besitzt ein hölzernes Gerippe und ist von zusammengenähten Fellen umschlossen bis auf eine runde Öffnung, die vom Körper des Fahrenden vollständig ausgefüllt wird. Die meisten Kajaks sind nur für eine Person berechnet, ausnahmsweise gibt es auch solche mit zwei oder drei Sitzlöchern. Als Bewegungsmittel der Schiffe dienen in seichten Gewässern lange Stangen, mit denen man gegen den Boden stößt und schiebt. Viel wichtiger ist das Ruder, das als kurzes, viel seltener als langes, bei den Eskimo aber als Doppelruder im Kajak benutzt wird. Die Kunst des Segelns haben unter den Naturvölkern fast nur die Malaio-Polynesier höher entwickelt. Auch in seiner einfachsten Form setzt das Segel einen senkrechten Stab (den Mast) voraus, an den es befestigt wird, und Querstangen (Rahen), die das Ausspannen des Segeltuches bewirken; nur ganz ausnahmsweise erscheinen zwei Masten, zwischen denen das Segel ausgespannt wird. Am primitivsten ist das ostpolynesische Segel, von dreieckiger Form, das mit einer Längsseite am Mast befestigt ist, mit der andern an einer Rahe, die unten den Mast berührt. Im größten Teile Mikronesiens ist dagegen das dreieckige Segel nicht am Maste selbst befestigt, sondern an zwei Rahen, ist also bedeutend beweglicher und kann gerefft werden. Im Malaiischen Archipel und Ostasien findet sich endlich das viereckige Segel mit zwei Rahen, und hier treten denn auch schon Schiffe mit mehreren Masten auf. Die Segel selbst werden dort, wo die Weberei unbekannt ist, meist aus Flechtwerk hergestellt; Ledersegel sind im ganzen selten (Tafel II, Fig. 12).
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