Polieren

[97] Polieren (lat.), Gegenständen aus Metall, Holz, Horn, Knochen, Elfenbein, Stein etc. Glanz (Politur) erteilen. Da es sich hierbei um Beseitigung der Oberflächenrauhigkeiten handelt, so ergeben sich zwei Methoden zur Erzeugung des Glanzes: 1) Wegnehmen sämtlicher Erhöhungen bis auf den Grund der Vertiefungen, 2) Ausfüllen der letztern. Die erste, bei allen dichten Materialien (Metall, Glas, Granit, Marmor etc.) anwendbare Methode besteht in einem fortgesetzten Schleifen mit immer feinern Schleifmitteln (Glanzschleifen). Man beginnt mit dem Schleifen auf Schleifsteinen, Schmirgelscheiben oder mit Schleifpulvern (Schmirgel, Sand, Feuerstein, Bimsstein, Glas) und vollendet mit ganz seinen Pulvern (Polierpulvern). Als solche dienen: Polierrot, Wiener Kalk, Zinnasche, Tripel, Knochenasche, englische Erde, geglühte Tonerde (Diamantin), Graphit, Kienruß, Magnesia etc. Die pulverförmigen Schleifmittel werden, mit Wasser, Öl, Spiritus befeuchtet, über die Flächen unter entsprechendem Druck hin und her bewegt. Zum Andrücken benutzt man mit Kork, Leder oder Tuch überzogene Hölzer (Polierhölzer), glatt geschliffene alte Feilen (Polierfeilen), Schleifpapier oder Schleifleinen. Horn, Knochen etc. poliert man mit Putzkalk, Kreide und Seife. Zum Polieren kleiner Gegenstände (Stahlfedern, kleiner Metallketten, Haken, Öfen u. dgl.) bedient man sich rotierender Trommeln, in denen sie sich mit Polierpulvern gegenseitig abschleifen (Poliertonnen). Flintenschrot wird in Poliertrommeln mit Graphit poliert. Poliermaschinen besitzen durch einen Mechanismus in Drehung versetzte, mit Polierpulver versehene Scheiben, an die der zu polierende Gegenstand gehalten wird. – Bei der zweiten Poliermethode wird die Glätte durch Niederdrücken der kleinen Erhöhungen oder Ausfüllen der Vertiefungen mit gewissen Substanzen hervorgebracht. Im ersten Falle, der nur bei Metallen vorkommen kann, wendet man Werkzeuge aus hartem Stahl (Polierstahl), Blutstein, Feuerstein, Achat, Jaspis an, die, trocken oder mit Seifenwasser, Olein, Bier, Essig befeuchtet, unter starkem Druck über das Arbeitsstück hin und her geführt werden. Bürsten aus Draht oder Glasfäden dienen zum P. solcher Gegenstände, die keinen starken Druck aushalten können (Gold- und Silberschmucksachen) und zum P. verzierter Flächen. Im zweiten Falle, der hauptsächlich bei Holz angewendet wird, bedient man sich gewisser Harzlösungen (Politur), mit denen man die Poren füllt und die Oberfläche so überzieht, daß eine ununterbrochene glänzende Fläche entsteht. Die hauptsächlich angewendete Schellackpolitur ist ein weingeistiger Schellackfirnis, der auf das Holz aufgerieben wird. Hierbei erfordern die hellen Hölzer, z. B. Ahornholz, gebleichten Schellack; zu dunkeln Hölzern wird aber der Firnis bisweilen noch gefärbt. Zum P. gießt man den Firnis auf einen mehrfach zusammengelegten wollenen Lappen, schlägt seine, reine, weiche Leinwand herum, benetzt diese mit einigen Tropfen Leinöl und fährt nun mit dem elastischen Ballen in geraden oder kreisförmigen Zügen über die sein geschliffene Holzfläche so lange hin und her unter Ersatz der verbrauchten Politur, bis die Harzschicht auf dem Holz genügende Stärke erhält. War beim Schleifen viel Öl in das Holz gekommen, so schlägt dies nach dem P. aus und macht erneutes P. notwendig. Man kann das ausgeschlagene Öl aber auch durch Abreiben mit Benzin entfernen. Poliermaschinen für Linsen s. Linse, S. 585. Vgl. Siddons, Ratgeber in der Kunst des Schleifens, Polierens und Färbens der Metalle (5. Aufl., Weim. 1897); Wahlburg, Die Schleif-, Polier- und Putzmittel (2. Aufl., Wien 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 97.
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