Graphīt

[237] Graphīt (v. griech. graphein, schreiben; Reißblei, Ofenfarbe, Plumbago), Mineral, kristallisiert hexagonal-rhomboedrisch in dünnen Tafeln oder kurzen Säulen, findet sich aber meist derb in blätterigen, strahligen, schuppigen bis dichten Aggregaten, auch eingesprengt und als Gemengteil mancher Gesteine, ist eisenschwarz, metallglänzend, völlig undurchsichtig, in dünnen Blättchen biegsam, fühlt sich fettig an, färbt stark ab und gibt auf Papier einen grauen Strich. Der G. hat 2,1–2,3 spez. Gew., 0,5–1 Härte, leitet Elektrizität sehr gut, Wärme besser als Diamant, ist unlöslich in allen gewöhnlichen Lösungsmitteln, unschmelzbar, nicht flüchtig. Er besteht, wie der Diamant, nur aus Kohlenstoff, ist aber meist mit anorganischen Stoffen verunreinigt. Er verbrennt schwerer als Diamant, unter Hinterlassung von mehr oder weniger Asche, die aus Kieselsäure, Tonerde, Kalk, Magnesia, Mangan-, Eisenoxyd etc. besteht. Mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure behandelt, oxydiert er zu Kohlensäure, mit chlorsaurem Kali und Salpetersäure gibt er Graphitoxyd, Graphitsäure und Mellitsäure. G. bildet mit andern Mineralien, zumal mit Quarz zusammen, den Graphitschiefer, der sich vielfach als Einlagerung in Glimmerschiefer, Gneis und Phyllit findet, und kommt auch ab und zu in reinen Nestern in diesen Gesteinen vor, so bei Passau (Bayern), in Böhmen, Salzburg, Tirol, auch in Neubraunschweig, Kanada und besonders in Sibirien (Distrikt Semipalatinsk, an der untern Tunguska, auch im Tunkinsker Gebirge) und in der Provinz Turin in den Kottischen Alpen (jährliche Produktion im Bezirk Pinerolo jetzt etwa 12,000 Ton.); ferner kommt er eingesprengt vor im Kalkstein von Wunsiedel, Pargas in Finnland und in sehr reinen Massen gangförmig im Granulit und Gneis auf Ceylon, im Gneis von Passau und im Porphyr von Borrowdale bei Keswick in Cumberland. Auch im Meteoreisen ist G. nachgewiesen; künstlich entsteht er beim Eisenhüttenprozeß als Ausscheidung aus dem Roheisen. Eine bergmännische Gewinnung von G. fand früher in Cumberland statt; der G. von hier bildete das erste und lange Zeit vorzüglichste Material für die Bleistiftfabrikation. Gegenwärtig ist das Lager so gut wie erschöpft und wird nun G. hauptsächlich in Ceylon (seit 1827) und in Ostsibirien (seit 1847), besonders auf den Alibertschen Gruben im Felsengebirge Batougol, 400 Werft westlich von Irkutsk, wo er sich in sehr bedeutender Menge und von vorzüglicher Beschaffenheit findet, gewonnen. In Europa liefern Böhmen, Mähren und die Gegend von Passau den meisten G. Den G. von dichtem Gefüge, wie er bei Passau, Wunsiedel und in Sibirien vorkommt, hat man, weil er sich chemisch anscheinend etwas anders verhält als der deutlich blätterige G. von Ceylon und New York, auch wohl mit dem Namen Graphitit belegt; indessen ist das abweichende Verhalten lediglich durch die abweichende Struktur veranlaßt. Vgl. Weinschenk, Zur Kenntnis der Graphitlagerstätten (Münch. 1897) und Der G. (Hamb. 1898). – Man reinigt natürlichen G. durch Schmelzen mit Kalihydrat, [237] Auslaugen und Digerieren mit Salzsäure oder durch Erhitzen mit chlorsaurem Kali und Schwefelsäure, zuletzt unter Zusatz von Fluornatrium, Auswaschen, Trocknen und Glühen, wobei er stark aufschwillt. G. entsteht beim Ausbringen des Eisens, indem sich Kohlenstoff im geschmolzenen Eisen löst und sich beim Erstarren desselben teilweise als G. wieder abscheidet (vgl. Garschaum und Eisen, S. 480). So findet er sich im grauen Roheisen und bleibt beim Losen desselben in Salzsäure ungelöst zurück (Hochofengraphit). G. entsteht ferner bei Zersetzung gewisser Cyanverbindungen. Dergleichen finden sich in der Rohlauge bei Bereitung von Ätznatron, und wenn man diese verdampft und den Rückstand bei sehr hoher Temperatur mit Salpeter behandelt, so scheidet sich der Kohlenstoff des Cyans als G. ab. – G. dient zu Bleistiften und wegen seiner Unschmelzbarkeit zu Schmelztiegeln (Passauer Tiegel), Muffeln, Windröhren, Sandbadschalen, feuerfesten Ziegeln, Ofenplatten etc., ferner, da er die Elektrizität gut leitet, zum Überziehen der Formen in der Galvanoplastik. Fein gerieben, dient G. zum Putzen und Polieren von Kupfer und andern Metallen; als dauerhafte Anstrichfarbe mit Öl auf Holz und Stein, mit Wasser auf Tonwaren, um diesen das Ansehen des Gußeisens zu geben, wobei der ausgetrocknete G. mit einem wollenen Tuch eingerieben und geglänzt wird; zum Bronzieren von Gipswaren, zum Einreiben auf Gußeisen (besonders auf Ofen), um dies vor Rost zu schützen und ihm eine glänzende Oberfläche zu geben; zum Polieren des Schießpulvers, zu Elektroden, als Schmiermittel (trocken und mit Fett), als Zementierpulver beim Adoucieren von Gußeisen und im chemischen Laboratorium als Heizmaterial zur Erzeugung sehr hoher Temperaturen. Vgl. Donath, Der G. (Berl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 237-238.
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