Schaumburg [1]

[709] Schaumburg, 1) (eigentlich Schauenburg) vormalige deutsche Grafschaft im westfälischen Kreis, an der Weser, zwischen dem hannoverschen Fürstentum Kalenberg, der Grafschaft Lippe und dem Fürstentum Minden, benannt nach der Burg Schauenburg zwischen Rinteln und Oldendorf, deren Erbauer Adolf I., bisher von Santersleben genannt, um 1030 von König Konrad II. mit dem umliegenden Landstrich belehnt wurde. Sein Enkel Adolf III. (I.) erhielt 1106 von Kaiser Lothar die Grafschaft Holstein (s. d., S. 484). S. blieb mit Holstein vereinigt, bis 1290 Adolf VII., Gerhards I. von Holstein-Rendsburg Sohn, die Nebenlinie S. begründete, der jedoch in Holstein die Grafschaft Pinneberg verblieb. Nach dem Aussterben der Holsteiner Hauptlinie 1459 konnte Otto II. seine Ansprüche auf Holstein gegen Dänemark nicht durchsetzen und begnügte sich mit einer Geldentschädigung. Otto IV., von 1531–37 Bischof von Hildesheim, gab das Stift auf und übernahm 1544 die Verwaltung der Grafschaft, in der er 1558 die Reformation einführte. Nachdem das Geschlecht mit Ernst III. von Kaiser Ferdinand II. 1619 in den Reichsfürstenstand erhoben worden, erlosch es 1640 mit Otto VII. von S.-Gehmen, worauf dessen Mutter Elisabeth, Gemahlin des Grafen Georg Hermann, Tochter des Grafen Simon von der Lippe, ihren Bruder, den Grafen Philipp von der Lippe, 1643 zum Erben bestimmte. Ein Teil der schaumburgischen Besitzungen, die Grafschaft Pinneberg, wurde von Dänemark eingezogen; das spätere hannoversche Amt Lauenau und ein Teil von Hameln aber fielen kraft eines Vertrags von 1595 an Braunschweig-Lüneburg. Zugleich erhoben die Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel und das Bistum Minden Ansprüche; im Westfälischen Frieden kam es zu einem Vergleich, durch den Philipp die Ämter Stadthagen, Bückeburg, Arensburg und Hagenburg nebst einem Teil des Amtes Sachsenhagen, die jetzt das Fürstentum Schaumburg-Lippe bilden, der Landgraf von Hessen-Kassel aber die Ämter Schaumburg, Rodenberg und den übrigen Teil von Sachsenhagen erhielt. Der kurhessische Anteil der Grafschaft S., der jetzt zur preußischen Provinz Hessen-Nassau gehörige Kreis Grafschaft Schaumburg (s. Karte »Hessen-Nassau«, Nebenkärtchen), liegt zwischen Hannover, Lippe, S.-Lippe und der preußischen Provinz Westfalen und hat einen Flächenraum von 449 qkm (8,2 QM.) mit (1905) 47,189 meist prot. Einwohnern. Vgl. Piderit, Geschichte der Grafschaft S. (Rinteln 1831); Freudenstein, Geschichte des Waldeigentums in der vormaligen Grafschaft S. (Hannov. 1879).

2) Standesherrschaft des ehemaligen Herzogtums Nassau, etwa 70 qkm groß, früher reichsunmittelbar, aber nicht reichsständisch, gehörte dem Hause Limburg, kam 1279 an das Haus Westerburg, ward 1656 von der Gräfin von Holzappel (s. d.) durch Kauf erworben und auf ihre Tochter Elisabeth, die Gemahlin des Fürsten Adolf von Nassau-Dillenburg, vererbt. Nachdem diese Linie Nassau-S. schon 1707 erloschen war, ging die Grafschaft S. nebst der Grafschaft Holzappel mit der Erbtochter Charlotte an deren Gemahl, den Fürsten Leberecht von Anhalt-Bernburg, über. So entstand die Nebenlinie Anhalt-Bernburg-Hoym-S. die am 24. Dez. 1812 mit dem Fürsten Friedrich Ludwig Adolf (der schon 1811 resigniert hatte) im Mannesstamm erlosch, worauf die anhaltischen Güter an Anhalt-Bernburg zurückfielen, die Grafschaften S. und Holzappel aber durch die älteste Tochter des Fürsten ihrem Gemahl, dem Erzherzog Joseph von Österreich, Palatin von Ungarn (gest. 1847), zugebracht und auf ihren Sohn, den Erzherzog Stephan. vererbt wurden, der davon den Titel Fürst von S. annahm und 1850 das Schloß S. auf einem Berg im SW. von Diez erbaute. Nach dessen Tod (1867) fielen beide Grafschaften an den Prinzen Georg Ludwig von Oldenburg, der ein Enkel einer jüngern Tochter des Fürsten Friedrich Ludwig Adolf war. Doch strengte der Fürst von Waldeck dagegen einen Prozeß an, der 1887 zu seinen Gunsten entschieden wurde.

3) Grafschaft im Erzherzogtum Österreich ob der Enns, früher reichsunmittelbar, seit 1548 definitiv österreichischer Lehnsbesitz, gehörte bis 1559 einem besondern Grafengeschlecht. Anna, die Schwester des letzten Grafen von S., Wolfgang, rettete einen Teil derselben (Efferding, Mistelbach etc.) ihrem Gatten Erasmus von Starhemberg. Die Stammburg S. an der Donau oberhalb Efferding liegt jetzt in Trümmern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 709.
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