Weser

[550] Weser (lat. Bisurgis, Visurgis, althochd. Wisera, Wisura), einer der Hauptflüsse Deutschlands, entsteht durch die Vereinigung der Werra (s. d.) mit der Fulda (s. d.) bei Münden. Auf ihrem weitern Laufe, der eine vorherrschend nördliche und nordnordwestliche Richtung hat, bildet die W. zuerst die Grenze zwischen den preußischen Provinzen Hessen-Nassau und Hannover, tritt auf eine kurze Strecke in die Provinz Hessen-Nassau über, um dann nochmals (in der Gegend von Karlshafen) beide Provinzen zu scheiden, trennt darauf die preußische Provinz Westfalen vom braunschweigischen Gebiete, durchfließt letzteres eine Strecke weit, geht sodann wieder durch die Provinz Hannover, dann durch den zu Hessen-Nassau gehörigen Kreis Grafschaft Schaumburg, scheidet darauf eine kurze Strecke das Fürstentum Lippe von der preußischen Provinz Westfalen, tritt oberhalb Vlotho in diese Provinz ein und fließt hier bei Hausberge, Minden, Petershagen und Schlüsselburg vorüber. Unterhalb des letztern Ortes tritt sie wieder in die Provinz Hannover über, passiert Nienburg und Hoya, durchströmt die Stadt Bremen und deren Gebiet und bildet dann bis zu ihrer Mündung in die Nordsee unterhalb Bremerhaven, 88 km unterhalb Bremen, die Grenze zwischen dem Großherzogtum Oldenburg und der Provinz Hannover (s. Karte »Oldenburg«). Ihre wichtigsten Nebenflüsse sind rechts: die Hamel, die Aller mit Oker und Leine, die Wümme (Lesum), Drepte, Lune und Geeste; links: die Diemel, Bever, Nethe, Emmer, Lippesche Werre, Aue, Delme und Hunte. Die Entfernung der Mündung des Stromes von seiner Bildung bei Münden beträgt mit allen Krümmungen 451 km und, wenn man die Werra als Quellfluß betrachtet, im ganzen 720 km. Das gesamte Stromgebiet der W. wird zu 47,960 qkm (872 QM.) berechnet. Bei Münden ist sie 94, bei Minden 180, beim Freihafen in Bremen 130 m, bei Bremerhaven 1200 m und an der Mündung 12 km breit; ihre Tiefe beträgt bei niederm Wasserstand zwischen Münden und Hameln nur 0,8, unterhalb Bremen 2–6, von Bremerhaven abwärts 7 m. Der Wasserspiegel liegt bei Münden 120. bei Minden 40, an der Allermündung 10 und bei Bremen 5 m ü. M. Die W. ist eine wichtige Wasserstraße, doch ist sie in ihrem obern und mittlern Lauf wegen Versandung im Sommer oft monatelang nicht zu befahren. Neuerdings ist für Hebung der Schiffahrt viel geschehen, doch findet ein nennenswerter Verkehr von Personenschiffen nur auf der Unterweser statt. Der bereits im 18. Jahrh. angelegte Kanal zur Verbindung der Hamme mit der Oste bei Bremervörde ist seit 1830 wieder schiffbar gemacht, und 1852 ist im Lande Hadeln ein Entwässerungs- und Schiffahrtskanal zur Verbindung der Weser- und Elbmündung hergestellt worden, der über Bederkesa führt, bis hierher Geestekanal heißt und von da ab als Hadeler Kanal bei Otterndorf die Elbe erreicht. Auf der linken Seite der W. ist ein Kanal zwischen der Hunte und Leda (Ems) angelegt. Eine weitere Verbindung mit andern Flußgebieten steht durch den Bau des Kanals vom Dortmund-Emskanal bis Hannover (Rhein-Hannoverkanal, s. Mittellandkanal) in Aussicht, der die W. bei Minden überschreiten wird. Die Weserschiffahrt hat von jeher durch das Stapelrecht mehrerer Städte, durch das Einlegerecht, durch die Bevorzugung der Mündener Schiffer, durch die große Zahl der Weserzölle etc. wesentlich gelitten. Diese Hindernisse, schon früher zum Teil beseitigt, schwanden gänzlich, als 1866 Kurhessen und Hannover an Preußen kamen. Von besonderer Wichtigkeit war auch der 1888 erfolgte Zollanschluß Bremens und der damit im Zusammenhang stehende Neubau großer Hafenanlagen. Bedeutungsvoll war die Korrektion der Unterweser von Bremen bis Bremerhaven und der Außenweser unterhalb Bremerhaven, die durch den Oberbaudirektor Franzius mit einem Kostenanschlag von 33 Mill. Mk. 1887–94 ausgeführt wurde. Während das Fahrwasser der Unterweser vor 1894 nur eine Tiefe von 2,5 m hatte, ist dasselbe jetzt auf eine Tiefe von 5,4 m gebracht worden, so daß große Seeschiffe nunmehr bis Bremen kommen und dort löschen können. Auf der Oberweser kamen in Bremen 1906 an zu Tal: 1988 beladene Schiffe mit 299,000 Ton. Ladung; es gingen ab zu Berg: 1339 Schiffe mit 194,000 T. Ladung. In Minden kamen an zu Berg 1905: 859 beladene Schiffe mit 84,400 T. Ladung; es gingen ab zu Tal: 154 Schiffe mit 8100 T. Ladung. Der Weserhandel beschäftigt sich vornehmlich mit Düngmitteln, Farbholz, Zement, Traß, Kalk, Erde etc., Getreide, Hülsenfrüchten, Glas und Glaswaren, Häuten, Fellen, Leder etc., Holz, Schnittwaren, Wein, Mühlenfabrikaten, Reis, Kolonialwaren, Öl, Fett, Petroleum, Steinen, Steinkohlen etc. Die wichtigste Handelsstadt an der W. ist Bremen. Vgl. »Führer auf den deutschen Schiffahrtsstraßen«, 2. Teil: Ems-Wesergebiet (3. Aufl., Berl. 1907); »Die Stromgebiete des Deutschen Reichs« (Statistik des Deutschen Reichs, Bd. 179), 2. Teil b (neue Ausg., das. 1907); Keller, W. und Ems, ihre Stromgebiete etc. (das. 1902, 4 Bde., dazu Tabellenband und Atlas); Kohl, Nordwestdeutsche Skizzen (Brem. 1864, 2 Tle.); Franzius und Bücking, Die Korrektion der Unterweser (Leipz. 1895, mit Atlas).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 550.
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