Steinheil

[902] Steinheil, 1) Karl August, Physiker, geb. 12. Okt. 1801 zu Rappoltsweiler im Elsaß, gest. 12. Sept. 1870 in München, studierte seit 1821 in Erlangen die Rechte, seit 1822 in Göttingen und Königsberg Astronomie, lebte seit 1825 auf dem väterlichen Gut zu Perlachseck, mit astronomischen und physikalischen Arbeiten beschäftigt, und ward 1832 Professor der Physik und Mathematik und Konservator der mathematisch-physikalischen Sammlungen an der Universität München. 1846 ward er von der neapolitanischen Regierung zur Regulierung des Maß- und Gewichtssystems berufen. 1849 trat er als Vorstand des Departements für Telegraphie im Handelsministerium in österreichische Dienste, richtete ein fast vollständiges Telegraphensystem für alle Kronländer ein und beteiligte sich 1850 auch an der Gründung des Deutsch-Österreichischen Telegraphenvereins. 1851 folgte er einem Ruf der Schweizer Regierung zur Einrichtung des Telegraphenwesens in diesem Lande, und 1852 kehrte er als Konservator der mathematisch-physikalischen Sammlungen und als Ministerialrat im Handelsministerium nach München zurück; 1854 gründete er daselbst eine optisch-astronomische Anstalt, aus der ausgezeichnete Instrumente hervorgingen. S. gilt als der wissenschaftliche Begründer der elektromagnetischen Telegraphie, er konstruierte 1836 den ersten Drucktelegraphen, der indes keinen Eingang in die Praxis fand, baute 1837 die erste Leitung zwischen der Akademie in München und der Sternwarte in Bogenhausen, entdeckte 1838 die Möglichkeit der Zurückleitung der Telegraphenströme durch die Erde, erfand 1838 die elektrischen Uhren, konstruierte ein sinnreiches Pyroskop, fertigte das erste Daguerrotypbild in Deutschland, vervollständigte und begründete die Gesetze der Galvanoplastik, konstruierte ein Zentrifugalwurfgeschütz, mehrere optische Instrumente etc. Auch bei der Feststellung der bayrischen Maße und Gewichte und durch Verbesserung der Bier- und Spirituswagen erwarb er sich Verdienste. Vgl. Marggraff, Karl August S. und sein Wirken (Münch. 1888). – Sein Sohn Adolf, geb. 12. April 1832 in München, gest. daselbst 4. Nov. 1893, war 1852 Oberinspektor für Telegraphie in der Schweiz, übernahm 1862 die väterliche Anstalt, konstruierte Periskope, Aplanate, Antiplanete, ein Universalinstrument für Moment- und Gruppenaufnahmen und schrieb: »Handbuch der angewandten Optik« (mit Von, Leipz. 1890). Nach seinem Tod übernahm sein zweiter Sohn, Rudolf Eduard Franz S. (geb. 22. Febr. 1865), die Leitung der Anstalt.

2) A., Botaniker, s. Steinh.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 902.
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