[93] Strandpflanzen (Litoralformation, hierzu Tafel »Strandpflanzen«), an Meeresufern verbreitete Pflanzengenossenschaft, deren spezieller Charakter von der Natur des sie beherbergenden Florengebietes abhängt und daher z. B. im europäischen Waldgebiet und in den Tropen durchaus verschieden ist. An der Nord- und der Ostsee macht sich entsprechend der Verschiedenheit ihrer Küstenbildung, der klimatischen Verhältnisse[93] und der geologischen Entwickelung ein deutlich ausgeprägter Gegensatz auch in der strandbewohnenden Pflanzenwelt geltend, indem an der atlantischen Küste der Unterschied zwischen der diluvialen Geest und der alluvialen Marsch, am baltischen Strande der zwischen Düne, Strandwiese und Küstenwald am meisten in die Augen fällt. Die Geest beherbergt vorzugsweise Heide- und Moorpflanzen sowie mehr oder weniger versprengte Reste einer ursprünglich weitverbreiteten Waldflora, während der fruchtbare Schlick- und Schlammboden der meist künstlich eingedeichten Marschen vorwiegend eine Wiesen-, Ufer- und Wasserflora trägt. Aus der Flußuferformation entwickelt sich in allmählichem Übergang die Flora des eigentlichen Seestrandes, indem mehr und mehr Halophyten (s. Salzpflanzen) auftreten und zuletzt fast allein die Vegetation bilden. Zu ihnen gesellen sich Bestände einer litoralen Sandflora, die besonders auf der vielfach durchbrochenen Dünenkette der nord- und ostfriesischen Inseln ihren Sitz hat. Letztere zeigen eine eigenartige Mischung von nebeneinander wachsenden Arten, die auf dem Festlande ganz getrennten Vegetationsformen angehören. Die am meisten auffallende Vegetationsform unter den eigentlichen S. der Nord- und der Ostsee (Tafel, Fig. 1) bilden die Salzpflanzen, wie die niedrige Glaux (1) mit schmalen Blättern, die violett blühende Cakile (2), der schmalblätterige Wegerich (Plantago maritima, 3) mit linealischer Blütenähre und die weißblühende Cakile, Honckenya peploides (4). Neben ihnen treten Bestände von Dünengräsern auf, die ebenfalls eine durch gemeinsame biologische Merkmale und übereinstimmende Tracht hervorragende Gewächsform bilden; einige Arten, wie der Strandhafer (Ammophila arenaria, 5, und Elymus arenarius), werden wegen ihrer langen Ausläufer zur Befestigung des Dünensandes und auch an Sandstellen des Binnenlandes mit Vorteil benutzt. Die Gruppe besteht außerdem aus Arten von braunblütigen Juncus (J. maritimus, 7, J. balticus), Glyceria (G. maritima), Triticum (T. junceum, 6, T. pungens) u. a. Der stärkere Wind an der Seeküste bedingt eine größere Festigkeit des Halmes als im Binnenland, und die fortwährende Überschüttung mit Dünensand läßt lange Wurzelstöcke als das beste Mittel erscheinen, sich seiner erstickenden Wirkung zu entziehen, aber gleichzeitig denselben behufs besserer Ausnutzung für die Ernährung durch zahlreiche Nebenwurzeln zu befestigen. Eine dritte eigentümliche Vegetationsform des Meeresufers bilden die Stranddisteln, deren Typus das blaublätterige und blaublütige Eryngium maritimum (8) ist. Schließlich nehmen auch einige Holzpflanzen, die Sandsträucher, an der Zusammensetzung der Küstenflora teil. Als ihr Vertreter kann der Sanddorn (Hippophaë rhamnoides, 9) gelten, der in Deutschland, seinem Luftfeuchtigkeitsbedürfnis entsprechend, nur an der Küste und in den Alpenländern längs der Flüsse vorkommt. Andre in der Nähe der Nordseeküste auftretende Gesträuche von Empetrum, Myrica Gale, Erica Tetralix, Genista anglica etc. gehören der Heideformation an, deren charakteristische Glieder ihr Hauptverbreitungsgebiet längs der Küsten des Atlantischen Ozeans gefunden haben, und denen sich eine Anzahl krautiger Pflanzen, wie Lathyrus maritimus, Convolvulus Soldanella (nur auf Borkum), Cochlearia danica u. a., anschließt. Ganz andre Verhältnisse bietet die tropische Strandvegetation dar, deren Küstenwaldungen vorwiegend der durch eigentümliche Aussäungseinrichtungen merkwürdigen Mangroveformation (s. Lebendiggebärende Pflanzen) angehören und die auf der Tafel durch die Abbildung III (Mangrovestrand) und IV (Kokosstrand von Ceylon) veranschaulicht wird. Abbildung II der Tafel stellt die Macchien des Mittelmeerstrandes mit Pistacia Lentiscus (1, links) und Spartium junceum (2, rechts, s. Mittelmeerflora, S. 922) dar. Vgl. Schimper, Die indomalaiische Strandflora (Jena 1891); Kuckuck, Der Strandwanderer. Die wichtigsten S., Meeresalgen und Seetiere der Nord- und Ostsee (Münch. 1907).