[234] Symbiōse (griech.), das engere »Zusammenleben« mehrerer, gewöhnlich zweier Lebewesen verschiedener Art, die einander wechselseitig nützen und zusammen besser gedeihen als jeder der Genossenschafter für sich. Dieser Umstand unterscheidet die S. vom Parasitismus, bei dem der Schmarotzer einseitig Vorteil zieht und der Wirt einzig Nachteil hat (vgl. Gallen, S. 280). Einen Übergang zwischen beiden Verhältnissen macht der Mutualismus, bei dem z. B. Hautschmarotzer, Ameisengäste etc. ihrem Wirte durch Verzehren von Abfällen und Absonderungsprodukten Säuberungsdienste leisten, ein näheres Ineinanderleben und gegenseitiges Anpassen aber nicht stattgefunden hat. Vom Zusammenleben zweier niederer Pflanzen geben die aus Pilzen und einzelligen Algen bestehenden Flechten das beste Beispiel; die Algen bereiten unter dem Einfluß des Lichtes hauptsächlich aus der [234] Kohlensäure der Luft Nahrungsstoffe, besonders Kohlehydrate, für die Pflanze, während die davon mitzehrenden Pilzfäden Wasser und Salze aus der Unterlage ziehen und eine die Feuchtigkeit zurückhaltende Hülle bilden. Als Stickstoffsammler unterstützen niedere Pilze, die an der Wurzel höherer Pflanzen leben, deren Gedeihen in sterilem Boden (s. Stickstoffaufnahme der Pflanzen). Zu der S. zwischen Tieren gehört das Wohnen des Muschelwächters (Pinnoteres veterum), einer kleinen Krabbenart, in den Schalen der Steckmuscheln (Pinna). Seerosen siedeln sich auf den von Einsiedlerkrebsen bewohnten Schneckenhäusern an und werden beim Wohnungs wechsel des Krebses zum Umzug aufgefordert (s. Tafel »Einsiedlerkrebse« und »Aquarium«, Fig. 18). Die Seerosen schützen durch ausgeschleuderte Nesselorgane den namentlich von Sepien verfolgten Einsiedlerkrebs und werden dafür von ihm an günstige Beuteplätze geführt, langen auch dreist zu, wenn der Krebs ein gutes Beutestück erwischt hat. In Ameisen- und Termitennestern wohnen viele Tiere (s. Ameisengäste), auch findet sich S. zwischen Ameisen und Blattläusen und Vögeln (s. Tafel »Ameisen II«, Fig. 1 u. 5, u. III, Fig. 4), für gewisse Milben und andre Kleintiere halten die Pflanzen besondere Wohnungen (s. Domatien) bereit. Bei S. zwischen Pflanzen und Tieren werden oft dauernde Veränderungen in Gestalt und Färbung und in der Lebensweise hervorgebracht und neue Arten gezüchtet. Dabei kann die Pflanze oder das Tier als Quartiergeber auftreten. Einzellige Algen dringen in die durchsichtigen Körper von Protisten, Süßwasserpolypen, Seeanemonen und Korallen, Seewürmern, Quallen und andern Tieren ein, und diese scheiden dann im Sonnenschein oder hellem Tageslicht wie Pflanzen Sauerstoff aus, obwohl die Tiere sonst Sauerstoff als Atmungsstoff verbrauchen. Im beständigen Dunkel gehalten, siechen die Tiere dahin, weil sie von den in ihrem Körper lebenden und nunmehr absterbenden Algen sowohl Sauerstoff als auch zubereitete Nahrung empfingen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist der grüne Süßwasserpolyp, in dessen innerm Keimblatt ungeheure Mengen sehr kleiner einzelliger Algen, Zoochlorellen, leben. Unter den umgekehrten Fällen, in denen die Pflanzen ihnen nützlichen Tieren Obdach und Nahrung darbieten, ist die Gegenseitigkeit und das Ineinanderleben bei Pflanzen und Ameisen (s. Ameisenpflanzen) am auffallendsten. Im weitern Sinne würden hierher auch gehören alle die zahllosen gegenseitigen Anpassungen der Blüten an Insektenbesuch und der Insekten an Honig- und Pollenraub (s. Blütenbestäubung) sowie die sogen. Schutzgemeinschaften (s. d.). Bei manchen Tieren findet man ein Nebeneinanderleben, ohne besondern Vorteil für beide, wobei es sich wohl mehr um eine bloße Wohngemeinschaft handelt (Parabiose). Vgl. de Bary, Die Erscheinung der S. (Straßb. 1879); O. Hertwig, Die S. (Jena 1883), und die Literatur der angezogenen Artikel, sowie Wasmann, Kritisches Verzeichnis der myrmekophilen und termitophilen Arthropoden (Berl. 1894); W. Schwarze, S. im Tierreich (Programm des Realgymnasiums in Hamburg, 1902).