Verpflanzen

[96] Verpflanzen (Versetzen), eine Pflanze dem Boden, in dem sie eine Zeitlang gestanden, entheben und an einen andern Standort bringen. Am besten gelingt das V. mit dem Erdballen, d. h. mit aller den Wurzeln anhängender Erde, während das mit nackten Wurzeln möglichst zu vermeiden ist. Letzteres geschieht gewöhnlich bei jungen Sämlingen, die meist zuerst verstopft (pikiert) und dann in kurz vorher aufgelockerten Boden weiter verpflanzt werden. Hierbei verkürzt man lange Pfahlwurzeln, schont aber seine Faserwurzeln, taucht den Unterteil in lehmiges Dungwasser, macht mit dem Pflanzholz ein genügend tiefes und weites Loch, stellt die Pflanze mit zwei Fingern der linken Hand so hinein, daß sie in der Regel tiefer zu stehen kommt, als sie vorher gestanden, bringt die Wurzeln in gerader Richtung unter, bedeckt sie mit Erde und macht um die Pflanze herum eine kleine Vertiefung, die wiederholt mit Wasser gefüllt wird. Nach dem Anwachsen, was sich durch die Steifheit der Blätter zu erkennen gibt, ist dieser Gießrand aufzulockern, das ganze Land aber mit kurzem Mist, Torfmull oder einem andern dunkelfarbigen Stoffe zu bedecken. Topfgewächse verpflanzt man, wenn die Wurzeln den Topf vollständig ausgefüllt haben, oder beim Beginn des neuen Wachstums. Man benutzt nur neue oder sorgfältig gereinigte Gefäße und die jeder Art angemessenste Erdmischung, schneidet alle verfilzten oder abgestorbenen Wurzeln mit scharfem Messer ab, bringt auf den Boden eine mit wenig Moos belegte Schicht Torfscherben, Torfbrocken etc. für den Wasserabzug und umgibt die Wurzeln nicht allzu fest mit frischer Erde, gießt dann durchdringend an, stellt die Pflanzen in geschlossenen, meist auch beschatteten Raum und gewöhnt sie allmählich an Sonne und freie Luft. Das V. der Stauden im Blumen- und Gemüsegarten geschieht unter gleichzeitigem Zerteilen aller Stöcke zur Vermehrung im September, seltener im Frühjahr, weil mit Verlust der Blüte verbunden. Dem V. im Freien während des Frühjahrs, Sommers und Frühherbstes muß immer ein kräftiges Angießen nachfolgen; im Spätherbst und Winter kann das unterbleiben. Laubabwerfende Gehölze, besonders Bäume, verpflanzt man im frühen Herbst oder, besonders frostempfindliche Gehölze, in schwerem, bindigem Boden im späten Frühjahr in laublosem Zustand. Um im Frühjahr die Verpflanzbarkeit, den Ruhezustand der Gehölze, hinauszuschieben, bringt man sie in den Einschlag. Bäume werden an einer schattigen Stelle baumschulenmäßig dicht aneinander gepflanzt und nur mäßig angetreten, so daß man jederzeit den einzelnen Stamm herausziehen kann. Gehölze darf man niemals tiefer pflanzen als sie gestanden haben, lieber wenig höher, wenn man nicht gerade Faserwurzeln dadurch entblößt. Der Pfahl (s. Baumpfähle) für einen kleinern Baum wird vor der Pflanzung in die mindestens 1 m breite Pflanzgrube fest und senkrecht gestellt. Die Wurzeln werden nur an verletzten Stellen mit glattem Schnitt gekürzt und müssen immer nach abwärts gerichtet in die Erde kommen. Umfüllen der Wurzeln mit nährstoffreichem und humosem Kompost fördert die Bildung von Faserwurzeln und das Anwachsen. Man umgibt den neugepflanzten Stamm mit einem etwa 10 cm hohen Kranz von dem Durchmesser des Pflanzloches, damit das Gieß- und Regenwasser bei dem Baum bleibt. Das Beschneiden der Krone geschieht bei jungen Gehölzen am besten erst nach dem ersten Sommer, nur gebrochene Zweige werden entfernt. Nadelhölzer und andre immergrüne Gehölze müssen mit festem Erd- und Wurzelballen verpflanzt werden. Bei diesen immergrünen Gehölzen findet auch im Winter, besonders bei trockenem Wind und Sonnenschein, starke Wasserverdunstung statt, sie fordern Wasserzufuhr, täglich zweimaliges Spritzen, Schutzschirme gegen trockenen Wind und die Sonne. Man verpflanzt Koniferen bei Beginn des Frühjahrsaustriebes im Mai und beim zweiten Trieb im Anfang des August; sie bilden auch bei der letztern Pflanzzeit bis zum Winter noch die nötigen Faserwurzeln, müssen aber besonders im ersten Winter möglichst vor zu starker Verdunstung bewahrt werden. Sehr große Ballen umzimmert man mit Brettern, die mittels Ketten fest angezogen werden können, umgibt sie gewissermaßen mit einem Kübel, der im neuen Pflanzloch ohne Verletzung des Ballens wieder abgenommen werden kann. Das V. großer laubabwerfender Bäume ist unsicher. Von der Pflanzung mit Frostballen sieht man mehr und mehr ab, und sehr große Bäume kann man ohne Ballen mit gutem Erfolg verpflanzen, wenn man um den Stamm in angemessener Entfernung einen etwa 1 m liefen Graben zieht und diesen nach dem Verschneiden der Wurzelenden mit Kompost füllt. Es bilden sich dann reichlich Faserwurzeln, und im nächsten Frühjahr kann der Baum unter sorgfältiger Schonung dieser Wurzeln und Anschlämmen umgepflanzt werden, wobei man zum Transport des Baumes einen Verpflanzwagen benutzt. Der gepflanzte Baum wird durch drei Drähte, die an Pflöcken befestigt sind, festgestellt, damit ihn der Wind nicht lockern kann, und bedarf großer Pflege. Pappeln, Linden, Platanen, Ahorn, Rüster, Roßkastanie lassen sich gut verpflanzen; Buche, Nußbaum, Tulpenbaum, Birke wachsen sehr selten an. Bei der Hügelpflanzung wird der Baum nicht in ein Loch gepflanzt, sondern mit seinen Wurzeln direkt auf die ebene, vorher gelockerte Erdoberfläche gesetzt und der Erdboden mit weitlaufender Abböschung an die Wurzeln herangeschüttet und durch Schlämmen befestigt. Ein Gießkranz ist hier noch wichtiger als sonst. Hügelpflanzung wird auf schwerem nassen Untergrunde notwendig für Gewächse, die, wie Koniferen, Luftabschluß und Nässe an ihren Wurzeln nicht vertragen. S. auch Saat, S. 355.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 96.
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