[363] Wanderlager und Wanderauktionen. Wanderlager sind Verkaufsgeschäfte, die außerhalb der Messen, Jahrmärkte und öffentlichen Ausstellungen von Ort zu Ort geführt werden und daselbst vorübergehend auf kürzere oder längere Zeit eine feste Verkaufsstätte (Laden, Magazin, Zimmer etc.) benutzen. Vorwiegend handelt es sich um den Absatz von Manufakturwaren, Kleidern, Kurzwaren u. dgl. Ob das Halten von Wanderlagern dem stehenden Gewerbebetrieb oder dem Gewerbebetrieb im Umherziehen zuzuzählen sei, war viel bestritten. Da sie nicht als Wandergewerbebetriebe galten und auch nicht zu den gemeindlichen Gewerbesteuern herangezogen werden konnten, sofern sie vor Ablauf von drei Monaten den Verkaufsort wechselten, so waren sie den ansässigen Gewerbtreibenden gegenüber im Vorteil. Nach einer Entscheidung des Bundesrates von 1879 sind jedoch Wanderlager als ein Gewerbebetrieb im Umherziehen zu behandeln; das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 hindere die Gemeinden nicht, die Unternehmer von Wanderlagern, und zwar vom Beginn des Betriebes an, zu solchen Abgaben heranzuziehen, die auf die in der Gemeinde vorhandenen gewerblichen Betriebe gelegt sind, während freilich die Auslegung von Personalsteuern ausgeschlossen bleibt. Seit 1879 wurden denn auch in verschiedenen Ländern Gesetze über die Besteuerung des Wanderlagerbetriebes erlassen. Bezüglich der Höhe der Steuer ist zu beachten, daß rascher Verkauf und Barzahlung den Wanderlagerhalter verhältnismäßig steuerkräftiger machen, als es der ansässige Handelsmann ist. Die hauptsächlichsten Schäden der Wanderlager sind folgende: 1) sie gefährden die wirtschaftliche Existenz der seßhaften Detailhändler und Handwerker, namentlich in mittlern und kleinen Städten; 2) sie befördern den volkswirtschaftlich unerwünschten Verbrauch geringwertiger Ware und reizen überhaupt zu unwirtschaftlichem Ankauf an; 3) sie drängen Industrie und Handel in eine unsolide, ohne Rücksicht auf die Güte der Waren lediglich die möglichste Billigkeit derselben anstrebende Richtung. Nur in dünn bevölkerten, gewerblich wenig entwickelten Gegenden können die Wanderlager für solche Waren, in denen eine genügende Konkurrenz fehlt, wirtschaftlich gerechtfertigt sein. Durch Gesetz die Wanderlager einfach zu verbieten, erscheint nicht gerechtfertigt; dagegen müssen Garantien gegen die beim Wanderlagerverkehr hervorgetretenen Mißstände geschaffen werden. In Deutschland sind die Wanderlager durch die Gewerbeordnungsnovellen vom 1. Juli 1883 u. 6. Aug. 1896 den beschränkenden Vorschriften der Wandergewerbe (s. d.) unterworfen worden. [363] Wanderauktionen sind öffentliche Versteigerungen von neuen Waren auf Rechnung von ortsfremden Personen. Sie sind, da sie in der Regel nur schlechte Ausschußwaren umsetzen, noch schädlicher als die Wanderlager und deshalb in der jüngsten Zeit vielfach besondershohen Staats- oder Gemeindesteuern unterworfen worden. Vgl. Endrucks, Die Besteuerung des Wandergewerbes (Leipz. 1906).