Börne

[98] Börne, Ludwig, eigentlich Baruch, geb. 18. Mai 1786 in Frankfurt a. M. von jüdischen Eltern, studirte in Gießen Medicin u. setzte seine Studien in Berlin fort. Hier nahm er lebhaften Antheil an dem geistigen Leben, welches sich unter Fichtes, Schleiermachers, Schlegels u. der Rahel Einfluß entfaltete. Zu philosophischen Studien angeregt, gab er, später sich nach Halle wendend, die Medicin auf u. studirte in Gießen Staatswissenschaften. 1811 wurde er Polizeiactuar in seiner Vaterstadt, verlor aber diese Stelle nach dem Wiedererstehen der Stadt als selbständiger Staat u. betheiligte sich nun als Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften, bis er 1818 ein eigenes Journal, Die Wage, herausgab, welches bis 1821 bestand. Außer Theaterkritiken schrieb er vorzugsweise politische Artikel, in denen er das herrschende Regierungssystem in Deutschland mit bitterer Ironie beurtheilte. In Folge dessen gerieth er in Verdacht, demagogische Schriften verbreitet zu haben, ward verhaftet, bald nachher aber freigesprochen. Bereits 1817 war B. zum Christenthum übergetreten u. hatte seinen Familiennamen Baruch mit B. vertauscht. 1822 ging er nach Paris, kehrte jedoch schon 1824 nach Deutschland zurück, bis ihn die Julirevolution 1830 wieder nach Paris zog. Er gründete dort die Zeitschrift Balance, in der er für seine Lieblingsidee, die Versöhnung der beiden Nationen in gemeinsamem Streben nach politischer [98] Freiheit, zu wirken suchte. Leidenschaftlich u. reizbar, kannte er in den Ausbrüchen seines Hasses kein Maß, war in seinem Urtheil oft ungerecht u. ließ sich zu falschen Schlußfolgerungen verleiten. Ein eigenthümliches System der Politik hat er nicht aufgestellt, u. seinen Raisonnements fehlte der feste Boden historischer Forschung u. strenger Logik; er st. 13. Febr. 1837. Nach seinem Tode wurde er wegen seiner Freundschaft mit einer Dame von H. Heine in boshafter Weise verdächtigt, dieser Verdacht aber von Gutzkow zurückgewiesen. 1843 wurde ihm auf dem Kirchhof Père-Lachaise ein Denkmal gesetzt. Er schr.: Denkrede auf Jean Paul Fr. Richter, Erl. u. Hamb. 1826; Briefe aus der Schweiz 1830–33; Briefe aus Paris 1831–33, Par. 1832–34, 6 Bde.; Menzel, der Franzosenfresser, Par. 1837; Gesammelte Schriften, Hamb. 1829–31, 8 Bde., 2. Aufl., ebd. 1835, 8 Bde., 3. Aufl., Stuttg. 1840, 5 Thle. Nachgelassene Schriften, Manh. 1844–50, 6 Bde. Zusammen bilden seine Schriften 16 Bände, von denen der 15. Menzel u. der 16. die von Cormenin herausgegebenen Aufsätze aus der Balance (Lpz. 1847, 2. Aufl. 1849) enthält. Vergl. Heine über Börne, Hamb. 1840; Gutzkow, B-s Leben, ebd. 1840.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 98-99.
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