Darmentzündung

[748] Darmentzündung (Enteritis), diejenige Form der Erkrankung des Verdauungskanals, wo theils die Schleimhaut, theils die Muskelhaut, theils der Bauchfellüberzug eines mehr od. weniger großen Darmstückes von Entzündung ergriffen ist. Sie kündigt sich durch einen festsitzenden, heftigen, absetzweise zunehmenden Schmerz an; der Leib ist gespannt, an der kranken Stelle aufgetrieben, Berührung u. Bewegung mehrt den Schmerz, meist von hartnäckiger Stuhlverstopfung begleitet od. durch Behaltung des oberen Darminhaltes tritt Kothbrechen (Ileus inflammatorius) ein; aus dem unteren Darmtheile erfolgen nicht selten Durchfälle (bei Enteritis mucosa), jedoch wasseriger Natur u. zuweilen blutig gefärbt; große Angst, Unruhe, Hinfälligkeit, Kurzathmigkeit, Übelkeit, Erbrechen, kalte Extremitäten, Schluchzen, Irrereden begleiten die D. Das entzündete Darmstück gibt einen durch die Percussion zu erkennenden abnormen Ton, beim Eindrücken mit der Hand erkennt man nicht selten[748] die kranke Stelle, wo Luft u. Flüssigkeit stocken, durch ein gurgelndes Geräusch (sog. Localgeräusch). Man unterscheidet je nach Sitz u. Heftigkeit der D. verschiedene Arten, so: Darmkatarrh (Enteritis villosa, E. mucosa), als einfache, oberflächliche Schleimhautentzündung, bekannt als Hauptursache der Durchfälle, bes. der auf Erkältung beruhenden Brechdurchfalle, ist die Grundkrankheit der sogenannten gastrischen Zustände u. gastrischen Fieber; wird der Darmkatarrh chronisch, so ergreift er gern die Follikel u. das tiefere Schleimhautgewebe u. wird zum Darmschleimfluß (Blennorrhoea et Status pituitosus intestinorum) u. kann zu Darmgeschwüren (Ulcera catarrhalia intestinorum) führen. Häufig kommt auch diejenige Form der D. vor, welche man Folliculare D. (E. follicularis s. pustulosa, Dothienenteritis) nennt; sie hat in den verschiedenen Arten der Darmdrüsen ihren Sitz; z.B. die Typhöse D. hat in den Peyer'schen Drüsenhaufen ihren Sitz, auch bei Cholera, Masern, Keuchhusten werden die Drüsen ergriffen u. zeigen sich als die sogenannten Plaques (Flatschen), u. bei einer Menge anderer Krankheiten, wo der Darm mit leidet. Zuweilen steigert sich die D. u. erzeugt eine Ausschwitzung wie beim Croup, so nicht selten bei Ruhr, Typhus, nach Mißbrauch von Klystieren. Die Muskelhaut u. der Bauchfellüberzug der Därme sind selten allein ergriffen, entweder mit anderen Darmhäuten zugleich, od. mit allgemeiner Bauchfellentzündung; zuweilen hat die Entzündung ihren Hauptsitz in dem umgebenden Zellgewebe der Bauchwände, so beim Blinddarm (s. Perityphlitis). Zertheilung der Entzündung erfolgt nur bei gelindem Verlauf u. frühzeitiger Hülfe. Verwachsungen, Vereiterung der Därme als Folgen der D. bedingen nicht selten Nachkrankheiten, die sogenannte Darmschwindsucht (Phthisis intestinalis), Darmeinschiebungen mit plötzlichem Tod, Brand. Die Gelegenheitsursachen sind sehr verschieden, theils mechanisch, theils Erkältung; auch bewirken ausgebreitete Hautverbrennungen leicht D. Die Behandlung ist die entzündungswidrige sogenannte antiphlogistische Heilmethode: Blutentziehung, Breiumschläge, erweichende Klystiere; Diät wie Arzneimittel dürfen den Reiz nicht mehren. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Entzündung des Blinddarms (s. Typhlitis).

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 748-749.
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