Schluchzen

[298] Schluchzen (Schlucken, Schluckser, Schlucksen, Singultus), 1) unwillkürliche, das Athemholen eigens modificirende Bewegung der Respirationsorgane; noch nicht befriedigend erklärt. Die Bewegung geht vom Zwerchfell aus u. besteht wesentlich in einer krampfhaften Zusammenziehung desselben. Durch diese wird der Magen abwärts gedrückt, zugleich auch die Speiseröhre abwärts gezogen; die Rippenknorpel, an denen das Zwerchfell befestigt ist, werden etwas einwärts gezogen, der ganze Unterleib gelind erschüttert; zugleich wird hierdurch eine schnelle Inspiration bewirkt. Wenn nun aber, indem diese krampfhafte Zusammenziehung des Zwerchfells erfolgt, in der Lunge, indem diese sich senkt, der Luft mehr Raum verliehen wird, diese also sich verdünnt u. nun zur Wiederherstellung des Gleichgewichts, während die Stimmritze leicht verschlossen ist, eine Portion atmosphärische Luft durch diese eindringt, entsteht ein lauter explodirender Ton, welcher vornehmlich als S. bekannt ist, obgleich er, durch Aufmerksamkeit auf sich, unter Offenhalten der Stimmritze auch vermieden, od. doch sehr gemäßigt werden kann. Die das S. veranlassende Ursache geht vom Magen u. vom Ende der Speiseröhre aus, nämlich von einer Reizung dieser Theile, welche sich dann auf das Zwerchfell consensuell, bes. durch die Nervenverbindung fortpflanzt. Meist entsteht er nämlich von Stoffen, welche, in den Magen eingebracht, denselben u. bes. den Magenmund ungewöhnlich reizen. Am häufigsten kommt er daher bei zarten Kindern vor, durch zu schnell od. zu reichlich gereichte Nahrung veranlaßt, daher auch bei Säuglingen, welche beim Stillen überfüllt werden, wo er oft auch mit Erbrechen verbunden ist; aber auch bei Erwachsenen vom schnellen Essen, vom Genuß kalter Speisen u. Getränke, sonst aber auch auf Veranlassungen, welche auf einzelne Individuen eine besondere Einwirkung haben, die sich auf diese Art äußert. An sich ist der S. nicht krankhaft, aber auch nicht, wie z.B. das Niesen, eine Beseitigung eines vorherigen reizenden Gefühls. Ein etwas modificirter Zustand ist der sich zu heftigem Weinen gesellende S., u. dieser hier mehr die Andeutung einer hohen Betrübniß, die sich durch schnelles Inspiriren äußert, welches dann theilweise krampfhaft erfolgt. Krankhaft ist der S. bei Entzündungen u. Verletzungen des Magens, Zwerchfells, des Darmkanals, bei nach innen gekehrtem Schwertknöpel, in nervösen u. Faulfiebern in Begleitung mit anderen krampfhaften Erscheinungen, bei Kopfverletzungen, Einklemmung der Brüche, bei Verletzung der Gebärmutter in schweren Geburten, bei allgemeinen Krämpfen u. als eine Art von meist sehr hartnäckigem, hysterischem Krampfe. Eine andere Art ist der S. bei Sterbenden, nicht der, welcher zuweilen längere Zeit dem Sterben vorausgeht u. nebst anderen Zeichen das zunehmende Dahinsinken der Lebenskräfte andeutet, sondern der öfters dem Momente des Sterbens unmittelbar vorhergehende, gewöhnlich in zwei sich schnell folgenden Inspirationen sich andeutende u. durch seinen Ton vernehmbare S., welchem dann eine lange, schwache Exspiration als letzte Lebensregung folgt. Mittel gegen den S. sind: einen Finger fest zu drücken, od. mit dem kleinen Finger den äußeren Gehörgang zu erschüttern, ein leichter Schrecken etc. wirken psychisch; gut sind auch langes Anhalten des Athems, möglichst ruhiges Inspiriren, der Genuß von Zucker, so wie auch ein etwas reichlicher Trunk reinen Wassers, erregtes Niesen, od. auf die Herzgrube angewendete äußere Reiz- u. krampfstillende Mittel. 2) Krankheit der Ziegen, weicht nach reichlichem Genuß kalten Wassers; 3) der Fehler einer Orgel, wenn der zu den Pfeifen strömende Wind bisweilen matter u. daher der Ton schwankend wird; 4) so v.w. Lurken.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 298.
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