[512] Ehrenstrafen (Rechtsw.), solche Strafen, welche auf eine Kränkung der Ehre des Verurtheilten berechnet sind, indem sie entweder nur vorübergehend[512] dem Sträfling eine seine Ehre herabsetzende Handlung auferlegen (E. im engeren Sinne), od. zugleich das vollkommene Recht desselben auf Genuß der bürgerlichen Ehre beschränken od. ganz entziehen (entehrende Strafen). Zu den ersteren gehört die Ausstellung des Verbrechers an dem Pranger od. Schandpfahl, der öffentliche Verweis, auch die Abbitte u. Ehrenerklärung (s.d.) bei Injurien; die letzteren treten meist nur in Verbindung mit anderen Strafen als accessorische Folgen derselben, z.B. bei der Zuchthausstrafe, ein, können aber auch als besondere Strafen, in der Regel dann unter Vornahme symbolischer Handlungen, wie der öffentlichen Schelmenerklärung, der Brandmarkung, der Zerbrechung des adeligen Wappens durch den Henker, der Abreißung der Epauletten u. sonstiger Ehrenzeichen durch den Profoß beim Militär, der Anschlagung des Namens an den Galgen bei Abwesenden u. Landesflüchtigen, dem unehrlichen Begräbniß bei Verstorbenen etc., vorkommen. Über die Zweckmäßigkeit dieser E. sind die Meinungen sehr getheilt. Gegen die Beibehaltung derselben scheint zu sprechen, daß sie einestheils ihren eigentlichen Zweck selten, jedenfalls nur sehr ungleich erreichen, anderntheils insofern sehr hart erscheinen müssen, als sie der Regel nach dem Sträflinge die Füglichkeit, je wieder zu einer ehrenvolleren Stellung im Kreise seiner Mitbürger zu gelangen, u. somit jede Möglichkeit einer Besserung entziehen. Dagegen können dieselben auch wohl im einzelnen Falle durch Anregung des Ehrgefühls sehr heilsam wirken, u. für gewisse Fälle, wo es auf Standesehre, wie z.B. beim Militär, ankommt, scheinen sie auch schon im Hinblick auf die übrigen Standesgenossen nicht wohl entbehrt werden zu können. Die neueren Strafgesetzgebungen haben daher auch die E. in ihrem Strafsysteme beibehalten, allein meist auf ein sehr geringes Maß herabgesetzt. Ganz aufgegeben sind meist die eigentlichen E. mit Ausnahme des Verweises für solche Fälle, in denen wegen der Geringfügigkeit des Verbrechens andere Strafen nicht als angemessen betrachtet werden können; als entehrende Strafen aber kommen gewöhnlich jetzt nur die Zuchthaus- u. Arbeitsstrafe in der Weise vor, daß Personen, welche diese Strafen erlitten haben, unfähig stud, öffentliche Ämter zu bekleiden, die politischen Wahlrechte auszuüben, in Zünfte u. Gilden als Meister u. Gewerbsherr einzutreten etc.