Kopfschmerz

[708] Kopfschmerz,(Kopfweh Cephalalgia), Schmerzempfindung im Kopfe, bald selbständig, bald als Begleiter der verschiedenartigsten Krankheiten. Der Form nach unterscheidet man den chronischen habituellen K. (Cephalaea), Kopfschwere (Carebaria), den halbseitigen, periodisch austretenden Nervenkopfschmerz (Migräne, Hernicrania), den auf eine kleine ei- od. nagelspitzgroße Stelle beschränkten hysterischen K. (Ovum, Clavus). Der Sitz des K-es ist entweder in den Hautnerven des Schädels od. in den Muskeln u. der Sehnenhaube, in den Knochen od. der Knochenhaut, in den Stirnhöhlen, in der harten Hirnhaut od. dem Hirn überhaupt. Die Art des Schmerzes ist verschieden, u. ebenso verschieden sind auch die begleitenden Erscheinungen, zumeist jedoch ist er mit Verstimmung, Appetitlosigkeit, Übelkeit u. Erbrechen verbunden. Ebenso verschieden können auch die den K. bedingenden Ursachen sein. Man unterscheidet den von Blutcongestion ausgehenden (C. sanguinea, C. plethoriea), mit den Zeichen der Kopfcongestion; der Kopf ist schwer, eingenommen, der Schmerz anhaltend dumpf, durch Bücken, Pressen u. Schütteln zunehmend, zuweilen klopfend, Gesicht u. Augen roth, letztere glänzend, der Kopf warm; dazu Funkensehen, Ohrensausen, Schwindel. Häufig beruht er auf Stockung eines abnorm gemischten Blutes im Hirn u. Hirnhäuten, z.B. bei venöser Vollblütigkeit (C. venosa), gastrischen, galligen, Hämorrhoidal- od. Menstrualstörungen, auf wirklichen Hirn- u. Hirnhautentzündungen (C infiammatoria) od. specifisch-entzündlichen Processen, so Rheumatismus (Kopfreißen, C. rheumatica), Gicht (Kopfgicht, C. arthritica), Schnupfen (C. catarrhalis), Fieber überhaupt (Fieberkopfschmerz, C. febrilis), syphilitischer Knochenhautentzündung (C. syphilitica). Die Behandlung ist vorzugsweise ableitend durch Hautreize, Abführmittel, Fußbäder, kühlendes Getränke, kalte Umschläge; innerlich werden verschiedene, dem besonderen Zustande angepaßte Mittel angewendet. Ferner unterscheidet man den Nervenkopfschmerz (C. nervosa), alle K. nervenschwacher Personen, bes. die von organischen Hirnleiden selbst bedingten umfassend, vorzugsweise aber die Hemikoanie (Migräne), welche in periodischen Anfällen von großer Heftigkeit u. etwa 12–24 stündiger Dauer auftritt, oft von Frösteln, Gähnen geistiger Reizbarkeit angekündigt u. von anderen nervösen Symptomen (Empfindlichkeit gegen Licht, Lärm, Geruch, gegen Streichen u. Kämmen der Haare, Zahnweh. Ohrenzwang) begleitet zu sein pflegt, auch leicht bei größerer Heftigkeit in Erbrechen übergeht. Dieses Übel hängt häufig mir Spinalirritation zusammen, ist zuweilen aber auch von Wechselfiebern, gastrischen Störungen u. organischen Hirnleiden abhängig. Ruhe u. Diät sind die besten Mittel; Medicamente verschlimmern od. verlängern sehr oft den Anfall; schwarzer Kaffee od. Abkochung ungebrannten Kaffees, Grünthee od. Chinin bewähren sich noch am meisten. Vgl. Müller, Über die Cur des halbseitigen K., Frankf. 1813; Bittner, De cephalalgia, Wien 1825; Vanghan, Essay on headaches, Lond. 1825; Martin, Traité de la migraine, Par. 1829; Weatherhead, A treatise on headaches, Lond. 1835, aus dem Englischen von Pfeiffer, Lpz. 1836; Labarraque, Essai sur la cephalalgie et la migraine, Paris 1837; Pelletan, De la migraine, ebd. 1843, 2. Ausg.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 708.
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