Lucknow

[569] Lucknow (Lakhno), Hauptstadt des ehemaligen Königreichs Oude im Britischen Ostindien, am rechten Ufer des schiffbaren Gumti- (Gomati-) stroms, über welchen drei Brücken (eine steinerne, eine Schiffbrücke u. seit 1847 eine eiserne) führen. Die ansehnlichsten Bauwerke sind: die Imambarah, das Mausoleum Asof-ed-Daulahs, 1780–84 erbaut; das Fort Muchee-Bawn, früher das Schloß der stets zur Rebellion geneigten Scheikhs von L., von den Briten jedoch für militärische Zwecke eingerichtet; die Residency, bis zur Einziehung des Königreichs Wohnung des britischen Residenten, nachher der britischen Militär- u. Civilgouverneurs; die englische Kirche im Gothischen Styl; zwischen der eigentlichen Stadt u. dem Strome liegen Paläste, welche früher vom Könige u. den verschiedenen Gliedern seiner Familie bewohnt wurden, durch die Stürme von 1857 aber vielfach gelitten haben, wie das Fehri-Kothi, der Feradbaksch (einstiger Thron- u. Audienzpalast des Königs), Tschatter-Manzil, der Kaiserbagh, der Moti-Mahal (welcher früher zu öffentlichen Zwecken diente). In den Umgebungen L-s Constantia, von dem französischen General Claude Martin erbaut; Dilkusha, ein Lustschloß der früheren Könige, mit Park; Sekandrabagh, Charbagh, eine ummauerte Gartenanlage; der Alumbagh, etwa 1 Meile südlich von der Stadt, mit mehreren geschmackvollen Bauten u. schönen Gärten etc. Noch in den letzten Jahren der Selbständigkeit von Oude zählte L. an 300,000 Ew., von denen sich fast die Hälfte zum Islam bekannten u. sich mit Handel u. bes. Verfertigung seiner Baumwollen- u. Wollenwaaren, Gold- u. Silberarbeiten beschäftigten. L. ist noch immer einer der hauptsächlichsten Mittelpunkte für den Islam in Indien; zur Zeit des Glanzes der entthronten Dynastie vereinigte auch L. die bedeutendsten Dichter, Schriftsteller u. Gelehrten der muhammedanischen Inder die Literatur des Hindustani zählte in den ersten Decennien des 19. Jahrh. hier ihre zahlreichsten u. berühmtesten Vertreter. Die Könige besaßen reiche Bibliotheken (Katalog von Sprenger, Calc. 1854, Bd. 1); ein Observatorium wurde 1842 errichtet; der oben erwähnte Franzose Martin hatte aus eigenen Mitteln ein Collegium (die Martinière) begründet; noch zur Zeit des letzten Königs waren 12 lithographische Pressen beständig thätig.– Der Name der alten Stadt lautet im Sanskrit Lakschmanavati (d.i. Stadt des Lakschmana, Bruders des[569] des indischen Nationalheros Rama); schon zur Zeit Akbars war L. groß u. volkreich; die Prachtbauten aller Art, sowie die eigentliche Blüthe der Stadt, datiren jedoch erst seit der Übersiedelung der Dynastie von Fyzabad nach L. (1775). In der großen Indischen Rebellion (1857) bildete L. ein Hauptbollwerk der Aufständischen; die damalige europäische Besatzung wurde nebst dem Gouverneur Sir Henry Lawrence u. den sonst anwesenden Europäern von den meuterischen Truppen im Juni 1857 in der Residency eingeschlossen u. belagert, vertheidigte sich aber tapfer, bis sie durchdie Generale Outram u. Havelock, welche nach mörderischem Kampfe am 26. Sept. durch die Stadt zu ihr vorgedrungen waren, aber den beabsichtigten Entsatz nicht ermöglichen konnten, eine Verstärkung erhielt. Erst am 17. Novbr. gelang es dem General Sir Colin Campbell nach mehrtägigem Kampfe zu den Belagerten vorzudringen, worauf am 22. Novbr. der Abzug der Letzteren erfolgte. Campbell mußte jedoch die Stadt in den Händen der Rebellen lassen, bis sie endlich am 29. März 1858 nach sechstägigem Kampfe vollständig in die Hände der Briten gelangte. War schon um die Zeit der Entthronung der Dynastie der Verfall L-s deutlich zu bemerken, so geschah dies in noch höherem Grade während der Rebellion, durch welche nicht blos die Zerstörung der meisten Prachtbauten, sondern auch die Vernichtung des Wohlstandes, des Handels u. der Industrie herbeigeführt wurde. Vgl. Rees, Belagerung von L., Lpz. 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 569-570.
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