[772] Neigung (Inclination), 1) die theilweise Senkung eines im Zusammenhange bleibenden festen Körpers nach dem Boden zu, 2) bes. des Haupts, als Zeichen der Schwäche, der Schläfrigkeit, od. auch des herannahenden Todes, od. auch als willkürliches Zeichen der Zustimmung, od. des Wohlwollens; N. der Gebärmutter, s. Gebärmutterbeugung; 3) N. des ganzen Körpers als Unterwürfigkeitszeichen, od. auch conventioneller Ausdruck einer Höflichkeit, mittelst Hauptneigung, Rücken- u. Kniekrümmung, gewöhnlicher doch durch Verneigung angedeutet; 4) Abweichung der Oberfläche eines Bodens von der Horizontalrichtung, wodurch ein Theil tiefere Lage erhält, als der entgegengesetzte; wird nach dem Winkel von 90° bis 0° (Neigungswinkel) bestimmt; überhaupt die nicht parallele Richtung, welche zwei gerade Linien, od. auch zwei Ebenen, od. auch eine gerade Linie u. eine Ebene gegen einander haben. In den beiden letztern Fällen kommt noch die Bestimmung der Neigungsebene hinzu, in welcher die zwei geraden Linien liegen, deren Winkel dem der beiden Ebenen, od. der Ebene u. der geraden Linie gleich ist. Diese Neigungsebene ist für eine gerade Linie u. eine Ebene die auf der Ebene senkrechte Ebene, wird also durch die gegebene Gerade u. irgend ein Perpendikel von einem Punkte der Geraden auf die Ebene bestimmt, für zwei Ebenen aber ist es eine auf beiden Ebenen senkrechte, d.i. die Ebene zweier in den beiden Ebenen, durch einen Punkt ihrer Durchschnittslinie auf derselben gezogenen senkrechten. Daher N. der Bahn, der Flächenwinkel, welchen die Ebene einer Planeten- od. Kometenbahn mit der Ebene der Ekliptik bildet, gehört zu den Elementen (s.d. 4) f); bei den Nebenplaneten die Flächenwinkel, welche die Ebenen der Bahnen dieser Nebenplaneten mit den Ebenen ihrer Hauptplaneten bilden. Die größte heliocentrische nördliche od. südliche Breite eines Planeten od. Kometen ist[772] gleich der N. der Bahn desselben; aber diese Breite kann, da wir uns nicht im Mittelpunkte der Sonne befinden, nicht beobachtet, sondern muß durch Rechnung bestimmt werden. N. des einfallenden Strahls (Neigungswinkel), so v.w. Einfallswinkel, s.u. Licht. N. des zurückfahrenden Strahls, der Winkel, welchen der reflectirte Strahl mit dem Neigungsperpendikel macht. 5) Willensbestimmung aus innerem Triebe, ohne daß Reflexion des Verstandes, od. Vernunftgründe, sich dabei vorwaltend geltend machen, namentlich insofern sie dem Begehren eine beharrliche Richtung gibt. In Bezug auf den Gegenstand, wohin eine N. sich wendet, wird sie Hinneigung od. Zuneigung; ihr Gegensatz aber tritt als Abneigung hervor. Aus der moralischen Natur des Menschen hervorgehende Neigungen heißen edle N-en.