[911] Reflexion (v. lat. Reflexio), 1) Zurückbeugung; R. utĕri, Gebärmutterbeugung; 2) Zurückwerfung des Lichts, der Wärmestrahlen, des Schalls. Wenn eine Wellenbewegung, nachdem sie sich in einem Medium von gewisser Elasticität fortgepflanzt hat, auf irgend ein anderes Medium von größerer od. kleinerer Elasticität trifft, so theilt sie sich in zwei Wellensysteme, von denen das eine in das bisherige Mittel zurückkehrt, während das andere in das zweite Mittel übergeht; das erstere heißt das reflectirte Wellensystem u. dieser Theil der Erscheinung die R. Ist die Richtung des ursprünglichen Wellensystems od. Strahls gegen die Grenzfläche des zweiten Mediums senkrecht, so wird er in der, der Einfallsrichtung entgegengesetzten Richtung reflectirt; ist die Richtung gegen denselben schief, so muß der Einfallswinkel dem, in welchem die R. geschah, gleich sein. 3) Die Zurückwendung des Denkens auf das Gedachte, also diejenige geistige Thätigkeit, durch welche Begriffe u. Gedanken selbst wieder zum Gegenstande eines bestimmenden, vergleichenden, prüfenden Denkens gemacht werden. Reflectiren heißt daher im Allgemeinen so viel als seine Gedanken sich zum Bewußtsein bringen, nachdenken, überlegen. Kant nannte Reflexionsbegriffe die die allgemeinsten Gesichtspunkte bezeichnenden Begriffe, nach denen sich die R. überhaupt richtete (z.B. Einerleiheit u. Verschiedenheit, Einstimmung u. Widerstreit etc.) u. unterschied die transscendentale R., d.h. die Frage nach dem Erkenntnißvermögen, in welchem ein Begriff seinen Sitz habe, von der logischen R., d. h. von der Vergleichung der Begriffe ohne Rücksicht auf ihren Ursprung. Unter dem Einflusse seiner Lehre bildete sich die Ansicht aus, daß unter den Begriffen eine gewisse Rangordnung stattfinde, je nachdem sie aus der Sinnlichkeit, dem Verstande od. der Vernunft stammen u. daß diese höhere od. niedere Herkunft über ihren Werth u. ihre Richtigkeit entscheide. Daher haben später die philosophischen Schulen, welche sich auf eine intellectuelle Anschauung als die letzte Quelle des Wissens beriefen u. die Vernunft als ein höheres an die Gesetze des verständigen Denkens nicht gebundenes Vermögen betrachteten, diejenige Methode der philosophischen Untersuchung, welche die Entscheidung über Wahrheit u. Irrthum von der Strenge des logischen Denkens abhängig macht, Reflexions- od. Verstandesphilosophie genannt, um ihr dadurch einen untergeordneten Standpunkt anzuweisen.