Viaduct

[549] Viaduct, ein Bauwerk, mittelst dessen ein Weg über ein Thal, einen Einschnitt, überhaupt in einer größeren Höhe über der natürlichen Bodenfläche geführt wird u. zwar ohne einen Damm, demnach vermittels Bogenstellungen od. mittels auf Pfeilern ruhender Träger; Brücke heißt es insbesondere dann, wenn die Bogenstellungen ein fließendes Wasser überspannen. Als Gegensatz zu den V-en lassen sich die Tunnel (s. d,) betrachten. V-e sind in ganz ähnlicher Weise construirt wie die Brücken (s.d.) u. wie die Aquäducte (s. Wasserleitungen); bei weitem vorwiegend sind die Stein- u. Eisenconstructionen. Obwohl neben den Aquäducten auch V-e schon von den Römern erbaut wurden, so kommen doch in neuerer Zeit bes. häufig u. in großem Maßstabe ausgeführte derartige Bauten bei den Eisenbahnen (s.d. I. ä) a) vor. Sie werden da angewendet, wo Dammaufschüttungen zu hoch u. breit, zu kostspielig, überhaupt unausführbar werden würden; auch, bes. in England häufig, da, wo Bahnen in Städten (namentlich in London) über die Straßen u. Häuser weggeführt werden müssen. Die Bögen selbst werden dabei zur Erzielung größerer Tragfähigkeit derselben u. einer geringeren Stärke der Pfeiler meist überhöht. Bei lockerer Beschaffenheit der Erdmasse an den sich anschließenden Dämmen führt man in Verbindung mit den letzten Viaductpfeilern sogenannte Flügelmauern auf Unter die größten u. höchsten der in neuerer Zeit in Deutschland ausgeführten Eisenbahnviaducte gehören u.a. die Göltzsch- (s.d.) u. die Elsterthalüberbrückungen der Sächsisch-baierischen Staatseisenbahn, die der Chemnitz-Riesaer Staatsbahn, bes. bei der Dietenmühle bei Waldheim, die der Semmeringbahn (s.d.), die der Zittau-Reichenberger Bahn, bes. bei Zittau, die der Leipzig-Dresdner Bahn bei Riesa u. bei Würzen, der in Dresden an die Marienbrücke sich anschließende V., die V-e der Sächsischschlesischen Staatseisenbahn bei Görlitz, bei Radeberg u. bei Seidschen, der der hannoverschen Südbahn bei Münden. V-e für gewöhnliche Straßen sind z.B. bei Kreinsen in Braunschweig, bei Salzderhalden in Hannover. Große V-e enthalten auch die Straßen über den Simplon, Splügen u. andere Bergstraßen. Der V. über die Saane bei Freiburg in der Schweiz hat einschließlich der beiden Landpfeiler 382,6 Meter Länge u. bis zu den Schienen 78,7 Meter Höhe; er hat zwei mit Durchfahrten versehene Landpfeiler u. sechs Mittelpfeiler; die beiden Endöffnungen haben 44,9 Meter u. die Mittelöffnungen 48,8 Meter Weite von Pfeilermitte zu Pfeilermitte; die Mittelpfeiler haben massive Unterlagen von 13–32 Meter Höhe, ihre Oberfläche liegt in einer horizontalen Ebene; der übrige vom Mauerwerke bis zur Gurtung des Unterbaues 43 Meter hohe Theil ist von Eisen aus zwölf gußeisernen [549] Röhren, welche durch aus Winkel- u. Flacheisen construirte Gitterwerke u. Diagonalverbindungen abgesteift sind. Bei dem V. über die Aar bei Bern liegt das Geleis 139 Fuß über dem Mittelwasserstande der Aar; bei einem 19 Fuß hohem Überbau ist jeder der beiden massiv in Quadern ausgeführten Pfeiler 120 Fuß hoch; der eiserne Überbau ist 536 Fuß lang. Bei dem V. über die Silter bei St. Gallen auf der St. Gallischen Eisenbahn liegt das Geleis 199 Fuß über dem Nittelwasserstand der Silter; jeder der drei Mittelpfeiler hat einen 33H Fuß hohen massiven Unterbau, worauf sich die 150 Fuß hohen gußeisernen Pfeiler erheben, welche aus durchbrochenem Rahmenwerke in 26 Etagen über einander von je 5,77 Fuß Höhe zusammengesetzt ist; die Länge des Überbaues beträgt 520 Fuß. Bayno V. in England hat drei Öffnungen von 259 Fuß Spannweite, massive Pfeiler von 83,5 Fuß Höhe über dem Hochwasser der Springfluth. Crumlin V. in England hat 10 Öffnungen von 145,7 Fuß Spannweite; die Pfeiler bestehen aus einem niedrigen massiven Unterbau, auf welchem 14 zu einem Pfeilersysteme verbundene gußeiserne Röhren stehen; die höchsten Pfeiler sind von ihrem Fuße bis zur Schienenhöhe 197 Fuß hoch, sind aus 10 Röhrenetagen von je 16,5 Fuß Höhe zusammengesetzt u. haben viel Ähnlichkeit mit denen des Saane-V-s. Vgl. Fontenay, Die Konstruktion der V-e, Weimar 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 549-550.
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