[907] Chemnitz, 1) Fluß im königlich sächsischen Kreise Zwickau, bildet sich bei Harthau u. Altchemnitz aus der Würschnitz u. Zwönitz (die auch schon Ch. heißt), fließt durch die Stadt Ch. u. fällt zwischen Lunzenau u. Wechselburg in die Mulde; 2) Bezirksgericht u. Gerichtsamt im königlich sächsischen Kreise Zwickau mit 75,140 Ew. in 1 Stadt u. 39 Dörfern. 3) Amtsstadt darin am Chemnitzflusse, dritte Stadt Sachsens, Amtshauptmannschaft, Hauptsteueramt, Postamt, Eisenbahnstation mit Bahnhof, Directorialsitz des Sächsischen Industrievereins, Superintendentur, 6 Kirchen, Real-, Gewerb-, Bau-, Weber- u. Sonntagsschulen, 2 Hospitäler, Kranken-, Waisen- u. Leihhaus, Sparkasse, Schloß (ehemals Benedictinerkloster), antikes Rathhaus, Schauspiel aus Casinogebäude, Freimaurerloge: Harmonie, Gasbeleuchtung; Gewerb- od. Handwerkerverein, Verein zur Beerdigung der Selbstmörder u. andere Vereine. Ch. zählt mit seinen weitläufigen Vorstädten 36,300 Ew. (1801 nur 10800 Ew.) u. dankt diese Volksvermehrung u. seinen Aufschwung überhaupt dem Fabrikfleiß. Ch. ist die erste Fabrikstadt Sachsens u. eine der ersten Deutschlands, bes. in Baumwollenwaaren. Gegen 50 Spinnereien arbeiten mit Dampf- od. Wasserkraft in u. um Ch.; ferner gibt es Kattundruckereien, Färbereien u. Bleichen, Webereien in allen Arten baumwollenem Zeug, bes. buntem (auch wollene u. seidene Waare), Strumpfwirkerei; die Maschinenbauwerkstätten von Hartmann, welche nächst Spinn- u. Dampfmaschinen auch Locomotiven liefern; Wachstuch-, Karten-, Bleizucker- u. andere Fabriken. Mit der Wichtigkeit der Fabrikation steht auch der Handel im Verhältniß, für welchen bes. die von Riesa über Ch. u. Glauchau nach Zwickau führende (1858 vollendete) Erzgebirgische Eisenbahn von Wichtigkeit ist. An die Vorstädte schließen sich unmittelbar die Fabrikdörfer Alt-Chemnitz, Kappel u. Gablenz an. Noch sind die wichtigen, schon 1463 bekannten Chemnitzer Sandsteinbrüche im nahen Zeisigwalde zu erwähnen, u. die Erzgebirgischen Kreistage, welche in Ch. gehalten werden. Ch. dankt seine Gründung u. den Namen (ursprünglich Kemnitz), den Sorbenwenden, u. zwar wurde zuerst das Dorf Alt-Ch. angelegt, während das eigentliche Ch. unter Kaiser Heinrich I. erbaut worden u. 1125 vom Kaiser Lothar II. zur Stadt erhoben worden sein soll, vielleicht als Eigentum der mächtigen Dynasten von Waldenburg, welche als Besitzer der Herrschaft Rabenstein bis 1375 auch die Obergerichtsbarkeit in der Stadt besaßen. Von 1242 bis 1290 gehörte Ch. pfandweise zum Markgrafenthum Meißen u. war später eine Reichsdomänenstadt, bis zum J. 1350, wo es nach mehrjähriger Verpfändung erblich an das genannte Markgrafenthum u. somit an Sachsen gelangte. 1376 wurde Ch. eine förmliche Festung, welche 1429 von den Hussiten vergeblich belagert wurde. 1539 wurde in Folge eines hiesigen Landtages die Reformation in Ch. eingeführt. Nachdem schon in den Jahren 1389, 1395 u. 1531 Hauptbrände die Stadt betroffen hatten, litt dieselbe im Dreißigjährigen Kriege durch Feuer u. Schwert sehr, bes. durch die Brände von 1631, 1633 (durch Holke), 1634 u. 1643, sowie in Folge eines Treffens bei Ch. am 14. April 1639, in welchem die Schweden unter Baner die Sachsen u. Kaiserlichen besiegten. Auch in den späteren Kriegen litt Ch. viel. 1770 legte hier der Hamburger W. G. Schlüssel die erste Kattunfabrik an u. 1800 der Engländer Whitfield die erste Spinnmühle Sachsens. Von großer Bedeutung für die zunehmende Blüthe der Stadt wurde auch die Stiftung der Industrievereins im Jahre 1829 u. die gleichzeitige Einführung der Jacquardwebstühle. Ch. ist der Geburtsort des Philologen Chr. Heyne. Vgl. Richter, Chemnitzer Chronik. Anngb. 1753: Lehmann, Chemnitzer Chronik, Chemn. 1842; Kretschmar, Chemnitz wie es war u. ist, Chemn. 1822; 4) Schloß Ch., 1/4 Stunde von der Stadt entfernt; 5) Alt-Ch., Dorf mit 1300 Ew., großen Spinnfabriken u. Papiermühlen; 6) s. Kemnitz u. Dorfchemnitz.