Charybdis

1. Wer der Charybdis entgehen will, fällt in die Scylla.


[530] 2. Wer die Charybdis will vermeiden, muss bei der Scylla Schiffbruch leiden.

Charybdis und Scylla sind die Namen, die man früher zwei Strudeln des Mittelländischen Meeres unweit des Hafens von Messina gab. Diese beiden, einander gegenüberliegenden Schlünde waren dem Seefahrer, besonders als sich die Schiffahrt noch in ihrer Kindheit befand, äusserst gefährlich. Virgil und die Geschichte des Ulysses beweisen uns hinlänglich, wie man zu jener Zeit über diese Strudel dachte, und die Vorsichtsmassregeln, die jeder Schiffer nahm, um sie zu vermeiden. Sehr häufig aber wurden die, welche mit aller Anstrengung der Charybdis entronnen waren, von der Scylla ergriffen, daher der Sinn des obigen Sprichworts, dass wer ein Uebel vermeiden wolle, oft in ein anderes, noch schlimmeres falle. Wahrscheinlich verdankt dies alte Sprichwort der Fabel des Homer seine Entstehung, nach welcher Ulysses, während er aus Furcht vor der Charybdis mit seinem Schiffe zu nahe an die Scylla gerieth, sechs von seinen Begleitern verlor.

Frz.: Tomber de Charybde en Scylla. (Lendroy, 1374.)

Lat.: Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim. (Wiegand, 715.)


*3. Aus der Charybdis in die Scylla fallen.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880.
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