Geiseln

1. Es wird mancher gegeiselt, der keine Schuld hat.

»Ich will ihn geiseln und loslassen«, sagte Pilatus. Und die Aegypter sagen sogar zur Charakterisirung des morgenländischen Rechtswesens im Sprichwort: Geisele den Unschuldigen, damit der Schuldige bekenne. (Burckhardt, 392.) Das Sprichwort soll seine Entstehung einem verwickelten Rechtsfalle zu danken haben, bei welchem der Kadi einen notorisch Unschuldigen blos aus dem Grunde zur Bastonade verurtheilte, damit der wirkliche Thäter aus Mitleid zum Geständniss bewogen werden möchte.


2. Jeder geiselt sich auf seine Weise.

Findet in der Geschichte des Geiselwesens als Bussübung seine Erklärung. (Vgl. Der Flagellantismus und die Jesuitenbeichte, Leipzig 1834.)

Frz.: Chacun se fait fouetter à sa guise. (Lendroy, 1586.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1446.
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