Hôlekrâschen

Wie Aaner gehalkrâscht is, so hâsst er.Tendlau, 702.

Tendlau a.a.O. gibt über dies Sprichwort folgende Erklärung: In frühern Zeiten war es gebräuchlich, dem [739] neugeborenen Kinde, nachdem es vier Wochen alt geworden war, an einem Sabbatnachmittage seinen deutschen (chōl, profanen) Namen zu geben, neben dem hebräischen (heiligen, kadosch), den der Knabe schon bei der Beschneidung erhielt. Es geschah dies dadurch, dass man die Wiege sammt dem geputzten Kinde von dazu eingeladenen verwandten und befreundeten Kindern feierlich und festlich umstellen und, nach dem man einige bestimmte Verse aus dem Pentateuch laut hergesagt, dieselbe dreimal in die Höhe heben liess, unter dem jedesmaligen Rufe (Krisch von kreischen, crier): Wie soll das Kindlein heissen? Antwort: N., worauf unter die Kinder allerhand Süssigkeiten vertheilt wurden. Aus diesem Chol = kreisch bildete sich dann das Substantiv: Hôlekrâsch, so wie das Verbum: hôlekrâschen (kreischen). Der Sinn, in dem das Sprichwort angewandt wird, ist also: »Der Name, den einer einmal', sei es ein guter oder böser, erhalten hat, bleibt ihm, ob mit Recht oder Unrecht, weil die Menschen zu träge sind, ihr einmal gefälltes Urtheil zu ändern oder zu berichtigen. Es soll aber auch durch das Sprichwort die Macht der öffentlichen Meinung einen Ausdruck erhalten.« (S. Ding 948-949, Esel 344 u. 447., Eselsohren 3 und Geplärr.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 739-740.
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