Maulschelle

1. Auf eine Maulschelle gehört ein Dolch.Eiselein, 455; Eisenhart, 471; Pistor., I, 61; Simrock, 6901; Körte, 4167; Braun, I, 2630; Venedey, 144; Reinsberg III, 59; Graf, 352, 418.

Sie galt als eine der schwersten Angriffe auf die Ehre. (S. Mann 916.) Das Sprichwort gehört nämlich einer Zeit an, wo man noch nichts von Injurien, Klagen und Processen wusste, sondern jeder die ihm zugefügten Beleidigungen selber rächte. Der Beleidigte war damals zu dieser Selbstrache gewissermassen gezwungen, denn wer eine erlittene Schmach auf sich sitzen liess, verlor seine Ehre, seine Mitbürger achteten ihn ihres Umgangs für unwürdig; er konnte ferner nicht bei den Turnieren erscheinen, er wurde von allen Ehrenämtern ausgeschlossen, Treu und Glaube wurden ihm abgesprochen. Nur durch den Degen konnte er die verlorene Ehre wieder erhalten, ein Mittel, das von Fürsten, Gerichten, ja der Kirche selbst gebilligt wurde.

Frz.: Un démenti vaut un soufflet. (Venedey, 144.)


2. Die erste Maulschelle ist besser als zwo andere.Lehmann, 447, 19; Pistor., IV, 68; Körte, 4168; Simrock, 6902.

Nämlich die zuerst gegebene; sie ist »so gut als sonsten zwo«. (Opel, 383.) In Mecklenburg: Dei irst Mulschell ist bäter als twei anner. (Raabe, 23.)

Dän.: Det første mund-slag er saa godt som to. (Prov. dan., 61.)


3. Gedrohte Maulschellen und aufgewärmtes Essen sind ohne Saft und Kraft.

It.: Schiaffo minacciato non fù mai ben dato. (Pazzaglia, 226, 2.)


4. Maulschellen sind keine Hechtleber.Frischbier2, 2581.


5. Vor der ersten Maulschelle hüte dich!


6. Wenn Maulschellen nicht helfen, so nimm Fäuste.


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7. Eine Maulschelle zu rechter Zeit ist gar nicht unrecht.Pestalozzi.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1595.
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