Ostermärchen

* Es ist ein Ostermärchen.

Eine erfundene, komische, lächerliche Geschichte. Bekanntlich wurden früher viele christlich-kirchliche Feste mit dem Beiwerk von Possen und Narrenspielen ausgestattet, die weder mit der Würde jener Feste, [1158] noch mit den Orten, wo sie gefeiert wurden, im Einklang standen. Dazu gehörte auch der Brauch, welcher sich bis in das vorige Jahrhundert behauptet hat, während der Osterpredigten dem Volke in den Kirchen allerlei Schwänke und lustige Histörchen aufzutischen, um die Zuhörer nach der traurigen Fastenzeit zu erheitern. Joh. Matthesius berichtet darüber: »Um diese Zeit pflegt man Ostermärlein und närrische Gedichte zu predigen, damit man die Leute, so in der Fasten durch ihre Busse betrübet und in der Marterwoche mit dem Herrn Christo Mitleiden getragen, durch solch ungereimtes und loses Geschwätz erfreuet und wieder tröstet, wie ich solche Ostermärlein in meiner Jugend etliche gehöret.« Als Beispiel erzählt Matthesius Folgendes: »Da der Sohn Gottes vor die Vorburg der Hölle kam und mit seinem Kreuz anstiess, haben zwei Teufel ihre langen Nasen als Riegel vorgesteckt; als aber Christus angeklopft, dass Thür und Angeln mit Gewalt aufgegangen, habe er beiden Teufeln ihre Nasen abgestossen.« »Solches«, bemerkt Matthesius, »nannten zu der Zeit die Gelehrten Risus paschalis.« (Vgl. Steger, Ostermärchen und Ostergelächter, in der Europa, Leipzig 1871, Nr. 15, 457.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1158-1159.
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