[217] Ding (chrêma, pragma,: 1) Allgemein jede Sache, jedes Etwas, das sich denken, von dem sich sprechen läßt. Gegensatz: das Nichts, das »Unding«. 2) Das Einzelding als Ganzes von Eigenschaften, das »Außending«, das reale Object, das wirkliche Wesen als Träger von Merkmalen. Der Ding-Begriff ist eine logische Kategorie (s. d.), er entsteht dadurch, daß das Ich einen constanten Complex von Qualitäten, der mit Widerstandsempfindungen verbunden auftritt, als ein einheitliches, identisches, dauerndes, wirkungsfähiges Wesen auffaßt, es nach Analogie seiner (des Ich) selber deutet. Das »Ding« ist ursprünglich eine Art Gegen-Ich, ein Ich-Analogon, d.h. ein ebenso Selbständiges, Kraftvolles, Permanierendes wie das Ich. Es ist von Anfang ein Vorstellungszusammenhang, der mehr als die unmittelbare Sinneswahrnehmung enthält, und der noch um einen »transcendenten Factor« (s. d.), um eine durch »Introjection«(s. d.) hineingelegte Art Ichheit bereichert wird. Die »Dinge« des naiven Menschen sind also mehr als bloße objective Bewußtseinsinhalte, sie setzen sich aus etwas (vom philosophischen Standpunkte) Bewußtseinsimmanentem und etwas als transcendent, an sich seiend Gemeintem zusammen. Der Ding-Begriff entsteht formal aus der synthetischen Tätigkeit des Denkens, welche den Erfahrungsinhalt formt, material durch die Ergänzung der äußeren durch die innere Erfahrung. Einzeldinge erstehen dem erkennenden Bewußtsein erst durch die (apperceptive) Zerlegung des Vorstellungsganzen.
Dem Realismus (s. d.) gelten die Dinge als Wesenheiten außer und unabhängig von dem Bewußtsein des Subjects, dem Idealismus (s. d.) hingegen als Vorstellungen oder als Complexe, Zusammenhänge von Vorstellungen und Vorstellungsmöglichkeiten.
Im weiteren Sinne wird der Begriff »Ding« gebraucht in der antiken. Philosophie. Dann bei den Scholastikern, welche unter Dingen (»entia, res«) sowohl Außendinge (»entia realia«) als auch Denkinhalte überhaupt (Gedanken[217] dinge, »entia rationis«) verstehen. Schon DIONYSIUS AREOPAGITA unterscheidet »entia rationalia, intellectualia, sensibilia, simpliciter existentia« (bei ALBERTUS MAGNUS, Sum. th. I, 15, 2). Nach THOMAS ist »res« sowohl das, »quod est in anima« als auch »quod est extra animam« (1 sent. 25, 1, 4c). »Ens« = »quod significat substantiam rei« (De ente et ess. l). »Ens rationis« ist nach DUNS SCOTUS »subiectum logicae«, »ens in quantum mobile est« = »subiectum naturalis scientiae«, »ens sub ratione« = »subiectum metaphysicae« (vgl. PRANTL, G. d. Log. III, 203). WILHELM VON OCCAM betont: »non ideo aliquid dicitur ens rationis, quia non est vera res existens in rerum natura, sed ideo dicitur ens rationis, quia non est nisi in ratione, qua mens utitur pro alio vel intelligitur aliud« (Sum. th. I, 40). »Ens reale accipitur pro omni vera re existente in rerum natura« (Sent. prol. qu. 1). Nach SPINOZA ist »ens« »id omne, quod, cum clare et distincte percipitur, necessario existere, vel ad minimum posse existere, reperimus« (Cogit. met. I, 1). »Ens fictum« ist »quod ex sua natura existere nequit« (ib.). Nach LEIBNIZ ist ein Ding alles, dessen Begriff etwas Positives enthält oder das als möglich Vorstellbare (Opp. Erdm. p. 442). CHR. WOLF bestimmt »ens« als »quod existere potest, consequenter cui existentia non repugnat« (Ontol. § 134); »non-ens« als »quod existere nequit« (l.c. § 137), »ens imaginarium« als »quod notione imaginaria exhibetur« (l.c. § 141). »Quod possibile est, ens est« (l.c. § 135). »Quicquid est vel esse posse concipitur, dicitur res, quatenus est aliquid« (l.c. § 243). Ding ist »alles, was sein kann, es mag wirklich sein oder nicht« (Vern. Ged. I, § 16).
Das Ding als Substanz (s. d.), als Wesenheit außer dem Bewußtsein, als Ursache der Vorstellung, als von seinen Merkmalen ontologisch Verschiedenes: in der antiken Philosophie und in der Scholastik, bei DESCARTES (s. Substanz), LOCKE, der schottischen Schule u. a. CRUSIUS versteht unter Ding »dasjenige, was wirklich so, wie es gedacht wird, auch außerhalb der Gedanken vorhanden ist« (Vernunftwahrh. § 11). – Nach HERBART ist das Ding »eine Complexion von Merkmalen, noch ohne Frage nach ihrer realen Einheit, die dabei blindlings vorausgesetzt wird« (Lehrb. z. Psychol. S. 86). Die Vorstellung des Dinges entsteht durch »Zerreißung« der Umgebung (Psychol. a. Wiss. II, §118). Das Ding ist »die Substanz, welcher die Merkmale inhärieren« (Met. II, § 215). In dem Begriffe des Dings mit vielen Eigenschaften steckt ein Widerspruch, weil die Mehrheit der Eigenschaften die Einheit des Dinges aufhebt. Der Widerspruch wird gelöst durch die Methode der »Beziehungen« (s. d.) (Met. II, §184 f.).
Nach ARDIGÒ ist ein Ding (cosa) das in einem Raume Coëxistierende (Op. filos. I, 72). Nach SIGWART liegt der Ding-Vorstellung zuerst »die einheitliche Zusammenfassung einer im Raume abgegrenzten und dauernden Gestalt zugrunde, also eine räumliche und zeitliche Synthese« (Log. II2, 113). Das Ding ist »ein Vorgestelltes, das als eine räumlich abgegrenzte, in der Zeit dauernde Gestalt sich uns darstellt« (l.c. S. 117). UPHUES bestimmt das Ding als »das in demselben Raume Coëxistierende« (Psychol. d. Erk. S. 58). »Unter Ding verstehen wir... ein Undurchdringliches, das wir auf Grund der Tast- und Gelenkempfindungen kennen lernen« (l.c. I, 57). Nach B. ERDMANN ist das Vorgestellte ein Ding mit Eigenschaften, »sofern es sich als beharrendes selbständig Wirkliches, d. i. als selbständig Wirkendes und Leidendes zu erkennen gibt. In diesem Sinne sind die Körper, ist aber auch das Subject des Bewußtseins ein Ding mit Eigenschaften« (Log. I, 56).[218]
Der Pantheismus (s. d.) sieht in den Einzeldingen nur relative Existenzen, Formen oder Modificationen des einen Wesens, der Natur, Substanz, Gottheit. So besonders nach SPINOZA. »Res singulares« sind Dinge, »quae finitae sunt et determinatam habent existentiam« (Eth. II, def. VII). »Res particulares nihil sunt nisi Dei attributorum affectiones, sive modi, quibus Dei attributa certo et determinato modo exprimuntur« (Eth. I, prop. XXXV, Coroll.). Nach MALEBRANCHE sind die Dinge nur »des participations imparfaites de l'etre divin« (Rech. II, 6). Nach SCHELLING ist das Ding ein »Moment« des »ewigen Actes der Verwandlung« des Absoluten (Naturphilos. S. 76), »nur ein bestimmter Grad von Tätigkeit, mit welchem der Raum erfüllt wird« (Syst. d. tr. Ideal. S. 61). HEGEL versteht unter Ding »das existierende Etwas« (Log. II, 124), »die Totalität als die in einem gesetzte Entwicklung der Bestimmungen des Grundes und der Existenz« (Encykl. §125). Nach K. ROSENKRANZ ist »Ding« das Wesen »als in seiner Existenz sich als Totalität aller seiner Bestimmungen auf sich selbst beziehend« (Syst. d. Wiss. S. 60 f.). Für SCHOPENHAUER sind die Dinge nur flüchtige Erscheinungen des einen Willens (s. d.). E. DÜHRING versteht unter Ding »eine bestimmte Abgrenzung der Materie, in welcher irgend ein Verhalten mehr oder minder dauernd angelegt ist« (Log. S. 201). Die Dinge sind »zum Teil vorübergehende Ausprägungen bestimmter Formen und Gruppierungsverhältnisse und nur insoweit, als sie allgemeinen Weltstoff enthalten, auch absolute Dauerbarkeiten« (l.c. S. 202).
Der empiristische Idealismus besonders bestimmt das Einzelding als (associativen) Complex von Sinnesqualitäten und Erinnerungsinhalten. So BERKELEY (Princ. XCIX), HUME (Treat. I, III, sct. 14, Inquir. IV, 1), J. ST. MILL (Exam. ch. 11, p. l90 ff.). R. AVENARIUS versteht unter »Ding« das »Bleibende« in einem Eigenschaftscomplexe (Krit. d. r. Erf. II, 74). E. MACH bestimmt das Ding als eine constante Gruppe von Empfindungen oder »Elementen« (Analy(s. d.) Empfind.4, S. 5 ff.). Das Ding ist nichts außer dem Zusammenhang dieser Elemente (s. d.). Die vermeintlichen Einheiten »Körper«, »Ich« sind nur »Notbehelfe zur vorläufigen Orientierung und für bestimmte praktische Zwecke« (l.c. S. 10 f.). OSTWALD versteht unter »Ding« »ein Erlebnis, das wir von anderen als getrennt oder unterscheidbar empfinden« (Vorles. üb. Naturphil.2, S. 77 f.). – SCHUPPE erblickt den Dingcharakter in der Einheit und Notwendigkeit, welche die in der Wahrnehmung vereinten Sinnesdata »hier und jetzt« verbindet (Log. S. 117, 120). Die Dinge sind etwas dem Bewußtsein Immanentes (s. d.). Es gibt Raum- und Zeitdinge (l.c. S. 123 ff.). Was als ein Glanzes oder als eine Einheit gedacht wird, ist in gewissem Sinne ein Ding (l.c. S. 130). Das Ding ist nicht die Summe seiner Eigenschaften sondern die »Einheit von Unterscheidbarem, durch welche auch die unterscheidbaren Einzelnen erst den Charakter der Eigenschaft oder des Teiles bekommen« (l.c. S. 130). Vom Körperlichen ist das »Ichding« (l.c. S. 140) zu unterscheiden. Nach SCHUBERT-SOLDERN ist das Ding »eine Gruppe räumlich zeitlich-qualitativ bestimmter Causalbeziehungen« (Vierteljahrsschr. f. w. Philos. 7. Bd., S. 430), »ein zeitlich und räumlich bestimmtes, in einer bestimmten Art gesetzlicher Veränderung begriffenes Zusammen von einfachen Daten« des Bewußtseins (Gr. e. Erk. S. 68, 126 ff., 138). Nach REHMKE gründet sich die Einheit des »Ding-Concreten« »auf das notwendige Zusammen im Nacheinander verschiedener Augenblickseinheiten« (Allg. Psychol. S. 44). »Ding« und »gewußtes Ding« sind dasselbe Gegebene (l.c. S. 74). Die Dinge sind nicht außer dem Bewußtsein, gehören der Seele zu (l.c. S. 81 f.).[219]
FECHNER bestimmt: »Jedes Ding, mit dem wir umgehen, ist für uns geistig charakterisiert durch eine Resultante von Erinnerungen an alles, was wir je bezüglich dieses Dinges und selbst verwandter Dinge äußerlich und innerlich erfahren, gehört, gelesen, gedacht, gelernt haben. Diese Resultante von Erinnerungen knüpft sich ebenso unmittelbar an den Anblick des Dinges, wie die Vorstellung desselben an das Wort, womit es bezeichnet wird« (Vorsch. d. Ästh. I, 93). Nach L. GEIGER ist ein Ding die Gesamtsumme von Empfindungsmöglichkeiten, eine durch das Wort hergestellte »ideale Einheit« (Urspr. u. Entw. d. m. Spr. I, 46, 51). TH. LIPPS versteht unter Dingen »Complexe von Vorstellungsinhalten, aber nicht von solchen, die wir beliebig vereinigen, sondern von solchen, die wir – wenigstens unter Voraussetzung anderer, stillschweigend hinzugedachter Bedingungen – zusammendenken müssen« (Gr. d. Seelenleb. S. 435). »Was aber Dinge und Eigenschaften schließlich macht, ist das, mit den Elementen des Dinges nicht gegebene, sondern vom Denken auf Grund der Erfahrung hinzugefügte Band der Zusammengehörigkeit oder der wechselseitigen logischen (causalen) Relation zwischen den Elementen. Dies Band der Notwendigkeit... kann als das letzte Substrat in dem Ding bezeichnet werden« (Gr. d. Log. S. 89). HUSSERL versteht unter Dingen »die durch eine Causalgesetzlichkeit einheitlich umspannten Concreta« (Log. Unt. II, 249). H. CORNELIUS erklärt, das Ding sei seinem Begriffe nach »identisch mit einem gesetzmäßigen Zusammenhange unserer Wahrnehmungen«, im Begriffe des Gegenstandes wird die Gesamtheit der Wahrnehmungen verknüpft (Einl. in d. Philos. S. 262, 257 ff.; Psychol. S. 236 ff., 246 ff.). Nach E. v. HARTMANN ist das Ding »eine Gruppe von äußeren Wahrnehmungen, die einen... relativ beständigen Kern hat« (Kategor. S. 496). Das Ding gilt als das, dem die Eigenschaften inhärieren; es wirkt also schon hier die Kategorie der Substantialität mit (ib.).
Der Kriticismus leitet den Dingbegriff aus der synthetischen Function des Bewußtseins ab, aus der nach (apriorischen) Kategorien (s. d.) formenden Tätigkeit des Ich, welches das Vorstellungsmaterial in seine eigene Einheit hineinverarbeitet, zu objectiven, gesetzmäßigen Zusammenhängen verknüpft. Die Einheit des Dinges ist nach KANT ein Reflex der Identität des erkennenden Bewußtseins (Kr. d. r. Vern. S. 122). Die Dinge im Raume sind kategorial verknüpfte Vorstellungsinhalte, nicht die Dinge an sich (s. d.), sondern Erscheinungen (s. d.) (l.c. S. 57, 316). Das Dasein der Dinge ist nicht zu bezweifeln (s. Object). Im Sinne Kants bestimmen das Ding A. LANGE (einheitliche, zusammenhängende Gruppe von Erscheinungen), H. COHEN, NATORP u. a. Nach O. SCHNEIDER bezeichnet der Dingbegriff »diejenige dem Geiste ureigene Denkverrichtung, durch welche aus dem steten Flusse der wechselnden mannigfaltigen Bewußtseinszustände ein bestimmter Denkinhalt als Inbegriff einer Anzahl solcher zusammengehöriger Bewußtseinsinhalte geformt und dergestalt herausgehoben wird, daß nun erst das Subject, das Bewußtsein seinen Denkgegenstand hat« (Transcendentalpsychol. S. 186 f.).
Nach RIEHL legt das Ich seine eigene Identität (s. d.) in die Dinge. Diese sind »constante Gruppen von Eigenschaften, zur Einheit des Bewußtseins gebracht« (Phil. Krit. II 1, 234 ff., 295). WUNDT betont, der Substanzbegriff stecke noch nicht im Dingbegriffe. Die Erfahrungsdinge sind nichts absolut Beharrendes, sondern »was im fortwährenden Wechsel der Erscheinungen zusammenhängt«, constante Complexe von Eigenschaften und Zuständen. Der Dingbegriff ist nicht Product der bloßen Association, sondern einer »apperceptiven [220] Synthese« und hat seine letzte Quelle in der Einheit des Bewußtseins. Wie sich die Apperception (s. d.) als constante Tätigkeit abhebt vom wechselnden Inhalt des Appercipierten, so sondert sich an unseren Vorstellungen von den wechselnden Vorgängen der bleibende Gegenstand. Das Ich überträgt »die aus der eigenen apperceptiven Tätigkeit hervorgegangene Idee eines Substrats der Vorstellungen auf die Gegenstände des Vorstellens«. »Die Selbständigkeit unseres Ich und der stetige Zusammenhang unserer Vorstellungen werfen ihren Reflex auf die Dinge außer uns« (Syst. d. Philos.2, S. 163, 255 ff.; Log. 12, S. 462 ff., 470 ff.; Phil. Stud. II, 171 f., XII, XIII). Das geistige Geschehen ist nicht selbst ein Ding (Syst. d. Phil.2, S. 277 ff.; Log. I2, 537 ff.). Anlaß zur Bildung des Dingbegriffes ist überall da gegeben, »wo einerseits ein Complex von Erscheinungen sich selbständig abhebt von andern, mit denen er in Beziehung steht, und wo anderseits die Veränderungen, welche jener Complex darbietet, stetig auseinander hervorgehen«. Die Sonderung des Gegebenen in eine Mannigfaltigkeit von Einzeldingen wird besonders durch die Anschauung der Bewegung vermittelt, indem das in der Bewegung selbständig und unabhängig Bleibende als ein Ding aufgefaßt wird. Nach JODL ist die Dingvorstellung das Product einer Synthese (Lehrb. d. Psychol. S. 548).
Durch eine Introjection (s. d.) der Ichheit, des eigenen Seelenseins in die Inhalte der Wahrnehmung kommt der Dingbegriff zustande nach SCHLEIER-MACHER, BENEKE.(Syst. d. Met. S. 170 ff.; Lehrb. d. Psychol. § 149), RITTER (Syst. d. Log. I, 294), ÜBERWEG (Syst. d. Log., S. 77 f.), HORWICZ, nach welchem das Ding ein »Quasi-Ich« ist (Psychol. Anal. II, 1, 145 ff.), J. WOLFF u. a., JERUSALEM (Lehrb. d. Psychol.3, § 55). So auch NIETZSCHE. Nach ihm ist das »Ding« eine Fiction, ein Grundirrtum, ein Phantasieproduct, da unsere Organe, die nicht fein genug sind, überall die Bewegung wahrzunehmen, uns etwas Beharrendes vorspiegeln (WW. III, 1, 18, S. 38 f., XI, 2, 31, XII, 1, 15). Die »Dingheit« ist eine subjective Kategorie, eine Folge des Subjectsbegriffs, eine Projection der (geglaubten) Ich-Substanz in die Wahrnehmung (WW. XI, 6, 239, XV, 275). In Wahrheit sind die Dinge nur Complexe des Geschehens die relativ dauerhaft sind (WW. XV, 277). Vgl. Object, Identität.
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro