Erlau

[51] Erlau (ungar. Eger, lat. Agria), Stadt mit geordnetem Magistrat im ungar. Komitat Heves, liegt zwischen Weingärten und Bergen im Tal des Egerflusses und ist Endstation der Zweiglinie Füzes-Abony-E. E. hat 7 Klöster und 12 Kirchen, darunter die von Erzbischof Ladislaus Pyrker, dem bekannten Dichter, 1837 mit 800,000 Gulden Kosten im griechischen Stil von Hild erbaute prachtvolle Kathedrale (100 m lang, 54 m breit, mit 40 m hoher Kuppel, Hochaltarbild von Dannhauser, Basreliefs von Casagrande und imposanter Treppe von 18 m Breite); ferner die Barmherzigenkirche, gegenüber ein Minarett aus der Türkenzeit und eine griechische Kirche. Bedeutende Gebäude sind: die erzbischöfliche Residenz, das Lyzeum, das Cistercienserkloster samt Gymnasium, das Komitatshaus, Seminargebäude, das neuerbaute Stadthaus und Theater. E. zählt (1901) 25,893 magyarische (meist römisch-kath.) Einwohner, besitzt mehrere Geldinstitute, rege Gewerbtätigkeit (eine Dampfmühle, Tabakfabrik) und berühmten Weinbau (Rotwein). E. ist Sitz eines Erzbistums mit Metropolitankapitel, des Komitats, eines Gerichtshofs und einer Finanzdirektion und hat eine Sternwarte, 3 Spitäler, 2 alaunhaltige warme Bäder, einen erzbischöflichen Park und hervorragende Lehranstalten (ein erzbischöfliches Seminar und eine erzbischöfliche Rechtsakademie, deren Bibliothek über 50,000 Bände und 400 Manuskripte in 38 Sprachen enthält, ferner ein Cistercienser-Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine Lehrerpräparandie und ein Institut der Englischen Fräulein). Den Helden vom J. 1552 wurde 1902 ein Denkmal errichtet. – Der Ort, der früh Stadtrechte erhielt, wurde 1242 von den Tataren zerstört, 1261 wieder aufgebaut und befestigt und 1552 von den Osmanen unter Anführung des Wesirs Ahmed vergebens belagert; 13 Stürme hielt der gefeierte Held Stephan Dobó hier aus, und selbst die Frauen beteiligten sich tapfer an der Verteidigung. 1596 belagerte Sultan Mohammed III. E. drei Wochen lang mit 200,000 Mann. Schon rückte Erzherzog Maximilian zum Entsatz heran, und die Türken wollten bereits die Belagerung aufgeben, als die Wallonen und Deutschen die Stadt übergaben. E. blieb nun unter der Herrschaft der Osmanen, bis es 1687 durch den kaiserlichen General Caraffa wiedererobert wurde. Nachdem es bei dem Aufstand der Ungarn unter Rákóczy in die Gewalt der Insurgenten gefallen war, ward es 2. Dez. 1710 von dem kaiserlichen General Cusani besetzt. E. verdankt seine Bedeutung dem angeblich vom heil. Stephan 1009 gegründeten Bistum, das 1804 zum Erzbistum erhoben wurde. Die Ruinen des alten Schlosses auf dem Festungsberg sind durch Erzbischof Pyrker in einen Kalvarienberg mit freundlichen Anlagen verwandelt worden, in deren Nähe sich ein Grabgewölbe[51] mit dem Grabstein des Helden Dobó und dem erwähnten Heldendenkmal befindet. An der Stelle der von König Stephan dem Heiligen erbauten Kathedrale erhebt sich auf einem Pfeilerfragment die 1835 errichtete Bildsäule dieses Königs.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 51-52.
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