[803] Fouillée (spr. fujē), Alfred, franz. Philosoph, geb. 18. Okt. 1838 in Pouëze (Maine-et-Loire), besuchte das Lyzeum zu Laval, gab dann eine Zeitlang Privatunterricht in Paris, wurde später hintereinander Lehrer und Professor an verschiedenen Collèges und Lyzeen sowie Professor an der philosophischen Fakultät zu Bordeaux. Den Doktorgrad erlangte er 1872, worauf er bald als Repetent an die Normalschule zu Paris berufen wurde; wegen seiner Gesundheit zog er sich 1879 zurück und lebt seitdem in Mentone. Außer Aufsätzen in der »Revue des Deux Mondes« und in der »Revue philosophique« und seinen Théses: »Platonis Hippias minor sive Socratica contra liberum arbitrium argumenta« und »La liberté et le déterminisme« (Par. 1872,4. Aufl. 1895), hat er unter anderm verfaßt : »La philosophie de Platon« (1869, 2 Bde.; 2. Aufl. 188889, 4 Bde.); »La philosophie de Socrate« (1874, 2 Bde.); »Histoire de la philosophie« (1875, 7. Aufl. 1894); »Critique des systèmes de morale contemporaine« (1883, 4. Aufl. 1899); »La propriété sociale et la démocratie« (1884, 2. Aufl. 1895); »L'avenir de la métaphysique fondée sur l'expérience« (1889); »La morale, l'art et la religion d'après Guyau« (1889, 4. Aufl. 1900); »L'évolutionisme des idées-forces« (1890): »La psychologie des idées-forces« (1893, 2 Bde.); »Descartes« (1893); »Le mouvement positiviste et la conception sociologique du monde« (1896); »Le mouvement idéaliste et la réaction contre la science positiviste« (1896); »Psychologie du peuple français« (1898); »Nietzsche et l'immoralisme« (1902); »Esquisse psychologique des peuples européens« (1903) u. a. Außerdem hat F. lateinische und griechische Schriftsteller herausgegeben, so die »Republik« des Cicero, die »Memorabilien« des Xenophon, Arnaulds »Logique de Port-Royal«, auch nachgelassene Werke von M. Guyau (1889 und 1895). Als Philosoph war F. zuerst Anhänger Platons,[803] stellte sich aber bald auf den Boden der Erfahrung und versuchte später den Platonischen Idealismus mit dem englischen Evolutionismus zu verbinden zu einer Lehre, die er Evolutionismus der Ideenkräfte (idées-forces) nannte. Die Tatsache des Bewußtseins, die Idee, ist das Bewußtsein der Wirklichkeit selbst, ja das Reale, der tätige Bestandteil aller psychischen wie physischen Entwickelung. Die mechanische Evolution schließt nicht das geistige Element aus, sie setzt vielmehr eine innere Evolution voraus. So wird die Natur durch das Wirken der Ideen deutlich gemacht. Vgl. Paulhan, La psychologie des idéesforces (in der »Revue philosophique«, Bd. 36); A. Pawlicki, A. Fouillées neue Theorie der Ideenkräfte (Wien 1893); Mad. Pasmanik, A. Fouillées psychischer Monismus (Bern 1899). Fouillées zweite Gattin (Mutter des Philosophen Jean Marie Guyau, s.d.) hat unter dem Pseudonym G. Bruno eine Anzahl Schul- und Kinderbücher veröffentlicht, die z. T. von der Akademie gekrönt wurden und viele Auflagen erlebten; sie galten längere Zeit als Werke ihres Gatten und sind auch in Deutschland verbreitet.