Fräsapparat

[32] Fräsapparat, Fräsvorrichtung in Verbindung mit einer Drehbank als Ersatz einer Fräsmaschine, sowohl zur Bearbeitung von Metall als Holz. Ein bewährter F. von Martignoni für Metall (s. Abbildung) besteht aus einer Aufspannvorrichtung B, die mittels des Klobens h in den Support F eingespannt wird und zum Festhalten des Arbeitsstückes A mit einer dreieckigen Spitze i und einer Druckschraube s[32] mäßig so große Geschwindigkeit, daß man sie nur mit Hilfe rasch sich drehender Spindeln hervorbringen kann. Dies hat zum Bau der Fräsmaschinen geführt, die außer der Drehung der Frässpindel noch eine Einstellung und Bewegung der Arbeitsstücke mit Sicherheit u. Genauigkeit gestatten. Die einfache Fräsmaschine besteht aus einem Spindelkasten, wie bei einer Drehbank, mit horizontaler Spindel zur Aufnahme der F. und Antriebsriemenscheiben sowie einem auf- und abwärts bewegbaren Tisch mit Schlitten zur Bewegung des Arbeitsstückes unter der F. Keine Werkzeugmaschine hat sich einerseits als Spezialmaschine für besondere Arbeiten, namentlich zur Herstellung kleinerer Gegenstände in der Fabrikation von Nähmaschinen, Gewehrteilen, Schlössern, Uhren, Werkzeugen (Reibahlen, Schraubenbohrern, Fräsen) etc., und anderseits als Universalmaschine für eine ganze Reihe verschiedener Arbeiten so bewährt wie die Fräsmaschine, weshalb sie zu den wichtigsten, unentbehrlichsten Metallbearbeitungsmaschinen gehört und in zahlreichen Anordnungen vorkommt.

Bei der Universalfräsmaschine für Metallbearbeitung (Tafel I, Fig. 1), die als Vorbild gelten kann, ruht auf dem als Werkzeugschrank ausgebildeten Kasten A das Spindelgehäuse B mit der Frässpindel a, die eine Antriebsscheibe b für vierfache Geschwindigkeit und die F. c trägt sowie durch den Gegenhalter C am Ende zur Vermeidung von Schwankungen gestützt ist. Vor dem Gestell A befindet sich, senkrecht durch die Schraube d verstellbar, die Konsole D mit dem Aufspanntisch E, der mittels Führungen und Führungsschrauben e und f nach zwei Richtungen zu bewegen ist, und zwar mit Hilfe der Schraube e selbsttätig rechtwinklig zur Fräsachse a von der Welle g aus, die von den Stufenscheiben i, k direkt von a angetrieben wird und die Bewegung durch ein bei in liegendes Schneckenräderwerk auf e oder f überträgt. Hierbei bewirken Knaggen n n die rechtzeitige Auslösung. Zum Einspannen stangenförmiger Arbeitsstücke, auf deren Oberfläche Längsnuten eingefräst werden sollen, z. B. Reibahlen, Bohrer, Schraubenbohrer etc., erhält der Tisch E zwei Aufspannköpfe F und G mit Spitzen o, p, die in Grübchen der Arbeitsstücke eintreten. Außerdem läßt sich die Spitze o so stellen, daß man auch kegelförmige Stücke bearbeiten kann. Der Dorn, der die Spitze o trägt, ist von einer Teilscheibe s aus um einen bestimmten Winkel zu drehen, um die Nuten oder Zahnlücken in gleichmäßiger Verteilung einzufräsen. Zum Einfräsen von Spiralnuten erhält das Arbeitsstück mit der Spitze o während der Bearbeitung eine entsprechende Achsendrehung von der Schraube e aus. Da außerdem der Tisch E noch um eine vertikale Achse drehbar ist, so lassen sich auf dieser Maschine die mannigfaltigsten Fräsarbeiten: Fräsen von Stirn- und Kegelzahnrädern, von Nuten in Werkzeugen aller Art, von Fräsen aller Art, von ebenen und profilierten Flächen etc., ausführen.

Eine besondere Gruppe von Fräsmaschinen bilden die Rundfräsmaschinen, welche die Arbeit des Abdrehens ersetzen, und deren Wesen darin besteht, daß Arbeitsstück und Werkzeug sich gleichzeitig nebeneinander in entgegengesetzter Richtung drehen. Sie dienen besonders zur Herstellung von Radnaben, Rädern, runden Scheiben u. dgl. Eine Rundfräsmaschine zum Abfräsen kurzer Stücke (Fahrradnaben etc.) von L. Löwe u. Komp. in Berlin ist in Tafel I, Fig. 3, dargestellt. Die mit der F. a versehene Spindel d kann durch Schrauben s s beliebig hoch eingestellt werden. Das Arbeitsstück c ist zwischen Docken gespannt, die durch einen Schlitten i eingestellt werden. Es erhält seine Drehung durch Schnecke und Schneckenrad e, so daß sich a und c entgegengesetzt drehen. Eine Rundfräsmaschine zum Abfräsen plattenförmiger Körper (Räder, Scheiben etc.) zeigt Tafel II, Fig. 2. Die Arbeitsstücke werden bei a auf einen Dorn gespannt, der von einem auf dem winkelförmigen Bett B befindlichen Aufspannkopf aufgenommen und durch ein im Innern sitzendes Schneckengetriebe von den Stufenscheiben T aus gegen die F. in Umdrehung versetzt wird. Die F. sitzt auf der Hauptwelle A, die nach Art der Drehbank von Riemenscheiben S aus Drehung erhält und damit die vorbei bewegten Radkränze vollkommen rund herstellt. Da der Radträger C wie ein Kreuzsupport horizontal nach zwei Richtungen vermittelst Handräder und Schrauben zu verschieben ist, so gestattet die Maschine das Abfräsen von Rädern verschiedenster Größe. Nach Fertigstellung wird durch einen Anschlag die Bewegung beider Teile selbsttätig ausgerückt und dies durch eine Glocke g angezeigt.

Eine weitgehende Ausbildung haben die Spezialfräsmaschinen für die Zwecke des Fahrradbaues (s.d.) erfahren, bei dem die zahlreichen Einzelteile mit Hilfe derselben mit sehr großer Genauigkeit und vollkommener Gleichheit hergestellt werden. Die Fräsmaschine, Tafel I, Fig. 2, erzeugt z. B. in den Fahrradnaben die Kugellager auf beiden Seiten gleichzeitig und genau zentrisch. Zu dem Zwecke werden die Arbeitsstücke von einer Einspannvorrichtung a aufgenommen, die durch Stufenscheiben A mittels Zahnräder Drehung erhält, während die zwei in den Schiebern B, C sitzenden Werkzeuge mit Hilfe eines Handkreuzes gleichzeitig zum Arbeiten Vorschub bekommen und mittels einer Ölpumpe und zweier Schläuche u, u Öl durch die Werkzeuge hindurchgedrückt wird. Verstellbare Anschläge sichern die genaue Tiefe der Senkung.

Eine sehr leistungsfähige Fräsmaschine zum Fräsen der Radzähne (Tafel II, Fig. 1) besteht aus einem Schlitten zur Aufnahme der Fräsvorrichtung bei a auf der Oberfläche des Hohlgußgestelles G und einem Aufbau C D zum Tragen eines Dornes, der die zu fräsenden Räder trägt. Der Fräseschlitten hat selbsttätigen Vor- und Rückgang längs der Gestellwangen durch ein im Gestell liegendes Wendegetriebe, wobei der Rückgang 28mal schneller erfolgt als der Arbeitsgang. Der Aufspanndorn befindet sich in einer Büchse c des Schlittens E und in einem Lagerschlitten d und kann demnach in der Höhelage beliebig eingestellt werden. Derselbe nimmt für eine Arbeit mehrere Räder, z. B. 10–15, auf, die zwischen Platten festgehalten und gleichzeitig ausgefräst werden. Die Vorrückung der aufgespannten Räder um die Zahnteilung erfolgt durch das Schneckenrad e, das auf der Büchse c sitzt und von einer Schnecke Antrieb erhält, die sich in dem Augenblick vorübergehend von einem besondern Getriebe aus in Bewegung setzt, wo die F. den Bereich des Arbeitsstückes verlassen hat. S sind die Riemenscheiben.

Verhältnismäßig sehr einfach sind die Holzfräsmaschinen, die gewöhnlich nur aus einer vertikalen Welle bestehen, die unter einem Tische so gelagert ist, daß nur das obere Ende, der Kopf, zur Aufnahme der F. über den Tisch herausragt. Auf dem Teil unter dem Tisch ist dann eine lange Riemenrolle mit einem offenen und einem gekreuzten Riemen angebracht, um je nach dem Faserlauf die doppelschneidigen Fräsen links oder rechts herumkreisen zu lassen, während das Holzstück mit der Hand vorbeigeschoben wird. Diese Maschinen dienen hauptsächlich zur Anversehen[33] ist, die, mit dem Stück d längs B verschiebbar, der Länge des Arbeitsstückes entsprechend eingestellt werden kann. Durch die Verschiebung des Supports F auf den Drehbankwagen W, W sowie des Schlittens T durch die Kurbel h erhält das Arbeitsstück A die richtige Lage zu dem Werkzeug w, das in der durch die Schnurrolle t bewegten Drehbankspindel S feststeckt, und durch die Verschiebung desselben Schlittens T mittels der Kurbel eine Längsbewegung zum Einfräsen von Längsnuten an Schraubenbohrern, gekerbten Reibahlen u. dgl. oder ebener Flächen (an gewöhnlichen Reibahlen und sonstigen Prismen, Zylindern etc.).

Fräsapparat von Martignoni.
Fräsapparat von Martignoni.

Eine gleichzeitige Drehung von A durch die Spitze i vermittelst der Kegelräder 3,1 und 2 von dem Zahnrädchen y, aus, das in die feste Zahnstange z eingreift und sich daher während der Längsbewegung von A langsam dreht, erhalten die Nuten in A infolge dieser Drehung die Spirallage. Das Steigungsverhältnis der Spiralen ist durch Auswechselung von y, beliebig zu wählen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 32-34.
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