Galläpfel

[277] Galläpfel, die von der Gallwespe (Cynips gallae tinctoriae) auf Quercus infectoria (Q. lusitanica orientalis infectoria) in Vorderasien, in Mitteleuropa auch auf Q. pubescens und Q. sessiliflora erzeugten Gallen (s.d.). Die kleinasiatischen G. (Aleppogallen) sind kugelig, von 1,5–2,5 cm Durchmesser, kurzgestielt, auf der obern Hälfte höckerig und faltig, blaßgelb, bräunlich oder schwärzlichgrün, mit etwa 3 mm weitem Flugloch, innen heller, mit 5–7 mm weiter Höhlung. Sie sind spröde, auf dem Bruch wachsartig glänzend, locker-körnig oder wie strahlig-kristallinisch, auch ganz zerklüftet, die dunklern sind schwerer, die hellern leichter als Wasser. Sie sind geruchlos und schmecken intensiv zusammenziehend. Die besten G. werden nördlich von Aleppo gesammelt und kommen über Alexandrette nach Europa, die aus dem östlichen Gebiet gehen über Mossul nach Bombay (indische oder Bombaygallen). Kleinasiatische G. führt Smyrna aus (die kleinsten als Soriangalläpfel über Triest, die besten als Jerli), sie erreichen 5 cm Durchmesser und enthalten 12 Proz. Wasser, 19,2 Proz. holzstoffartige Substanzen, 58,5 Proz. Tannin, 10,2 Proz. andre Substanzen (Ellagsäure, Chlorophyll, Gummi, Stärke, flüchtiges Öl etc.), etwa 1,5 Proz. Asche. Bassorahgallen (Sodomsäpfel), auf Q. tauricola (oder auf Q. tinctoria) durch Cynips insana erzeugt, sind kugelförmig, von etwa 4 cm Durchmesser, werden an den Küsten des Marmarameeres, der Dardanellen, nördlich von Smyrna, auch in Persien gesammelt und kommen grob gepulvert (Rove) in den Handel. Sie enthalten etwa 27 Proz. Gerbstoff. Istrianer G. von Q. Ilex, in Istrien und in der Gegend von Görz gesammelt, enthalten etwa 41 Proz. Gerbstoff. Die kleinen ungarischen G. von Q. sessiliflora und pedunculata haben selten mehr als 1 cm Durchmesser und sind oft viel kleiner. Mitteleuropäische G., auf Q. sessiliflora, pubescens, cerris etc. durch Cynips Kollari erzeugt, erreichen 2,5 cm Durchmesser, besitzen schwammiges Gefüge und enthalten 7–17 Proz. Gerbsäure. Die großen ungarischen G. (weiße Gallen, Landgallus), bis 3 cm Durchmesser, werden von Cynips hungarica auf Q. pedunculata erzeugt. Kleinasiatische und griechische G. wurden schon zur Zeit des Hippokrates und Theophrast technisch und medizinisch verwendet. Mit Galläpfeln getränktes Papier benutzte man nach Plinius zur Prüfung des Kupfervitriols auf Eisenvitriol. Auch später blieben G. in medizinischem Gebrauch, und nach den Kreuzzügen bildeten kleinasiatische G. einen regelmäßigen Ausfuhrartikel jener Länder. Die chinesischen G. werden durch den Stich einer Blattlaus, Aphis chinensis Bell., an Blättern und Blattstielen wahrscheinlich von Rhus semialata Murray erzeugt und gleichen meist in die Länge gezogenen, zugespitzten, höckerigen, häufig verschieden gekrümmten und eingedrückten, 10 cm langen und 4 cm breiten Blasen. Ihre Wand ist hornartig, brüchig, etwa 2 mm dick, die Oberfläche grau, sein samtartig behaart, innen braun, schellackartig. Im Wasser erweichen sie zu einer weißlichen, dicken, biegsamen und leicht schneidbaren Masse. Sie enthalten 59–77 Proz. Gerbsäure, 8 Proz. Stärkemehl und fast 1 Proz. Fett. Man benutzt die G. zum Schwarz-, Braun-, Graufärben von Wolle, Leder etc., zur Bereitung von Tinte, Tannin, Gallussäure und Pyrogallussäure. Japanische G. sind den chinesischen durchaus ähnlich, meist aber etwas kleiner und nach dem Ausweichen in kaltem Wasser heller. Chinesische G. wurden früh von Reisenden erwähnt und gelangten seit Mitte der 1840er Jahre, die japanischen etwa seit 1860 nach Europa. Galläpfeltinktur, ein mit schwachem Spiritus bereiteter Auszug von Galläpfeln, dient als äußerliches zusammenziehendes Mittel und als Reagens.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 277.
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