Inversion

[903] Inversion (Invertierung, lat., »Umkehrung«), in der Grammatik und Rhetorik im allgemeinen jede Veränderung der regelmäßigen Stellung der Wörter und Sätze, insbes. eine solche, die durch einen stilistischen Zweck bedingt ist und eine stärkere Betonung des invertierten Wortes zum Zweck hat (z. B. »D ich frage ich nicht«, statt: »Ich frage dich nicht«). Unschön ist die I. nach »und«, wie: »Der König kam an, und fand die Parade sogleich statt« (statt: und die Parade fand ...); doch sie kommt schon seit Jahrhunderten vor und läßt sich vom sprachgeschichtlichen Standpunkt aus nicht unbedingt verwerfen. – In der Musik bedeutet I. eines Themas soviel wie dessen Umkehrung (s. d.). – In der Taktik bezeichnet man mit I. eine Ausstellung der Truppe in verkehrter Nummernfolge, so daß z. B. der erste Zug einer Eskadron auf dem linken Flügel steht. Die Entwickelung zum Gefecht muß aus der I. ebenso schnell erfolgen wie aus der Normalordnung (s. d.). – In der Chemie heißt I. die durch verdünnte Säuren oder ein in lebender Hefe enthaltenes Ferment (Invertin) bewirkte Umdrehung der rechtsseitigen Polarisation einer Rohrzuckerlösung in linksseitige Polarisation; sie wird dadurch hervorgerufen, daß der Rohrzucker unter Aufnahme der Elemente von 1 Molekül Wasser in 1 Molekül rechts drehenden Traubenzucker und 1 Molekül Fruchtzucker zerfällt, welch letzterer so stark nach links dreht, daß die Rechtsdrehung des Traubenzuckers nicht zur Geltung kommt. Das Gemisch von Trauben- und Fruchtzucker heißt Invertzucker.-I., die bei einigen Säugetieren beobachtete Umkehrung der Keimblätter sowie auch die Umkehrung der Zellenschichten im Auge verschiedener Tiere (Spinnen, Wirbeltiere). – In der Medizin soviel wie Umstülpung eines Organs, z. B. der Augenlider, der Gebärmutter, des Mastdarms.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 903.
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