Lagos [1]

[52] Lagos, engl. Kolonie in Westafrika, am Golf von Guinea (s. Karte »Oberguinea und Westsudân« in Bd. 8), ein Teil der großen Besitzungen am Niger und Binuë; von den Portugiesen entdeckt und nach dem kleinen portugiesischen Küstenstädtchen benannt, war es Mittelpunkt des Sklavenhandels, bis es nach 1850 die Engländer wegen des bedeutenden Ölhandels besetzten. Seit 1886 selbständige Kolonie, wurde das Gebiet durch mehrere Verträge umgrenzt; nach dem letzten (1898, mit Frankreich) durchschneidet die Grenze die Landschaft Borgu und kreuzt den Niger bei Ilo, ihm schließt sich bis zum Tsadsee Nigeria (s. d.) an; die Engländer haben damit die bessern Teile des Sudân erhalten. L. zerfällt (1901) in die eigentliche Kolonie (Insel L. und die Küste zwischen Dahomé und Südnigeria, 225 km lang) und das Protektorat (nördlich bis über Yoruba); 1899 und 1901 sind die Grenzen festgesetzt. Die Kolonie umfaßt 8860 qkm, mit Einschluß des Protektorats 69,000 qkm, nebst den kleinen Inseln L. und Iddo, und hat 1,500,000 Einw. (308 Europäer), nach andern Berechnungen nur 1,389,000 Einw. Klima, Tier- und Pflanzenwelt sind die des übrigen Guinea. Der Boden liefert Mais, Yamwurzeln, Maniok, Erdnüsse und Früchte; dazu kommen Palmöl, Palmkerne, Kopal, Elfenbein, Kautschuk, Baumwolle, Kakao, Kaffee. Die Eingebornen (Yorubaleute) verfertigen unter anderm Bambusmöbel, Matten und irdenes Geschirr, das mit den Erzeugnissen aus den Nigerdistrikten in L. in Handel kommt. Der Handel zur See liegt in englischen und deutschen Händen; mehrere Dampferlinien, auch die Woermannlinie, laufen regelmäßig die Hauptstadt L. an. Diese, auf der der Lagune von Kradu vorgelagerten Insel Kuramo gelegen, ist weit und breit der beste Hafen (reichste Handelsstadt von Oberguinea), mit (1901) 41,847 Einw. (223 Europäer), davon waren etwa 10,000 Christen, 22,000 Mohammedaner und 9000 Heiden. Man ist bemüht, ihn durch einen Kanal mit dem Meere zu verbinden. L. ist Sitz des Gouverneurs, dem ein exekutiver und legislativer Rat zur Seite steht, und eines deutschen Konsuls; es besitzt Telegraphenlinien nach Jebba und Wushishi am Niger, ein Kabel nach England, Telephon und Eisenbahn nach Ibadan (mit Abzweigung nach Abeokuta, zusammen 200 km). Geplant ist eine Linie nach dem Niger und Nordnigeria. – In der Kolonie bestanden 1902: 34 Schulen, die meist Missionsanstalten (Anglikanern, Wesleyanern und Katholiken) gehörten. Mohammedanische und heidnische Schulen hatten 192 Schüler. Die Militärmacht besteht aus 520 Mann mit 17 europäischen und 3 einheimischen Offizieren; daneben eine Polizeitruppe aus Yoruba leuten. In der Kolonie besteht als einziges Bankinstitut: die Bank of British West Africa. L. ist eine Kolonie, die sich sehr hebt; es hatte an Ausgaben 1902: 235,495 Pfd. Sterl. (1898: 182,669), an Einnahmen 1902: 275,022 Pfd. Sterl. (1898: 177,421). Die Einfuhr betrug 1902: 930,745 Pfd. Sterl. (1898: 908,351), die Ausfuhr 1902: 1,259,683 Pfd. Sterl. (1898: 882,329). Unter den Ausfuhrartikeln stehen Palmkerne mit 510,918 Pfd. Sterl. obenan, dann folgen Palmöl: 207,468 Pfd. Sterl. und Kautschuk: 14,749 Pfd. Sterl. (das letztere 1894 erst für 300 Pfd. Sterl.). Der Tonnengehalt der verkehrenden Schiffe betrug 1901: 975,446, davon entfielen auf England 771,548. An Briefen wurden befördert 1902: 208,684, an Paketen 8680 Stück. Die ausstehende Schuld der Kolonie betrug 1901: 1,066,124 Pfd. Sterl. Vgl. Map of Eastern Lagos 1: 506,880 (Lond. 1898). – Im J. 1904 vereinigte nach dem Abgange des letzten Gouverneurs von L., Sir William Mac Gregor, der britische Oberkommissar für Südnigerien, Walter Egerton, beide Ämter in seiner Person, bis die Verordnung für die dauernde Verschmelzung beider Kolonien erlassen sein wird (Nordnigerien bleibt vorläufig noch getrennt davon).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 52.
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