Lippert

[595] Lippert, 1) Philipp Daniel, Zeichner und Bildformer, geb. 2. Sept. 1702 in Meißen, gest. 28. März 1785 in Dresden, war erst Beutler, dann Glaser und später Zeichenmeister bei der Porzellanmanufaktur in Meißen, von wo er in gleicher Eigenschaft nach Dresden kam. Hier wurde er später Aufseher der Antiken bei der Akademie der Künste. Die Bekanntschaft mit den Mischungen der Meißener Porzellanmasse hatte ihn veranlaßt, sich im Nachahmen alter Pasten zu versuchen, und er erfand hierzu eine eigne weiße Masse, der er neben unzerstörbarer Dauer einen vorzüglichen [595] Glanz zu geben wußte. Eine Sammlung seiner (3149) Abdrücke veranstaltete er in der »Dactyliotheca« (Bd. 1 u. 2, mit dem latein. Katalog von Christ, Leipz. 1755–56; Bd. 3 mit Register von Heyne; deutsch, Bd. 1 u. 2 von Thierbach 1767 und das Supplement 1768).

2) Julius, Kulturhistoriker, geb. 12. April 1839 zu Braunau in Böhmen, trat zu Prag in den Benediktinerorden, studierte dann Geschichte und germanische Philologie in Prag und wurde 1863 Gymnasiallehrer in Leitmeritz, wo er die »Geschichte der Stadt Leitmeritz« (Prag 1870) schrieb, und 1868 Direktor der Kommunalrealschule in Budweis. Durch den von ihm mitbegründeten Deutschen Verein zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in Prag gab L. eine Reihe von Volkslehrbüchern (»Die Pflanzen der Heimat«, »Das Leben der Vorfahren«, »Deutsche Festbräuche« u.a.) heraus. 1870 in den böhmischen Landtag gewählt, verlor er 1874 sein Amt, war eine Zeitlang Wanderlehrer und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung (Berlin), wurde 1888 vom nördlichsten Bezirk Böhmens in den österreichischen Reichsrat und auch wieder in den böhmischen Landtag gewählt und lebt gegenwärtig zu Smichow bei Prag. Er ist Mitglied der als Exekutivkomitee ständig organisierten Parteileitung der Deutschen in Böhmen. Seine religions- und kulturgeschichtlichen Hauptwerke sind: »Der Seelenkult in seinen Beziehungen zur althebräischen Religion« (Berl. 1880); »Die Religionen der europäischen Kulturvölker etc. in ihrem geschichtlichen Ursprung« (das. 1881); »Christentum, Volksglaube und Volksbrauch« (das. 1882); »Allgemeine Geschichte des Priestertums« (das. 1883, 2 Bde.); »Geschichte der Familie« (Stuttg. 1885); »Kulturgeschichte der Menschheit in ihrem organischen Aufbau« (das. 1886–87, 2 Bde.); »Die Kulturgeschichte in einzelnen Hauptstücken« (Prag 1886, 3 Tle.); »Deutsche Sittengeschichte« (das. 1889, 3 Tle.); »Sozialgeschichte Böhmens in vorhussitischer Zeit« (das. 1895–98, 2 Bde.).

3) Woldemar, deutscher Geschichtsforscher, geb. 17. Okt. 1861 in Dresden, studierte in Leipzig und wurde 1886 Mitarbeiter an der Abteilung Concilia der »Monumenta Germaniae historica« in Wien, wo er auch unter Th. v. Sickel an den Übungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung teilnahm. 1887 trat er in den sächsischen Schuldienst, widmete sich 1891 dem Archivdienst und wurde 1893 Staatsarchivar am königlichen Hauptstaatsarchiv in Dresden, 1898 Archivrat. L. schrieb außer zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen: »König Rudolf von Frankreich« (Leipz. 1886); »Wettiner und Wittelsbacher sowie die Niederlausitz im 14. Jahrhundert« (Dresd. 1894); »Die deutschen Lehnbücher« (Leipz. 1903) und gab zusammen mit Beschorner »Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen von Meißen und Thüringen 1349–1350« (das. 1903) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 595-596.
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