[732] Lotse (Lotsmann, franz. Pilote, engl. Pilot), Seemann, der die Führung fremder Schiffe auf schwierigem, ihm genau bekannten Fahrwasser übernimmt. Seelotsen lotsen Schiffe zwischen der See und den Außenhäfen oder zwischen der See und den Eingängen der Binnengewässer; Binnenlotsen (Strom-, Haff-, Revierlotsen) führen die Schiffe auf Binnengewässern; Hafenlotsen besorgen das Verholen der Schiffe in den Häfen sowie in die Trockendocks und durch die Flutschleusen. Der L. hat seinen Platz auf der Kommandobrücke. Lotsenboote (Lotsenkutter) sind in der Bauart Rettungsbooten ähnlich. Lotsendampfer zum Absetzen der Lotsen werden vor wichtigen Seehäfen gebraucht. Lotsenschoner kreuzen oft weit seewärts vor ihren Häfen, um ankommende Schiffe zeitig mit Lotsen zu versorgen. Die Tätigkeit des Lotsen, Schiffe ein- und auszubringen, wird Lotsen und die Strecke, auf der ein L. nach Ortspolizeivorschrift genommen werden muß, wo also Lotsenzwang besteht, heißt Lotsenfahrwasser. Die Lotsen betreiben ihr Geschäft entweder als Gewerbe, oder sie sind Angestellte der Gemeinden oder des Staates, der Lotsenstationen unterhält, die durch Lotsenkommandeure und Oberlotsen verwaltet werden. Die Bremer Lotsen, deren Reglement von 1710 datiert, sind die ältesten Weserlotsen. In Hamburg führen die vor der Elbmündung kreuzenden Seelotsen (Kreuzerlotsen) die Schiffe bis Kuxhaven. Dort übernimmt der Binnenlotse oder Revierlotse (Admiralitäts-, Galeotslotse) die Führung bis zu der Hamburger Lotsenstation Bösch (daher auch Böschlotse genannt). Kontorlotsen sind bei großen Dampfergesellschaften fest angestellte Lotsen. Die deutsche Gewerbeordnung (§ 31, 34) verlangt zum Betrieb des Lotsengewerbes den Befähigungsnachweis und überläßt es der Landesgesetzgebung, ob sie eine besondere Genehmigung für den Betrieb des Lotsengewerbes als erforderlich bezeichnen will. Regelmäßig bestehen feste Tarife für das zu zahlende Lotsengeld. Im Interesse der Verkehrssicherheit ist vielfach der Lotsenzwang eingeführt, d.h. die Verpflichtung zur Annahme eines Lotsen für Schiffe in bestimmten Küstengewässern. Für den größten Teil der deutschen Küste besteht Lotsenzwang. Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 622) ist das Lotsengeld, wenn keine Verabredung darüber getroffen wurde, vom Verfrachter zu tragen. Auch besteht die Bestimmung (Art. 740), daß der Reeder, wenn sich das Schiff unter Führung eines Zwangslotsen befunden hat, bei dem Zusammenstoß des Schiffes mit einem andern für den Schaden nicht aufzukommen braucht, wofern die zur Schiffsbesatzung gehörigen Personen ihre Pflichten erfüllt haben und der Zusammenstoß durch den Zwangslotsen verursacht worden ist. Die Lotsen sind verpflichtet, auch bei stürmischer See an Bord der Schiffe zu gehen, die sie durch das sogen. Lotsensignal, die Lotsenflagge, rufen. Nach der deutschen Not- und Lotsensignalordnung vom 14. Aug. 1876 (Reichsgesetzblatt, S. 187) gelten als Lotsensignale die am Vormast geheißte, mit einem weißen Streifen umgebene Reichsflagge (Lotsenflagge, s. Tafel »Deutsche Flaggen«, Fig. 19, zum Artikel »Deutschland«, S. 799) oder das Signal P. T. des internationalen Signalbuches (s. Tafel »Flaggen II«, Bd. 6), bei Nacht Blaufeuer oder ein in kurzen Zwischenräumen gezeigtes weißes Licht. Vgl. Purlitz, Das deutsche Lotsenwesen (Bremerhaven 1903).